Die Klimapolitik gerät in Verzug

Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen: Die Klimakrise trifft Europa besonders stark, wie der neue Bericht des Klimadiensts Copernicus zeigt. Doch die EU hinkt der Entwicklung hinterher.

Die EU gerät beim Klimaschutz immer mehr in Verzug. Erst haben die Europäer die Deadline für ein Klimaziel 2035 gerissen – es wäre im Februar fällig gewesen und steht immer noch aus. Dann wurde das ebenfalls überfällige Ziel für 2040 auf die lange Bank geschoben. EU-Klimakommissar Hoekstra will es erst im Sommer vorlegen. 

Nun lässt auch noch der versprochene Plan zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise auf sich warten: Damit sei erst 2026 zu rechnen, teilte die EU-Kommission mit. Eine Begründung lieferte Brüssel nicht, doch ein böser Verdacht steht im Raum: Die EU nimmt es mit dem Klimaschutz nicht mehr so ernst. 

“Europa ist der am stärksten vom Klimawandel betroffene Kontinent und trotzdem sinkt der Ehrgeiz beim Klimaschutz“, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Das gelte nicht nur für die EU, sondern auch für die neue deutsche Bundesregierung, fürchtet Bloss: „Das ist politisches Versagen mit Ansage.“

Besorgt zeigt sich auch der WWF. „Während die Klimakrise weiter voranschreitet und Europa der Kontinent ist, der sich am schnellsten erwärmt, scheint die Uhr bei manchen Entscheider:innen in Europa und Deutschland rückwärts zu laufen“, sagt WWF-Expertin Fentje Jacobsen. „Nicht zu handeln ist in jedem Fall teurer als zu handeln.“

Doch der politische Wille fehlt. Nicht nur in der EU-Kommission haben sich die Prioritäten verschoben: Statt des 2019 beschlossenen „Green Deal“ für den Klimaschutz stehen jetzt Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau obenan, was auch zur Verwässerung von klimarelevanten EU-Gesetzen wie der Lieferkettenrichtlinie geführt hat.

Auch im Europaparlament hat der Ehrgeiz nachgelassen. Vor sechs Jahren hat es noch den „Klimanotstand“ ausgerufen. Nun steht die größte Fraktion, die konservative EVP, auf der Bremse. Man müsse den Mitgliedstaaten und der Industrie „deutlich mehr Flexibilität“ geben, fordert Peter Liese (CDU), der umweltpolitische Sprecher der EVP.

Weiterlesen auf taz.de. Siehe auch “EU nicht mehr nachhaltig” und Klimakrise: “1,5 Grad-Ziel nicht mehr zu halten”