Minsk ist tot – hoch leben die Sanktionen?
Russland könne solange nicht in die G-7 zurückkehren, wie es keine Fortschritte in der Ukraine und beim sog. Minsk-Prozess gebe. Deshalb müssten auch die EU-Sanktionen verlängert werden, sagte Kanzlerin Merkel. Dabei “vergißt” sie ein paar Fakten.
-
Die EU-Sanktionen gegen Russland sind älter als Minsk. Sie wurden schon vor der Friedenskonferenz in der weißrussischen Hauptstadt (“Minsk II”) verhängt – und trotz eines Waffenstillstands durchgezogen. Es gibt also keinen logischen Zusammenhang. Selbst bei einer Umsetzung von “Minsk II” könnten die EU-Sanktionen weiter bestehen.
-
Nicht nur Russland, sondern auch die Ukraine verstößt gegen Minsk. Das sagt sogar das Auswärtige Amt: “Beide Seiten müssen sich bewegen!” Sanktionen gab es aber nur gegen Russland. Indem Merkel immer wieder auf russische Verstöße hinweist, verhindert sie nicht nur das Ende der EU-Sanktionen, sondern nimmt auch Druck von der Ukraine.
-
Die Ukraine hat sich von Minsk losgesagt. Mit dem im Januar verabschiedeten Donbass-Gesetz wird nicht nur Russland als Besatzer gebrandmarkt (was Verhandlungen praktisch ausschließt). Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, das Bekenntnis zu den Minsker Friedensvereinbarungen zu streichen. Seitdem ist der Prozess praktisch zum Erliegen gekommen.
Minsk ist also überholt. Deutschland und Frankreich, die den Prozeß angeschoben haben, sind gescheitert – genau wie die EU-Sanktionen gegen Russland. Höchste Zeit, nach Alternativen zu suchen!
Doch Merkel erweckt einen ganz anderen Eindruck – dass es einzig und allein an Russland hänge, ob die EU-Sanktionen aufgehoben und der Ausschluss aus der G-8 beendet werden könne.
In Wahrheit ist dies eine politische Entscheidung. Und sie wird noch politischer werden – denn US-Präsident Trump plant nun einen Zweiergipfel mit Zar Putin – womöglich in Wien, also mitten in der EU…
P.S. Ein Außenminister-Treffen zum Minks-Prozess im sog. Normandie-Format in Berlin ist ergebnislos zu Ende gegangen. Mittlerweile gilt schon als Erfolg, dass man sich überhaupt mal wieder trifft…
Cejda Wolfgang
12. Juni 2018 @ 14:28
Interessant, wird hier nur immer Herr Nemschak genannt, der was schreibt?
Als Österreicher bin ich frustriert über BK Merkel. Wenn es nur um Deutschland ginge okay, aber durch ihr Verhalten beeinflusst sie die EU Größen, die wohl anscheinend nicht viel Mumm in den Knochen haben und somit leiden wir alle in diesem Verein gnadenlos mit. Es wird Zeit, dass die Österr. EU Regentschaft mit 1. Juli kommt, ob sie allerdings Einschneidendes ändern wird.. man wird sehen. Basti Kurz ist jedenfalls kein Feigling und wird zusehends in Europa und weltweit als kluger konservativer Bundeskanzler gesehen. Ist er auch für andere Jobs in der EU Chefetage geeignet …? Oder überhaupt statt diesem Jesuiten Fuchs-schlag die Gans JUNCKER, der schon bessere Tage gesehen hat.
Peter Nemschak
11. Juni 2018 @ 15:14
Was bekommen wir für die Lockerung der Sanktionen von Russland als Gegenleistung?
ebo
11. Juni 2018 @ 16:18
Vielleicht Schützenhilfe gegen Trump? Oder ziehen Sie es vor, dass Trump und Putin gemeinsame Sache machen?
Peter Nemschak
11. Juni 2018 @ 16:38
Wenn man die beiden Seelenverkäufer gewähren ließe, würden sie sich die EU stückweise einverleiben. So weit wird es nicht kommen. Ich rechne nicht mit einem großen Handelskrieg. Berücksichtigt man die Dienstleistungsbilanz, ist die Leistungsbilanz zwischen der EU und den USA relativ ausgeglichen. Am Ende des Tages wird Europa mehr für seine Verteidigung ausgeben müssen. Dagegen lässt sich schwer argumentieren. Diese Forderung ist nicht neu und wird auch vom gemäßigten republikanischen Establishment (J.Kasich), vermutlich auch von den Demokraten, vertreten.
Solveig Weise
12. Juni 2018 @ 13:37
Trump, Putin, Erdogan….alles sog. “erlaubte Feinde” der deutschen “Merkelbegleitmedien”. Die Berichterstattung wird emotional maximal aufgeladen. Ein erfreulich differenzierter Bericht dazu hier.
In der Tat ist der Versuch Frankreichs und Deutschlands mit dem Minsker Abkommen entscheidende Impulse zu setzen grandios gescheitert.
Mehr noch, es ist sogar symptomatisch für die deutsche Außenpolitik, die durch minimalen Erfolg bei “maximal großer Oper” gekennzeichnet ist. Anders formuliert……man nimmt diese Spieler einfach nicht ernst. Trump, Putin und die Chinesen ziehen ihre geopolitischen Interessen durch während man mitleidig bis amüsiert auf die “Friedensmacht” Europa herabschaut.