Die Flüchtlingskrise schwelt weiter – nicht nur in Kroatien

Der Vorwurf ist nicht neu: Kroatien soll Flüchtlinge über die Grenze abschieben – dabei ist das so genannte „Pushback“ eigentlich verboten. Nun gibt es neue Belege – und neue Aufregung. Doch die Flüchtlingskrise schwelt auch anderswo weiter.

Die ARD berichtet, man habe die kroatische Polizei „in flagranti“ erwischt, die Abschiebung sei gefilmt worden. Die „Tagesschau“ liefert auch noch einigen Hintergrund. So habe eine Nichtregierungsorganisation seit 2017 fast 500 Berichte über rechtswidrige Pushbacks ins Netz gestellt. Zitat:

„Die systematischste Gewalt geht von der kroatischen und der ungarischen Polizei aus. Da können wir wirklich die Gewaltpraktiken vergleichen. Es ist, als hätte jemand einen Zettel geschrieben auf dem steht, was die Polizisten machen sollen, wenn die Flüchtenden aufgegriffen werden“

Chandra Esser arbeitet von „Broder Violence Monitoring“ – Quelle: Tagesschau

Die Regierung in Kroatien bestreitet die Vorwürfe, die EU in Brüssel schweigt. Schließlich hat die EU-Kommission die Flüchtlingskrise ja schon vor ein paar Wochen offiziell für beendet erklärt. Und wenn es an der Grenze etwas ruppig zugehe, dann diene das wohl dem Schutz der Schengen-Außengrenze.

Dabei schwelt die Flüchtlingskrise auch im Schengen-Gebiet weiter – sogar in Brüssel, nicht weit des Europaviertels, in dem auch die EU-Kommission sitzt. Der Nordbahnhof hat sich zu einem „Hot Spot“ für Flüchtlinge vor allem aus Afrika entwickelt, der nahegelegene Parc Maximilien gilt als „No go“-Zone.

Die Stadt wird der Lage nicht Herr, trotz vieler engagierter Bürger, die die Flüchtlinge zum Teil sogar beherbergen. Mittlerweile git es angeblich auch ein sanitäres Problem. Jedenfalls weigern sich die Busfahrer einer flämischen Gesellschaft, am Nordbahnhof Halt zu machen. Sie fürchten die Krätze oder Schlimmeres.

Nicht viel besser sieht es in Paris auch. An der Périphérique, also der Ringautobahn rund um das Stadtzentrum, sind diverse wilde Flüchtlingslager entstanden. Ende April lancierte Bürgermeisterin Anne Hildago einen Hilfsappell an den Staat – ohne großen Erfolg. Das Thema wird totgeschwiegen.

Dabei geht es hier nicht nur um punktuelle oder regionale Probleme. Es geht auch um rund 1,5 Millionen Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, und die nun zwischen Deutschland, Frankreich oder Belgien hin- und her irren, wie „Le Monde“ berichtet.

Die Regierungen wiesen sich gegenseitig die Verantwortung zu, so die französische Zeitung. Doch auch davon hört man fast nichts. Es ist Europawahlkampf – eine neue Flüchtlingsdebatte kann da nur stören. Denn sie könnte – mangels praktikabler Lösungen – Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner sein…

Siehe auch „Die Flüchtlingskrise geht doch weiter“