“Die EU hat vieles richtig gemacht”
Laut “Eurobarometer” ist die EU so populär wie nie. Wie kann das sein, angesichts der vielen Krisen? Mein ehemaliger Brüsseler Kollege M. Krupa von der “Zeit” hat eine Erklärung: Die Union habe einfach vieles richtig gemacht.
In einem lesenswerten Beitrag (“Ein Sternchen für Europa”) nennt er folgende Beispiele:
- Der “ziemlich coole” Umgang mit dem Handelskrieger Trump;
- das “entschiedene Auftreten” in den Verhandlungen mit London;
- der Umgang mit Polen, das in einer entscheidenden Frage klein beigegeben und die umstrittene Zwangspensionierung unbequemer Richter vorerst aufgehoben habe;
- die Reaktion auf den italienischen Ober-Populisten Salvini – der habe gerade ungewohnt leise eingeräumt, vielleicht könne seine Regierung ihre Haushaltspläne noch einmal überdenken.
Leider hat sich das Bild seit der Veröffentlichung am 28.11. deutlich eingetrübt. Hier ein Update:
- Der Handelskrieger Trump lädt die deutschen Autobosse vor und bootet en passant die “coole” EU-Kommission aus;
- in London baut sich massiver Widerstand gegen den EU-Deal auf, der beide Seiten ins No-Deal-Chaos führen könnte;
- Polens Regierung machte wohl nur einen taktischen Rückzieher, wie der “Standard” analysiert – gleichzeitig hat sich die Lage in Ungarn weiter verschärft (und dazu schweigt die EU);
- Salvini mag seine Pläne überdenken, doch die EU treibt ihr Defizitverfahren trotzdem voran – was am Ende zu Milliarden-Strafen und noch höheren Budgetdefiziten führen könnte.
Aber ich will kein Spielverderber sein. Warten wir einfach noch eine weitere Woche ab. Nach dem EU-Gipfel werden wir sehen, ob und was die EU wirklich richtig gemacht hat…
Siehe auch “Totalausfall”
Claus
7. Dezember 2018 @ 07:47
Zu „EU hat vieles richtig gemacht“ fehlt dann noch „Merkel erneut zur mächtigsten Frau gewählt“ (von FORBES, weil sie klare Kante gegen Trump gezeigt hat!) und last but not least „Die Mehrheit der Deutschen mit Kanzlerschaft Merkel zufrieden“. (Polit-Barometer ARD/ZDF oder Bertelsmann?) Mehr braucht der Nachrichtenkonsument dann auch nicht.
Oudejans
7. Dezember 2018 @ 10:01
>>”„Die Mehrheit der Deutschen mit Kanzlerschaft Merkel zufrieden“.”
Wann ist e n d l i c h Niederkunft?
ebo
7. Dezember 2018 @ 15:15
Sie ziehen es absichtlich hin, damit sich die Hauptstadt-Journalisten einen auf unsere tolle Parteien-Demokratie h..holen können, nach 14 Jahren Abstinenz 😉
Oudejans
7. Dezember 2018 @ 18:13
Eventuell könnte man das Saarland in einen Unionsdistrikt verwandeln, von dem aus Frankreich direkt verwaltet werden kann.
Die Befehlskette Merkel-Kramp-Seehofer-Selmayr-Juncker-Macron ist viel zu lang.
So eine Art Feldherrenhügel wäre gut.
Der Franzos hat ja nicht mal seine Eleven im Griff.
Hans Werner Körtgen
6. Dezember 2018 @ 19:49
“Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe”, soll Winston Churchill gesagt haben. Und mit Statistiken und Umfragen machten die Briten schon 1940/41 Politik. Damals ging es darum, die rechtsgerichtete “America first” – Bewegung zu besiegen und Roosevelts Wiederwahl zu ermöglichen, damit der die Briten mit Nahrungsmitteln versorgen und später in den Krieg gegen Hitler-Deutschland eintreten konnte.
vgl. meine Übersetzung des POLITICO Artikels “When a foreign iGovernment nterfered in a U.S. Election – to reelect FDR” auf meiner Webseite. Total interessant, etwas für Geschichts- und Geheimdienstfreaks.
Peter Nemschak
6. Dezember 2018 @ 19:06
Handelsverträge werden nach wie vor von der EU und nicht den Autoproduzenten, die bei Trump lobbyieren gemacht, beim BREXIT ist ein zweites Referendum durchaus möglich, nachdem der, ob mit Absicht oder nicht bleibe dahingestellt, so ausgehandelte Deal niemandem wirklich gefällt, Polen wird sich aus eigenem nationalen Interesse mit der EU arrangieren müssen, da die Aussicht auf die zukünftige Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf seinem Territorium nicht besonders attraktiv ist, Italiens Haltung zur Eurozone wird möglicherweise Reformen anstoßen, die wir im Detail noch nicht kennen und auch nach dem nächsten Gipfel noch nicht kennen werden. Die Dinge bewegen sich eben langsam, und die Zukunft kann niemand vorhersagen.