Die erste Amtshandlung der neuen EU-Spitze gilt nicht ihren Bürgern
Seit dem 1. Dezember hat die EU eine neue Führungsspitze. Ihre erste, symbolträchtige Amtshandlung gilt nicht den Bürgern – sondern der Außenpolitik. Von der Beschlusslage ist sie nicht gedeckt.
Sie hätten das zur Schließung verurteilte Audi-Werk in Brüssel besuchen können, wo die Arbeiter um ihre Zukunft bangen. Oder VW in Wolfsburg, wo am Montag ein landesweiter Streik beginnt. Auch in Frankreich oder Italien hätten sich sicher symbolträchtige Orte gefunden.
Doch der neue EU-Ratspräsident Costa, die neue Außenbeauftragte Kallas und die neue Erweiterungskommissarin Kos fuhren lieber nach Kiew.
Statt den Bürgern der EU zu beizustehen, bekunden sie ihre Solidarität mit der Ukraine – einem Drittland außerhalb der Union. Ein sehr bedenkliches Zeichen.
Kallas setzt auf Sieg
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Problematisch auch ihre Botschaft. “The European Union wants Ukraine to win this war”, erklärt Kallas. “We will do whatever it takes for that.”
Nicht mehr Hilfe solange wie nötig (so die aktuelle EU-Beschlußlage), sondern was immer nötig ist, um den Krieg zu gewinnen, gelobt die Estin.
Von Diplomatie und Frieden redet sie nicht, oder nur am Rande. Sechs Wochen vor Amtsübernahme von Donald Tump hat die EU immer noch keinen eigenen Plan.
Zwischen Hammer und Amboss
Vielmehr dient sie sich der Ukraine an, um den US-Plan abzufedern und Kiew beizuspringen, wenn dies für den “Sieg” (oder einen von Trump diktierten Frieden) nötig sein sollte.
Die EU sitzt zwischen Hammer und Amboss und hat immer noch keine eigene Strategie. Der Besuch in Kiew war abhersehbar, doch der Kurs ist unberechenbar geworden…
Siehe auch Die unberechenbare Kommission und Nun offiziell: Ein Stellvertreterkrieg bis zum letzten Ukrainer
It is a privilege to be in Kyiv alongside @eucopresident Costa and Commissioner Kos.
— Kaja Kallas (@kajakallas) December 1, 2024
In my first visit since taking up office, my message is clear: the European Union wants Ukraine to win this war.
We will do whatever it takes for that. pic.twitter.com/swv1ZVAlyL
Stef
2. Dezember 2024 @ 12:40
Das Problem ist, dass die Politelite in Brüssel keine Spielräume hat, um eine bessere Industriepolitik zu machen. Dazu müsste man (Gott bewahre) wieder russisches Gas kaufen. Ihre Rolle ist eher die einer Insolvenzverwaltung. Große Projekte werden nur dann möglich, wenn sie zu hohen Subventionen für privates Kapital führen.
Das ist zwar in der Ukraine im Prinzip genauso. Auch dort hat die Kommission weder was zu melden, noch hat die EU als Ganzes irgendeine Aussicht das “whatever it takes” signifikant mit Taten auszufüllen. Aber hier ist das Risiko geringer, dass man an seinen ausbleibenden Taten nachher auch gemessen wird. Erstens wird hier für alles die Schuld auf Putin geschoben. Zweitens treffen die negativen Folgen ja nur die ukrainischen Bürger. Die können hier nicht mal wählen.
ebo
2. Dezember 2024 @ 12:48
Das “whatever it takes” hat aber eine neue Qualität, genau wie die Treue bis zum “Sieg”.
Hellrider
2. Dezember 2024 @ 12:38
Haste schon einmal US Kollegen/Freunden erklären müssen, wer wieso diese Leute gewählt hat und wieso die vermeintlichen EU Bürger diese nicht abwählen, ebo?
Wenn ja, wie?
EU-Bürger sind ja wohl maximal die nationalen Regierungschefs, sie haben ja als Einzige eine Stimme bei der Wahl der EU Regierung.
Das ist besonders in Deutschland ein Problem, da schon die Regierung nur von den Vertretern des Volkes legitimiert wurde.
Dieser vererbten Legitimation dann noch zu erlauben eine Weitere, höherwertige Exekutivebene zu legitimieren ohne eine neue Wahl, führt dann zu diesem Ergebnis der kompletten Entfremdung von Volkes Wille und Bedürfnissen.
Dies dann jetzt immer noch ohne ein tatsächlich den Aufgaben eines Parlamentes nachkommender Gewalt, ist hanebüchen. Geschweige denn ohne ein tatsächliches Volk.
Sollte sich California wirklich jemals von den USA für unabhängig erklären, wäre es das ein starker Beweis für die begrenzte Machbarkeit von echter, entwickelter Demokratie auf einem kontinentalen Level.
ebo
2. Dezember 2024 @ 12:46
Okay, EU-Bürger im engeren Sinne gibt es nicht, nur Bürger der EU-Länder. Und natürlich gibt es kein “EU-Volk”.
Helmut Höft
2. Dezember 2024 @ 08:30
“”Sie hätten das zur Schließung verurteilte Audi-Werk in Brüssel besuchen können, wo die Arbeiter um ihre Zukunft bangen. Oder VW in Wolfsburg, wo am Montag ein landesweiter Streik beginnt.” Wozu? Um die Managementfehler höchstbezahlter Menetscher abzufeiern??”
“Auch in Frankreich oder Italien hätten sich sicher symbolträchtige Orte gefunden.” Wozu? Um falsche “Politik” abzufeiern (aka Ideologien/Religionen aka Partikularinteressen der Kapitalisten- und Rentierskaste)? mC
Politniks sind auch nur Menschen, gelle! (cc Helmut Qualtinger: “I trau’ dena nöd, i kenn’ mi!” – solche Weisheiten(!) gehen mir allmeählich slbst auf den Zeiger, leider muss man sich diese immer wieder vor Augen halten 🙁 )
Zu Kallas nur soviel: Sie steht ihren Mann, Motto: “1.000 Volt im Bizeps aber oben brennt kein Licht!”
ebo
2. Dezember 2024 @ 09:42
Das Audi-Werk in Brüssel ist keine zehn Kilometer von der EU-Kommission entfernt. Es ist zum Symbol einer verfehlten Industriepolitik geworden. Da könnte ein EU-Politiker schon mal Solidarität mit den Arbeiten bekunden und Hallo sagen. Das gilt auch und besonders für von der Leyen, die die Autokrise ja nun unter ihre Fittiche nehmen will…
Helmut Höft
2. Dezember 2024 @ 10:42
Explizit: Gerade im Fall VW (Dieselskandal, E-Autos nur im oberen Segment ansonsten: “lieber nicht”) schreien die Managementfehler – und die Großmannssucht – zum Himmel. Sry: Ob das Werk nun 10 oder 500 km weit weg ist spielt da keine Rolle.
Solidarität mit den Arbeitnehmern geht anders!
Industrial
2. Dezember 2024 @ 13:00
Guck doch einmal Helmut, ob Du nicht vielleicht auch deine Meinung revidieren musst, dass das VW Managemet alleine alle Handlungsmacht, mithin Veranntwortung hatte.
Hier haste zwei Quellen die wohl deutlich verschieden sind, aber letztlich beide dasselbe sagen:
https://www.youtube.com/watch?v=PXvcwM977D0 und https://www.youtube.com/watch?v=1YnwhLywLMA
Eine Kritik jedenfalls, die ich vom Deutschen CAR Papst, bzw. der Nachfolge nicht in Erinnerung habe.
Falls es nicht auffällt, hier die kleine Hilfe: nolog.link/s/ljnrop .
Helmut Höft
3. Dezember 2024 @ 21:09
@Industrial
Danke für die Linx. Es heißt im Kommentar: „… schreien die Managementfehler – und die Großmannssucht – zum Himmel.“ Das bedeutet, dass sie nicht die alleinigen Ursachen, aber hauptsächliche Faktoren sind.
Großmannsucht: Winterkorn hat mehrfach erklärt: „Wir wollen die Nr. 1 in der Welt sein!“ (also u. a. mit Diesel vor Toyota mit Hybrid (Prius & Co.)
Dieselskandal: > 32 Mrd. € an Strafen, Prozesskosten usw. + Vertrauens-/Ansehensverlust …
VW gestern noch fette Gewinne und heute Fabrikschließungen, https://www.volkswagen-group.com/de/pressemitteilungen/volkswagen-group-im-ersten-halbjahr-2024-solide-in-herausforderndem-umfeld-18552
Gestern „Hui“, heute „Pfui!“Da muss schon viel passieren/in der Vergangenheit an Fehlerpotential aufgehäuft worden sein: „Management first!“
Grds.: Es ist schon lustig: Geht’s bergauf schlägt sich das Menetschment an die Brust „WIR!!“, geht’s bergab: „Ei, die verdammte Politik, die bösen Chinesen schwurbel_blabla!“