Die dritte Verlängerung – Ordnungsmacht Russland

Rien ne va plus beim Brexit. Das britische Unterhaus kommt nicht zu Potte, auch die EU kann sich nicht entscheiden. Und so schlittert man in die dritte Verlängerung – welcome back in Hotel California!

Frankreich sprach sich für eine möglichst kurze Fristverlängerung aus. “Wir werden Ende der Woche sehen, ob eine rein technische Verlängerung von einigen Tagen gerechtfertigt ist”, sagte Europa-Staatssekretärin de Montchalin.

Ein längerer Aufschub käme aus französischer Sicht nur in Frage, wenn es Neuwahlen oder ein zweites Referendum gäbe. Indirekt formuliert Paris so Bedingungen für London – die z.B. zu einem “People’s Vote” führen könnten.

Aus Deutschland kamen widersprüchliche Angaben. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte, die Sache sei noch nicht entscheidungsreif. Eine Verlängerung um „zwei, drei Wochen“ sei jedoch kein Problem.

Demgegenüber deutete Kanzlerin Merkel an, dass sie bis Ende Januar 2020 verlängern will. Allerdings soll die Frist flexibel sein – wenn der Brexit früher kommt, wäre es eben früher vorbei.

Zugeknöpft gibt sich Ratspräsident Donald Tusk. Am Mittwochnachmittag telefonierte er mit dem britischen Premier Boris Johnson, Details wurden nicht bekannt.

Tusk koordiniert die EU-Staaten; er müsste auch einen Gipfel einberufen. Als möglicher Termin ist der kommende Montag im Gespräch. Die Entscheidung über eine neue Frist liegt bei der EU. Sie muss einstimmig fallen.

Zuletzt hatte das Europaparlament den Druck aus dem Ratifizierungs-Prozess herausgenommen. Die EU-Abgeordneten entschieden, nicht – wie zunächst geplant – schon am Donnerstag den Brexit-Deal anzunehmen.

Parlamentspräsident David Sassoli sagte, zunächst müsse das Unterhaus grünes Licht geben. Das Europaparlament werde die Ratifizierung erst danach in Angriff nehmen. 

In Brüssel gilt dieses Zuwarten als weise. Dass die Bürger langsam den Eindruck gewinnen könnten, die EU sei entscheidungsschwach und handlungsunfähig, will niemand sehen…

Siehe auch “Gefangen in Hotel California” und “EU-Parlament verweigert Arbeit”

Watchlist

  • Der letzte große Auftritt von Mario Draghi. Nach der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank gibt der scheidende EZB-Präsident am Donnerstag seine letzte Pressekonferenz. Draghis Amtszeit endet nach acht Jahren am 31. Oktober 2019. – Mehr zu Draghi hier, ein Beitrag zu den Plänen seiner Nachfolgerin Lagarde hier

Was fehlt

  • Der russisch-türkische Deal in Syrien. Zar Putin und Sultan Erdogan haben entschieden, gemeinsam eine Pufferzone an der Grenze zur Türkei einzurichten und die kurdischen Milizen zu verdrängen. Die Waffen sollen schweigen – und zwar nicht nur ein paar Tage, wie in dem türkischen Deal mit den USA, sondern dauerhaft. Russland etabliert sich damit endgültig als Ordnungsmacht im Nahen Osten. Die EU steht rat- und hilflos an der Seitenlinie…

Siehe auch “AKK kann in Brüssel nicht punkten” und “Die Selbstkastrierung der europäischen Außenpolitik


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