Die 3 ungelösten Probleme der Nato, Leyens Sorgen und Macrons Arroganz

Die Watchlist EUropa vom 11. Juli 2024 – Heute mit dem schwierigen Jubiläums-Gipfel in Washington, heiklen Hinterzimmer-Gesprächen in Brüssel und einem unverschämten Wahl-Brief aus Paris

Die Nato hat mehr Angst vor Trump als vor Putin. Die Nato steckt mehr Energie in die Ukraine als in die eigene Sicherheit. Die Nato hat keine Strategie und keinen Exit-Plan – in Bezug auf Russland und den Krieg ist sie immer noch “gehirntot”.

Dies sind die drei ungelösten Paradoxe, mit denen der Jubiläumsgipfel in Washington rang. Das Militärbündnis feiert sich dafür, 75 Jahre den Frieden in Europa gesichert zu haben. In Wahrheit ist sie tief in den Krieg in der Ukraine verwickelt – und selbst zum Problemfall geworden.

  • Problem Nummer eins – Trump: Hier will die Nato mit einem neuen Ukraine-Kommando in Wiesbaden gegensteuern. Auch finanziell will sie “Trump-fest” werden. Doch wenn er wirklich will, kann Trump diese Beschlüsse auch wieder kippen.
  • Problem Nummer zwei – die Ukraine: Die Waffenhilfe überfordert die Allianz. Sie schafft es nicht ‘mal, die sieben angeforderten Patriot-Systeme zu liefern. Auch bei der Munition kommt sie nicht hinterher. Derweil ist Deutschland kaum noch abwehrbereit.
  • Problem Nummer drei – die fehlende Strategie: Zwei Jahre nach Kriegsbeginn ist immer noch unklar, welches militärische Ziel die Nato in der Ukraine verfolgt. Auch der Beitritt ist weiter umstritten. Deutschland und die USA sagen Nein – was nun?

Der Streit wurde beim Gipfel mit einem typischen Formelkompromiss zugekleistert. In der Abschlusserklärung ist nun von einem “unumkehrbaren Pfad” zum Nato-Beitritt die Rede. Doch wann und wie bleibt weiter offen.

Ursünde Osterweiterung

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Letztlich kaut die Allianz immer noch an ihrer “Ursünde”: Der Osterweiterung. “Nicht einen Schritt weiter nach Osten” hatte sie nach der Wiedervereinigung versprochen. Doch das (mündliche) Versprechen wurde gebrochen.

Mit dem Beitrittsangebot für die Ukraine wurde die Krise mit Russland akut. Dieses Angebot hat der Ukraine nicht mehr Sicherheit gebracht, sondern den Krieg. Erst wenn die Nato-Führer dies verstehen, können sie das Problem lösen.

US-Präsident Biden ist dazu offensichtlich nicht in der Lage. Trump will es versuchen – dürfte dabei aber auf Widerstand der EUropäer stoßen. Nun richten sich alle Blicke auf Kanzler Scholz, dabei ist der selbst eine “lame duck”…

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P.S. Die USA wollen ab 2026 wieder Waffensysteme in Deutschland stationieren, die bis nach Russland reichen. Das gaben das Weiße Haus und die Bundesregierung bekannt. Hat “Friedenskanzler” Scholz das irgendwo angekündigt oder sogar abstimmen lassen??

News & Updates

  • Von der Leyens Sorgen. Eine Woche vor der entscheidenden Abstimmung im Europaparlament hat sich Kommissionschefin von der Leyen den Fraktionen der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen gestellt. Das Echo klingt gut, doch das Ergebnis ist nicht sicher. Deshalb ist von der Leyen nicht wie geplant zum Nato-Gipfel nach Washington gereist, sondern lieber in Brüssel geblieben. – Mehr im Blog
  • AI kritisiert illiberale EU. Amnesty International kritisiert den Umgang zahlreicher EU-Länder mit politischen Protesten. In vielen Ländern werde die Versammlungsfreiheit eingeschränkt, heißt es in einem Bericht der Menschenrechts-Organisation. Abweichende Meinungen würden durch Überwachung, Gewalt, Verbote oder Einschüchterung unterdrückt. – Siehe auch “Liberal ist die EU auch nicht mehr”
  • China untersucht EU-Handel. Im Handelsstreit zwischen der EU und China verschärft nun Peking die Gangart. Das chinesische Handelsministerium kündigte eine formelle Untersuchung der Handelspraktiken der EU an. Im Zentrum stünden Produkte wie “Lokomotiven, der Photovoltaik und der Windenergie”. Die Untersuchung ist offenbar eine Retourkutsche für die EU-Strafzölle auf E-Autos made in China.

Das Letzte

Macrons Arroganz. Drei Tage hat Staatschef Macron so getan, als habe es in Frankreich gar keine Wahlen gegeben (dabei hat er sie selbst ausgelöst). Nun hat er endlich sein Schweigen gebrochen und einen Brief an die Franzosen geschrieben. Doch was darin steht, zeugt von seiner unerträglichen Arroganz, um nicht zu sagen Ignoranz. “Niemand hat sie gewonnen”, betont Macron mit Blick auf die Wahlen. Das Ergebnis lasse einen “klaren Willen nach Veränderung und mehr Teilhabe an der Macht” erkennen, räumt Macron ein – doch was das heißen soll, lässt er offen. Eine Unverschämtheit, denn schließlich ist es Macron, der die Macht usurpiert hat. Und für jeden, der lesen kann, ist auch klar, wer die Wahl gewonnen hat: die linke Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten, Grünen und den Unbeugsamen. Deren Chef Mélenchon forderte Macron denn auch bei einem Besuch in Brüssel auf, endlich die Regierungsbildung einzuleiten und die Linke in den Elysée einzuladen. Doch der denkt gar nicht daran. Stattdessen lässt er ein Bündnis mit den rechtslastigen “Republikanern” sondieren… 

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