Die China-Politik kann die EU zerreißen
Frankreichs Staatschef Macron ist mit seinen umstrittenen Äußerungen zu China nicht allein. Ratspräsident Michel hat sich hinter ihn gestellt, Kanzler Scholz denkt ähnlich. Dennoch kann die China-Politik die EU zerreißen.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist die EU im Krieg um die Ukraine schon jetzt zum Zerreißen gespannt. Die Einheit gilt nur dem gemeinsamen Feindbild Russland; hinter der Fassade bröckelt es.
Zum zweiten üben die USA massiven Druck aus. Präsident Biden hat EU-Chefin von der Leyen schon “eingenordet”; die deutsche CDU-Politikerin folgt nun auch bei China getreu der harten US-Linie.
Die Niederlande wurden gezwungen, strategisch wichtige Mikrochips nicht mehr nach China zu liefern – dabei ist Handel eine EU-Kompetenz. Auch Deutschland steht unter US-Druck, z.B. bei Huawei und TikTok (vvon Nord Stream zu schweigen).
Biden lässt nichts unversucht, um die EU auf seinen Anti-China-Kurs einzuschwören. Er mischt sich offen oder verdeckt in europäische Angelegenheiten ein – auch deshalb ist Macron wohl so deutlich geworden!
Der dritte Grund ist die Wirtschaft. Für Deutschland ist China der wichtigste Handelspartner, noch vor den USA. Für die EU und ihren “Green Deal” geht ohne seltene Erden aus China gar nichts.
Einen Wirtschaftskrieg wie mit Russland kann sich EUropa bei China schlicht nicht leisten. Auch ein “Decoupling” à la Biden und Trump wäre für viele Firmen aus Deutschland das Todesurteil.
EUropas Rolle in der Welt
Last but not least geht es bei der China-Politik um die künftige Rolle EUropas in der Welt. Macron sieht die EU als “dritten Pol” zwischen den USA und China und kämpft daher um “strategische Autonomie”.
Scholz hat Verständnis für diese Vision, auch er denkt über die neue “multipolare Welt” nach. Doch er muß auf die Grünen und die FDP Rücksicht nehmen. Und die sehen Deutschland in einer “dienenden Führungsrolle” an der Seite der USA.
Die USA wiederum stützen sich zunehmend auf Polen, um den deutschen und französischen Einfluß zu begrenzen. Zudem nutzen sie die Nato, um EUropa in den Taiwan-Konflikt hineinzuziehen.
Alles in allem eine äußerst brisante Gemengelage. Sie kann die EU zerreißen – wenn diese nicht schon vorher an ihren inneren Widersprüchen und/oder am Krieg um die Ukraine und seinen Folgen zerbricht…
Siehe auch “Wo Macron Recht hat”
P.S. Es heißt oft, dass die EU noch nie eine gemeinsame China-Politik hatte. Das stimmt. Allerdings gab es auch noch nie so großen Druck von außen, sich gegen China zu positionieren. Nachdem die EU sich von Russland (und damit von einem großen Teil Europas) abgekoppelt hat, und da sich Russland mehr und mehr an China anlehnt, wird die China-Politik für Europa zur entscheidenden Nagelprobe…
european
18. April 2023 @ 16:39
Ja kuck, Christine Lagarde wird auch schon wach
https://unherd.com/thepost/christine-lagarde-the-world-is-turning-multipolar/
“Christine Lagarde today warned that the world “may be becoming more multipolar”. The ECB President claimed during a speech to the Council of Foreign Relations in New York that “the tectonic plates of geopolitics are shifting faster”.”
Da bekommt Macron noch auf die Schnelle Zuspruch aus unerwarteter Quelle.
Aber die üblichen Verdächtigen müssen sich jetzt mit ihren Warnungen beeilen, sonst müssen sie am Ende überrascht tun 😉
Thomas Damrau
15. April 2023 @ 10:38
@Monika
Danke für den Kommentar.
Soweit wollte ich gar nicht gehen Mir ging es nur um die simple Regel: “Bevor Du Geld von mir möchtest, sag mir bitte, wozu Du es brauchst.”
Die augenblickliche Diskussion um Rüstungsbudgets folgt dem Motto “Viel hilft (hoffentlich) viel.” und vergisst, dass wir genügend andere Probleme haben, für die auch viel Geld benötigt wird.
Armin Christ
13. April 2023 @ 18:35
Könnte unser Bundeskanzler in der Tradition von Helmut Schmidt mal diesem Biden erklären: Unser Handespolitik (im Orginal: Energiepolitik) bestimmen wir selbst.
vdL und Baerbock sollten zu dem Mannmit den Hörnern, Dem Pferdefuß und dem Ochsenschwanz gehen .
Polen ??? und die (gift)Zwergstaaten im Baltikum ?!
european
13. April 2023 @ 16:13
Aktuell ist Baerbock in China um denen mal ihre Strategie zu erklären.
Was soll da schon schief gehen? 😉
KK
13. April 2023 @ 17:22
Alles! 😉
KK
13. April 2023 @ 11:27
@ Kleopatra:
“Die Verteidigung gegen die russische Kriegsverbrecherarmee…”
1. Hat die russische Armee uns angegriffen? Würde sie das überhaupt tun, wo sie bereits mit der Ukraine solche Probleme hat? Glauben Sie das wirklich?
Und selbst wenn, würde es dann nicht ohnehin nuklear derart schnell eskalieren, dass das ganze Rüstungsgerümpel ohnehin keinen Wert mehr darstellt und EUropa ganz andere Probleme hätte?
Und weiter: Gäbe es den Krieg in der Ukraine überhaupt, wenn die NAhTOd nicht immer weiter aufgerüstet und sich an Russlands Grenzen herangerobbt hätte? Russland quasi umzingelt hätte? Auch die Sicherheitsinteressen Russlands sind völkerrechtlich garantiert udn wurden vom Westen und der NAhTOd immer wieder mit Füssen getreten.
Hätte sich EUropa nicht doch friedlich entwickeln können, wenn man die ausgestreckte Hand Russlands nicht wiederholt zurückgewiesen hätte?
2. Ihr ewiges “Kriegsverbrecher”-Gefasel ist reine Propaganda und grenzt an Volksverhetzung – Kriegsverbrechen gibt es in jedem Krieg und von allen Seiten.
Seltsamerweise scheint es besonders im Westen “gute” und “schlechte” Kriegsverbrechen zu geben, wie man an dem eingeknasteten Julian Assange ja sehr gut sehen kann: Hier im ach so wertegeilen Westen werden nämlich nicht die eigenen Kriegsverbrechen und Täter bestraft, sondern diejenigen, die sie aufklären und öffentlich machen!
Konstantin
13. April 2023 @ 11:20
Mindestens 2 Kriegsverbrecherarmeen. Denn Kriegsverbrechen hat auch die Ukraine 2014 im Donbass begangen: 2 von 4 Millionen Einwohnern vertrieben durch militärischen Beschuss der Wohngebiete.
Es gilt Tucholsky: Alle Soldaten sind Mörder.
ebo
13. April 2023 @ 11:23
Die Ukraine war auch am illegalen Irak-Krieg beteiligt, genau wie das UK und Polen…
Thomas Damrau
13. April 2023 @ 09:15
@Kleopatra
“2% – 3% – 4% – wer bietet mehr?” Das ist eine Symboldebatte, die das Problem vom falschen Ende angeht. (Wie so vieles in den letzten 14 Monaten “ein starkes Signal” senden sollte, ohne dass die effektive Wirkung hinterfragt wurde.)
Wer eine eigenständige Strategie definieren möchte (egal, ob für eine Firma oder einen Staatenbund) braucht:
– klare Ziele (die fehlen der EU)
– eine Analyse des Umfelds, in dem man agiert
– daraus ergibt sich dann eine Lage- und Bedrohungsbeschreibung. Ich hätte gerne zumindest mal eine SWOT-Analyse (https://de.wikipedia.org/wiki/SWOT-Analyse) “Die geo-strategische Lage der EU” von der EU-Kommission gesehen.
– daraus ergibt sich der Handlungsbedarf “Wo muss ich was tun?” oder wie es so schön neu-deutsch heißt “die Hausaufgaben”
– im nächsten Schritt man sich überlegen, wie man die “Hausaufgaben” effektiv und preisgünstig erledigt.
– UND DANN kann man ein Preisschild an die Strategie kleben.
Monika
14. April 2023 @ 12:04
@Thomas
ja, wenn die Politik demokratisch und auf Interessenausgleich konzipiert, funktionieren soll wie ein Konzern, dann wäre sie nicht mehr demokratisch verfasst, sondern exakt wie China aufgestellt. Das muss im Übrigen nicht schlechter sein als die „demokratische“ Politik. Wir sehen das seit der Übernahme der demokratischen Institutionen durch einen neoliberalkonservativen Turbokapitalismus, der ohne Rücksicht auf soziale Verluste- mit kolonialistischer, vorgeblich demokratiefördernder Regimechangepolitik weit mehr sozialen Scherbenhaufen hinterlassen hat, als China in seinem kommunistisch-sozialistischen „Ansatz“. Immehin hat China in den vergangenen 50 Jahren über eine Milliarde Menschen aus Hunger und Steinzeit in eine auskömmliche Überlebensperspektive katapultiert! Chapeau würde ich sagen, wenn ich mir da die Werte-westlichen „Entwicklungsprogramme“ z.B. in Lateinamerika auf der Zunge zergehen lasse…
Was nutzt eine „Meinungs“freiheit, wenn ich mir soetwas wie Meinung gar nicht leisten kann. „Meinen“ kann ich viel, wenn der Tag lang ist, an beschiss…nen Verhältnissen etwas verändern, das müsste ich können. Kann ich aber ohne ein gewisses „Grundkapital“ im Wertewesten nicht! Nicht einmal für die demokratischen Grund- und Bürgerrechte kann ich mehr öffentlich eintreten, ohne als Rechter, wahlweise Reichsbürger, Russlandfreund, Friedensterrorist oder Lumpenpazifist beschimpft, angezeigt (von „Helden“ der Denunziation) und -falls ich noch im Beruf stehe- aus dem Berufsleben gedrängt zu werden. Nur meiner „falschen“ Meinung wegen. Da fkönnte ich mich schon fragen, wo für mich der demokratische Mehrwert im System liegen soll, finde ich.
Kleopatra
13. April 2023 @ 09:11
@KK: Die Verteidigung gegen die russische Kriegsverbrecherarmee muss gemeinsam organisiert werden, auch sind wir nun einmal Mitglied der NATO. Und eine dritte Weltmacht könnte die EU erst Recht nur gemeinsam werden.
KK
13. April 2023 @ 08:46
@ Kleopatra:
“Wer nicht bereit ist, nicht nur 2, sondern 3 oder 4 % vom BIP für Rüstung auszugeben…”
Wenn man sich auf reine Landesverteidigung beschränkt und sich nicht auf der ganzen Welt in jeden Furz einmischen will wie die USA und die heutige NAhTOd, dann solllten weniger als 2% völlig ausreichen.
Kleopatra
13. April 2023 @ 08:29
Wer nicht bereit ist, nicht nur 2, sondern 3 oder 4 % vom BIP für Rüstung auszugeben, braucht nicht von „strategischer Autonomie“ zu schwafeln.
ebo
13. April 2023 @ 10:09
Nach allen gängigen Indikatoren ist die Nato Russland schon jetzt haushoch überlegen – siehe Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/379080/umfrage/vergleich-des-militaers-der-nato-und-russlands/
In Brüssel spricht niemand von 3 oder 4 Prozent für Rüstung, Deutschland erreicht nicht einmal 2 Prozent und will trotzdem führen 🙂