Die außer-europäische Schein-Lösung
Kanzlerin Merkel spricht von einer „europäischen Lösung“ im Flüchtlingsstreit – und meint bilaterale Rücknahmeabkommen. Da ist EU-Ratspräsident Tusk ehrlicher: Er propagiert gleich eine anti-, pardon, außer-europäische Lösung.
Bootsflüchtlinge sollten künftig nicht mehr nach Europa, sondern in zentrale Sammelpunkte außerhalb der EU gebracht werden, fordert Tusk. Dort könnte dann direkt über ihre Schutzbedürftigkeit entschieden werden.
Seinen Vorschlag machte der Pole mit Blick auf den EU-Gipfel nächste Woche, um Bewegung in den festgefahrenen Asylstreit zu bringen. Dabei löst auch diese uralte Idee kein einziges Problem.
Schließlich hat schon Ex-Innenminister Schily über Asylzentren in Afrika fabuliert. Gebracht hat es nichts. Denn die betroffenen Länder machen nicht mit – und die meisten Flüchtlinge kommen gar nicht aus Afrika.
Im Vordergrund stehen weiter Syrien, Irak, oder Afghanistan – Lager in Libyen sind da keine Lösung. Sie helfen auch nicht gegen den „Asyltourismus“ – also den Versuch, von einem Land ins nächste zu ziehen…
Tusk präsentiert bloß eine Schein-Lösung. Dennoch nähren deutsche Medien die Hoffnung, dies könne auch Merkel bei ihrer Suche nach einer „europäischen Lösung“ helfen – ganz so, als drehe sich alles um Merkel.
Dabei sollte es doch um die Flüchtlinge gehen – und um die Frage, wie man jene, die Anspruch auf Asyl haben, menschlich und gerecht auf die EU-Länder verteilen kann. Das war doch einmal der Anspruch, oder?
Heute scheint er vergessen – auch in Deutschland. Denn „wir“ nehmen, so scheint’s, „alle“, auf jeden Fall aber zu viele auf. Dabei steht das größte EU-Land in der Uno-Statistik nur auf Rang sechs – nach Libanon und Iran…
WATCHLIST:
- EU-Innenkommissar Avramopoulos trifft die Innenminister des Westbalkans. Man darf gespannt sein, ob die Herrschaften auch über „Asylzentren“ auf dem Balkan sprechen – eine Lieblingsidee von Österreichs Kanzler Kurz (und von Seehofer?). Dort dürften dann die Menschen landen, die von Deutschland und Österreich abgewiesen werden…
WAS FEHLT:
- Klarheit beim Euro-Bugdet. Während Frankreichs Staatschef Macron nach dem Treffen mit der Kanzlerin von einem Durchbruch spricht, betont Merkel, dass alles im Rahmen der bisherigen Haushaltstrukturen bleiben soll. Also ein Budget für den Euro innerhalb des EU-Budgets? Oder ein Euro-Budget auf Kosten der EU? Klingt nach faulem Kompromiss…
- Eine klare Antwort auf Rassismus. Die EU-Kommission wand sich am Dienstag, als sie zur jüngsten Provokation des italienischen Innenministers Salvini befragt wurde. Der will Sinti und Roma registrieren lassen – und die Ausländer unter ihnen ausweisen. Sogar die Fünf Sterne protestieren – doch die EU-Behörde schweigt. Wann wachen Juncker & Co. auf?
Manfred Waltermann
20. Juni 2018 @ 11:48
Klein-Europa
Wenn Frau Merkel in ihrer Sturheit von einer „europäischen Lösung“ spricht, dann ist die Zahl der Willigen an einer Hand abzuzählen!
Was sie gestern im Beisein von Seehofer als Fakt verkündet hat, ist nur zwischen ihr und Macron besprochen worden. – Wo bleibt die Einwilligung durch das Kabinett?!
Weltpolitik nach Gutsfrauenart? –
So nicht Frau Merkel, die sich und ihre CDU immer mehr Richtung Abgrund führt, was inzwischen auch einigen CDU-Granden aufzufallen scheint.
Und die AfD wächst und wächst……!!
Heinz MAIER
20. Juni 2018 @ 10:30
Merkel hat meistens nur alternativlose Scheinlösungen zu bieten. Eine Transferunion in Europa wäre tödlich, denn warum sollte sich dann noch jemand abplagen, wenn im Zweifelsfall der Etat europäisch ausgeglichen wird. Die Italiener werden die Schotten dicht machen, mit Recht. Die Osteuropäer werden keine Invasoren aufnehmen. Die afrikanischen Länder werden keine Auffanglager einrichten. Die alternativlose Kanzlerin wird schließlich dann doch mit dem australischen Modell entsorgt werden.
Und sie wird leiden wie ein Hund, wenn sie nicht mehr im Kreis der Mächtigen herumschwänzeln kann.
Annette Matthias
20. Juni 2018 @ 10:03
eine europäische Lösung könnte nur so aussehen, dass die Flüchtlinge nach einem gut ausgearbeiteten System auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden sollten. Dies gilt auch für Herrn Orban und wer im Osten da noch dagegen ist. Das Christentum ist ja glücklichersweise nicht in die EU Verfassung aufgenommen worden. Wir sollten laizistisch bleiben. Wir sollten allerdings in Deutschland endlich anfangen, die wirklich dringenden Fragen wie Mindestlohn, Wohnungsbau, Infrastruktur anzugehen. Lobhudelei für Deutschland ist wirklich nicht angebracht.
Peter Nemschak
20. Juni 2018 @ 10:55
Ohne Obergrenze ist das illusorisch. Das Wohlstandsgefälle führt selbst innerhalb der EU zu dramatischen Wanderbewegungen von Osten nach Westen. Die Politik Ungarns ist u.a. eine Reaktion darauf. Es gibt keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen und Migranten. Beide sind auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Wir brauchen im Interesse unserer Wohlstandsgesellschaften eine begrenzte, von der EU und nicht von kommerziellen und karitativen Schleppern definierte Immigration. Wir dürfen uns für unsere Interessen nicht hinter humanitären Argumenten verstecken.
Solveig Weise
20. Juni 2018 @ 14:58
@ Annette Matthias: Das Märchen von der Verteilung von Flüchtlingen wird nicht dadurch Realität, dass man es permanent wiederholt.
Es wird dafür in den meisten Staaten Europas keinerlei Bereitschaft geben. Die Menschen in diesen Ländern haben sich Wahl um Wahl
klar dazu positioniert. Sie wollen es nicht und die Migranten wollen es übrigens auch nicht. Diese wollen in die Länder mit den besten Sozialleistungen
und dies sind Schweden, Österreich und Deutschland. Ein ALG2 Empfänger lebt in Deutschland besser als ein Bauarbeiter in Bulgarien. Diese Realitäten
gilt es anzuerkennen.
Peter Nemschak
20. Juni 2018 @ 08:05
Es geht in Wahrheit nicht um Flüchtlinge sondern in erster Linie um uns selber. Es ist absolut legitim, das Überleben unserer Gesellschaft sicher zu stellen. Wir sollten uns dies endlich vorbehaltlos eingestehen und entsprechende Maßnahmen treffen. Wer ohne Visum als Migrant, ob Flüchtling oder aus anderen Gründen, in die EU einreisen will, wird ausnahmslos abgewiesen. Visaanträge sind ausschließlich im Herkunftsland zu stellen. Asylanträge werden grundsätzlich sehr restriktiv und im Rahmen einer Obergrenze für Migration, die jedes EU festlegt, behandelt. Eine gemeinsame europäische Lösung kann darin bestehen, dass aus Effizienzgründen in jedem Herkunftsland ein europäisches Konsulat dafür tätig wird. Menschen die keine Einreisegenehmigung bekommen können, weil die Obergrenzen für Migration in den Mitgliedsländern ausgeschöpft sind, werden durch Geldzuweisung der EU an das UN-Flüchtlingshilfswerk unterstützt. In diesem Zusammenhang bietet sich die finanzielle und logistische Zusammenarbeit mit der UN an. Mich wundert nicht, dass in der EU zunehmend Kräfte an Boden gewinnen, die Nägel mit Köpfen machen wollen. Das verlogene Herumeiern macht die Sache nur schlimmer.
Dr. Friedrich Walter
20. Juni 2018 @ 07:32
Es gab schon einmal ein großes Flüchtlings-Auffanglager in Nordafrika. Das hieß Libyen und der Chef war ein Herr Muammar al-Gaddafi. Er hatte vorausgesagt, was geschehen würde, wenn man ihn beseitigt, nämlich, daß ganz Europa mit Flüchtlingen überschwemmt würde. Aber ein Herr Sarkozy aus Europa überfiel völlig unmotiviert dieses Lager, um von eigenen innenpolitischen Problemen abzulenken, obwohl er kurz vorher noch von Herrn Gaddafi mehrere Millionen Dollar an „Schmiergeldern“ angenommen hatte. So wurden die Flüchtlinge „freigesetzt“ und kamen- wie vorausgesagt- nach Europa. Eigentlich müßte jetzt Frankreich all diese Flüchtlinge , die es „befreit“ hat, auch aufnehmen.