Die AfD wird unwählbar – Grenell wird untragbar
Früher war alles besser: Dies war das heimliche Motto beim Europaparteitag der AfD. Die Partei fordert einen Rückbau der EU zum Zustand vor der Währungsunion – ohne Euro und ohne Europaparlament. Damit macht sie sich selbst unwählbar.
Denn warum sollte man bei der Europawahl im Mai für einen AfD-Kandidaten stimmen, der das Parlament, in das er dann (möglicherweise) gewählt wird, abschaffen möchte? Das ist in sich widersinnig.
Unwählbar macht sich die AfD auch mit ihrer Forderung, den Euro abzuschaffen. Zwar ist die Eurozone alles andere als ein optimaler Währungsraum, die Niedrigzinspolitik hat viele gegen die EZB aufgebracht.
Doch die Wiedereinführung der DM hätte eine massive Aufwertung und den Verlust der deutschen Wettbewerbsfähigkeit zur Folge. Die Wirtschaft brummt ja nur, weil der Euro für Deutschland stark unterbewertet ist.
Der wirtschaftsnahe CDU-Politiker F. Merz hat dies gerade ausgesprochen – und als Konsequenz höhere deutsche EU-Beiträge und mehr Bereitschaft zur Euro-Reform gefordert. Die AfD hat von alldem nichts verstanden!
Nur in einem Punkt zeigten sich die AfD-Delegierten in Riesa lernfähig: Dass die Forderung nach einem raschen “Dexit” – also einem deutschen EU-Austritt – angesichts des Chaos’ um den Brexit kontraproduktiv wäre.
“Wir schießen uns selbst ins Knie, wenn wir die EU verlassen”, warnte der 2015 ausgetretene AfD-Gründer Lucke. Auch AfD-Chef Gauland und der einzig übrig gebliebene EU-Abgeordnete Meuthen traten auf die Bremse.
Im Ergebnis fordert die AfD “nur” noch den Rückbau der EU zu einer Wirtschaftsgemeinschaft ohne Euro. Der “Dexit” soll bloß noch die “letzte Option” sein. Doch die politische Konkurrenz nimmt das nicht ernst.
Die CSU verspottet die AfD bereits seit Tagen als “deutsche Brexit-Partei”. Auch der Spitzenkandidat der Union für die Europawahl, Weber, will die rechte Konkurrenz mit diesem Etikett triezen.
Dabei sind CDU und CSU am aktuellen Brexit-Chaos nicht ganz unschuldig. Sie unterstützen vorbehaltlos den Brexit-Vertrag der EU, der am Dienstag im britischen Unterhaus krachend scheitern dürfte…
Siehe auch “Die ersten Brexit-Opfer”
[wp_ad_camp_1]
Watchlist:
- Wie wird die Bundesregierung auf die jüngsten Provokationen von US-Botschafter Grenell reagieren? In einem Brief an mehrere Firmen, die an der geplanten deutsch-russischen Pipeline Nord Stream II beteiligt sind, warnte Grenell vor US-Sanktionen. Nach Ansicht vieler Beobachter hat er damit eine rote Linie überschritten – Grenell ist untragbar geworden!
- Wird die EU der britischen Premierministerin May in letzter Minute zur Seite springen? Am Dienstag will May den umstrittenen EU-Austrittsvertrag im Unterhaus zur Abstimmung stellen. Am Wochenende liefen geheime Verhandlungen über eine mögliche EU-Erklärung, die May helfen könnte, doch noch irgendwie eine Mehrheit zustande zu bekommen.
Was fehlt:
- Der “Brief an die Franzosen”, mit dem Präsident Macron auf die Bewegung der “Gelbwesten” antworten will. Er wolle “Wut in Lösungen” verwandeln, schrieb Macron in dem am Sonntag veröffentlichten Schreiben. Die Vorschläge der Bürger sollten helfen, “einen neuen Vertrag für die Nation” zu entwerfen. “Verbotene Fragen” gebe es nicht, betonte der Präsident. Dennoch waren die erste Reaktionen negativ – die Krise in Frankreich geht weiter…
- Die Regierungskrise in Griechenland. Verteidigungsminister Kammenos von der rechen Partei Unabhängige Griechen reichte am Sonntag seinen Rücktritt ein. Regierungschef Tsipras forderte daraufhin eine Vertrauensabstimmung. Der Streit dreht sich um die Umbenennung Mazedoniens in “Republik Nordmazedonien”. Sie war u.a. von Kanzlerin Merkel gefordert worden, die Tsipras am Freitag besucht hatte. Ohne die Umbenennung kann das Land nicht der EU und der Nato beitreten.
Siehe auch “Mazedonien: sind das die neuen EU-Standards?”
H.
14. Januar 2019 @ 13:17
P.S.: Die AfD ist und bleibt natürlich dennoch unwählbar. Dafür gibt es immer noch reichlich Gründe.
Peter Nemschak
14. Januar 2019 @ 16:27
….und dennoch wird sie von vielen gewählt werden. Zu viel Angst sollten wir nicht vor den europäischen Rechtspopulisten haben. Was Ihnen ideologisch fehlt, ist der Wille zur transnationalen Zusammenarbeit. Sie sind eben genetisch national beschränkt.
H.
14. Januar 2019 @ 13:15
Das ist stark: Wir können nicht für die Auflösung der Währungsunion sein, weil damit die Unterbewertung unserer Währung aufgehoben und die Exportüberschüsse verschwinden würden? Und um diese unterbewertete Währung beibehalten zu können, müssen wir unsere europäischen Partner finanziell unterstützen, die sich sehr gut selber helfen könnten, wenn “wir” sie nicht über eine absolut unfaire beggar-thy-neighbour policy niederkonkurriert hätten? Diese Position ist mindestens so unsinnig wie die der AfD und hat auch keinerlei Zukunftsperspektive. Um eine Art “Länderfinanzausgleich” in EWU zu installieren, wären laut FRA Ökonom Sapir ca. 12 % des DEU BIP nötig. In DEU würde sich das v.a. als Verteilungsfrage stellen. Viel Spaß dabei.
ebo
14. Januar 2019 @ 13:38
Wer hat das gesagt? Während der Eurokrise wurde in diesem Blog oft über die Auflösung der Währungsunion gesprochen, auch der Austritt Deutschlands wurde erwogen. Mir ist aber nicht bekannt, dass die AfD die (schädlichen) deutschen Überschüsse abbauen wollte. Im Gegenteil: Sie will offene Exportmärkte, ohne etwas dafür zu zahlen und für irgendetwas zu haften. Alle sollen deutsche Produkte kaufen, aber niemand soll Schulden machen! Das geht aber nunmal nicht, wie Gauland & Co. auch bei ihrem Idol Trump lernen könnten, der es Deutschland nun auf die harte Tour beizubringen versucht…
Peter Nemschak
14. Januar 2019 @ 15:08
Wie wäre es, wenn die anderen Länder Produkte erzeugten, die von den Deutschen begierig gekauft würden? Auch die Amerikaner ziehen deutsche Autos ihren eigenen vor. Es wird schwer sein, den Deutschen eine Wirtschaftspolitik im Interesse der Handelspartner zu verkaufen bzw. aufzuzwingen. Staaten handeln nun einmal in ihrem eigenen kurzfristigen Interesse. Das sollte vor allem Trump in seiner Gedankenwelt verstehen und nachvollziehen können.
ebo
14. Januar 2019 @ 15:37
Sie denken immer wie der ideelle deutsche Gesamtkapitalist, der nur auf Exportmärkte starrt (also fast wie Merkel). Dass es andere Länder mit anderen Wirtschaftsmodellen geben kann, z.B. mehr Binnenmarkt-orientiert, scheint Ihnen nicht in den Sinn zu kommen. Wie überleben denn Länder wie Österreich, die Schweiz oder Liechtenstein, die die Märkte nicht mit ihren Waren überschwemmen?
Claus
14. Januar 2019 @ 11:50
„Die AfD wird unwählbar“ (?)
Mann, lieber ebo! Da stelle ich mir gerade jemand an der Wahlurne vor, der keine unkontrollierte Migration in die von ihm finanzierten Sozialsysteme wünscht, der die „Energiewende“ für unsinnig hält, der nicht an den menschengemachten Klimawandel glaubt, der dem unsinnigen EU-Grenzwert- wie auch Diesel-Theater nichts abgewinnen kann und auch zukünftig ein Auto braucht, mit dem sich mehr als 200 km am Tag fahren lässt, der mit seinen 2 oder 3 Jobs nicht der Ansicht ist, dass es ihm finanziell blendend geht, obwohl ihm das permanent regierungs- und medienseitig eingehämmert wird, der in Sachen Euro auch schon mal was von TARGET 2 gehört hat und nicht versteht, wieso er das von ihm erarbeitete Exportwunder selbst finanziert und mit einer total irrwitzigen, ungedeckten und ungesicherten Summe von knapp € 1 Billion (1.000.000.000.000) auch noch dafür mithaftet, ganz abgesehen von den versteckten hunderten von Milliarden für diverse alternativlose „Rettungsschirme“, denen er auch nichts abgewinnen kann. Dem seine ohnehin kläglichen Sparbuch-Zinsgewinne und Altersrücklagen wegen der mediterran eingeführten Nullzins-Geldschwemme der EZB dahingeschmolzen sind. Und der andere Parteien nicht mehr ernst nimmt, die JETZT aber unbedingt etwas tun wollen, auch gegen die zunehmend sichtbare Altersarmut, weil er glaubt, dass sie die es nach Dekaden der Macht schon längst hätten tun können. Zudem hat er mit der Öko-Religion, dem Kommunismus und dem Gender-Gaga nichts am Hut und hält die jetzige EU und den Euro eher für ein Spaltungs- als ein Friedenprojekt.
Soll der nun wegen Anweisung aus Brüssel „AfD unwählbar“ weinend aus dem Wahllokal laufen?
Dann stelle ich mir einen Politiker vor, der der Meinung ist, dass das EU-Parlament wegen fehlender Legislativkraft und demokratischer Legitimation mitsamt seinem Wanderzirkus Brüssel / Straßburg überflüssig ist, unnötige Kosten verursacht und abgeschafft gehört. Wenn ihm auf demokratischem Wege nicht möglich ist, daran zu arbeiten, sollte er dann besser mit einer Wasserpistole vor der Wiertzstraat 60 in Brüssel aufziehen?
ebo
14. Januar 2019 @ 12:09
Kann ich mir auch alles vorstellen, auch wenn ich es nicht teile. Aber dann sollte dieser Mann die Europawahl boykottieren und bei der nächsten Bundestagswahl “seine” Partei wählen. Die AfD sollte konsequent sein und keine Kandidaten für Brüssel aufstellen – oder Farbe bekennen und verraten, mit wem sie im Europaparlament zusammengehen will. Wird es Madame Le Pen? Oder Salvini? Oder fühlen sie sich bei Weber und seinen Fidesz-Freunden wohler?
Kleopatra
14. Januar 2019 @ 12:42
Bekanntlich ist die Europawahl für viele Wähler eine nationale Sekundärwahl (d.h. eine, bei der man seine Meinung zur nationalen Politik ausdrückt und, weil es keinen Einfluss auf die Regierungsbildung hat, auch exzentrische Parteien leichter wählen kann). Solche Wähler können erst recht bei der Europawahl AfD, Linke, die PARTEI e tutti quanti wählen (zudem diesmal noch nicht die Fünf-Prozent-Klausel gilt). Wer aber ausdrücken will, dass er vom Europaparlament nichts hält, warum sollte er nicht erst recht eine Partei wählen, die es abschaffen will?
Nebenbei hat ja auch Joschka Fischer vorgeschlagen, die Europawahlen abzuschaffen (in seinem Fall: und es durch Delegationen der nationalen Parlamente zu ersetzen).
Die Eventualität, dass die AfD von der EVP-Fraktion aufgenommen wird, sehe ich nicht. Aber solange die Fraktionen im Europaparlament eine praktische Bedeutung haben, wird andererseits keine Fraktion, schon gar keine, die den Anspruch hat, die größte zu werden, eine Partei mit etwa einem Dutzend sicheren Mandaten (Stichwort Fidesz) ausschließen. So etwas hat man sich m.W. zuletzt geleistet, als es (für die Sozialdemokraten) noch keine Kommissionspräsidentschaft zu gewinnen gab (zeitweiliger Ausschluss der slovakischen Smer-Partei).
ebo
14. Januar 2019 @ 13:14
Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Natürlich wird manch einer AfD oder Le Pen wählen, um Merkel oder Macron eine Klatsche zu geben. Le Pen ruft ja sogar offen dazu auf. Doch die Lepenisten wollen das Europaparlament aufmischen, die AfD will es abschaffen. Das ist nicht dasselbe. Ähnlich verhält es sich mit Luckes Anliegen, den Euro noch deutscher zu machen – und dem Plan der AfD, die ihn abschaffen will. Auch das ist nicht dasselbe. Mir scheinen Le Pen und Lucke intelligenter.
Ralf Terbauer
14. Januar 2019 @ 11:05
“Denn warum sollte man bei der Europawahl im Mai für einen AfD-Kandidaten stimmen, der das Parlament, in das er dann (möglicherweise) gewählt wird, abschaffen möchte? Das ist in sich widersinnig.”
Au contraire, mon Capitan!
Von innen lässt sich vortrefflich vorführen, was für eine Witzveranstaltung das eigentlich ist. Leider ist Sonneborn zu sehr im linken Denken verhaftet, sonst hätte er das Ding im Alleingang erledigen können.
Fritz Gerhard
14. Januar 2019 @ 10:23
Der kommentierende Text zur aktuellen AfD-Parteiversammlung für die EU-Wahlen – leider ohne Autorenangabe – entspricht in allen Punkten dem, was uns die Brüsseler Zentralverwaltung siet Jahren wider besseres Wissen weismachen will: Weiter so wie bisher, zugunster derer, die aus all dem Kapital schlagen: Spekulanten und Geldverkäufer. Mit einer nie dagwesenen Arroganz versuchen die Vertreter eines fehlgegangenen Modells ihren Ladenhüter “EU”an die Dummen zu verkaufen. Der Euro, das kommt hinzu, wurde nur gemacht, um die harte deutsche Währung zu beseitigen und Deutschland weiterhin als größten Finanzier dieses Spekulantenclubs am Tisch zu haben. Dazu gibt es klare Äußerungen von Spitzenpolitikern. Deutschland soll weiterhin der Blöde sein, der anderen die Kasse füllt. Das mit der Konkurrenzfähigkeit ist eine ebensolche Dummbehauptung, denn wir waren vor dem Euro und der EU sehr wohl konkurrenzfähig. Fazit: Alles Dummgefasel von Möchtegern-Experten.
Gerade jetzt wird die AfD umso wählbarer, nachdem sie ihre Positionen abgegeben hat. Weiter so AfD !
Peter Nemschak
14. Januar 2019 @ 14:38
Es wird immer Unzufriedene geben, sowohl bei der AfD wie bei den Linken. Die in der Marktwirtschaft Erfolglosen sammeln sich an den politischen Rändern als Feinde einer liberalen marktwirtschaftlichen Ordnung, welche der Mehrzahl der Menschen nicht nur in Asien sondern auch in Europa Wohlstand gebracht hat. So gesehen bleibt die AfD durchaus wählbar, eine Partei der Frustrierten, die mit unserer Gesellschaft nichts anzufangen wissen.