Die abhängige Kommission, die verkappte Online-Zensur – und Homeoffice forever?

Die Watchlist EUropa vom 26. Mai 2021 –

Die Wächterin der EU-Verträge will sie sein, die Europäische Kommission. Und zugleich eine Art EU-Regierung – unabhängig, überparteilich und nur dem europäischen Gemeinwohl verpflichtet. Doch seit sich die Staats- und Regierungschefs “ihre” Kommissionschefin selbst ausgesucht haben, kann man beides vergessen. Unter von der Leyen ist die Brüsseler Behörde abhängig geworden.

Dies hat sich am Montag gleich an zwei Beispielen gezeigt: der Klimapolitik und dem Rechtsstaat. In beiden Fällen agiert die Kommission wie eine Erfüllungsgehilfin des Rates.

Beispiel Klima: “Ich habe mir die Ansichten der Mitgliedstaaten darüber, wie wir dies effektiv und fair tun, sehr genau angehört”, sagte von der Leyen nach dem EU-Gipfel, bei dem es um die Erreichung des 55-Prozent-Ziels ging.

Von der Leyen hat “sehr genau” zugehört

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Es sei klar, dass einige Maßnahmen soziale Auswirkungen haben könnten, so die CDU-Dame. Die EU stehe bereit, um “einen angemessenen sozialen Ausgleich zu gewährleisten”.

Die EU? Von der Leyen will Polen mehr Geld aus dem EU-Budget versprechen, damit Deutschland nicht so viel zahlen muß. Sie will es allen recht machen und niemandem weh tun. So läuft das in Brüssel.

Beispiel Rechtsstaat: Die EU-Kommission weigert sich, den am 1. Januar neu eingeführten Rechtsstaatsmechanismus anzuwenden. Sie folgt damit den Vorgaben des Rats, der gegenüber Ungarn und Polen eingeknickt war.

Das Parlament stellt ein Ultimatum

Doch das Europaparlament will dies nicht länger hinnehmen. Es hat ein Ultimatum zum 1. Juni gestellt – ansonsten droht eine Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Es gibt keine vertretbare Rechtfertigung für die EU-Kommission, die Auslösung des Rechtsstaatsmechanimus weiter herauszuzögern”, heißt es in einem Brief, den EU-Abgeordnete aller großen Fraktionen unterzeichnet haben. “Die Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus darf auch nicht von der Ausarbeitung eines ‚Leitfadens‘ durch die EU Kommission abhängen.

Doch genau das – das Warten auf einen “Leitfaden” – haben die Staats- und Regierungschefs von der Leyen ins Stammbuch geschrieben. Diesen “Leitfaden” werden die Chefs selbstverständlich auch noch prüfen. Sie führen die Kommission an der kurzen Leine.

Neben der Untätigkeitsklage sollten die Europaabgeordneten deshalb gleich auch noch eine Unabhängigkeitserklärung aufsetzen – nach dem Motto: Wenn die Kommission so abhängig ist, dann machen wir künftig unser eigenes Ding…

Siehe auch EU-Gipfel: So tun, als ob und “Klimapolitik: Streit um “Fit for 55”

Watchlist

Kommen neue Zensurauflagen für Google, Facebook & Co.? Dies ist die Frage, wenn die EU-Kommission am Mittwoch einen neuen “Verhaltenskodex gegen Desinformation im Internet” vorstellt. Er zielt auf Online-Werbung, die angeblich mit Fake News befeuert wird. Google & Co. sollen irreführende Anzeigen künftig noch schneller zurückweisen. Doch das hat erhebliche Auswirkungen. So lehnt Facebook schon jetzt die Werbeanzeigen dieses Blogs ab, weil es sich angeblich um “politische Werbung” handele. Widerspruch zwecklos – da ist niemand, der deutsch versteht und begreift, worum es hier wirklich geht…

Was fehlt

Die neue Homeoffice-Strategie der EU-Kommission. Nach einem Bericht des belgischen “Soir” will die Brüsseler Behörde auch nach dem Ende der Corona-Pandemie an Heimarbeit für ihre Beamten und Angestellten festhalten – und bis zu 30 Prozent der Büros aufgeben. Damit dürften ganze Stadtviertel verwaisen. Das Europaviertel und der Stammsitz am Rond-point Schuman seien aber nicht betroffen, heißt es. Und Behördenchefin von der Leyen auch nicht – die wohnt ja schon im Homeoffice im 13. Stock und geht kaum noch auf die Straße…