Diamanten: G-7 bringen Belgien in die Bredouille
Die G-7 wollen den Handel mit russischen “Blutdiamanten” einschränken. Ein Großteil davon wird bisher in Belgien verarbeitet.
Die belgische Hafenstadt Antwerpen gilt als Welt-Hauptstadt der Diamanten. Zigtausend Arbeitsplätze hängen an Handel und Verarbeitung. Deshalb hat Belgien bisher alle Versuche der EU blockiert, ein Embargo auf russische Edelsteinen zu verhängen.
Nun versuchen es die Russland-Feinde auf dem Umweg über die G-7. Wie üblich sind wieder einmal die Briten vorgeprescht. London werde ein “Verbot für russische Diamanten” verhängen , hieß es schon vor dem Gipfeltreffen in Hiroshima.
Damit setzt ein Nicht-EU-Land die Regierung eines EU-Lands unter Druck – eigentlich ein No-Go. Um den sauren Apfel ein wenig schmackhafter zu machen, ist bei der G-7 nicht von einem Verbot, sondern nur von Beschränkungen die Rede.
Man wolle den Handel mit russischen Diamanten “begrenzen”, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel mit. Er ist selbst Belgier und war sogar mal Premierminister. Vielleicht ist so das Schweigen der belgischen Regierung zu erklären.
Glücklich kann sie mit der Ankündigung jedoch nicht sein. Denn was heißt begrenzen? Und wie soll das funktionieren? Die G-7 wissen es selbst nicht. Sie wollen eine Expertengruppe einsetzen, die darüber nachdenken soll, wie man russische Diamanten markieren und dann diskriminieren kann.
Doch selbst wenn das gelingen sollte: Der Handel wird Belgien verloren gehen – und sich stattdessen anderswo etablieren, etwa in Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die EU lässt sich mal wieder treiben – um am Ende zu verlieren…
Siehe auch den “Open Thread zum G-7-Gipfel”
P.S. ein Teil des Geschäfts ist schon nach Indien abgewandert, wie “Le Soir” meldet. In Antwerpen und Brüssel hofft man nun auf ein möglichst umfassendes Embargo – doch die nötige Technologie zur Nachverfolgung der russischen Diamanten existiert noch nicht…
Hekla
20. Mai 2023 @ 14:45
@ ebo: „Damit setzt ein Nicht-EU-Land die Regierung eines EU-Lands unter Druck – eigentlich ein No-Go.“
Also Business as usual, das seit Februar 2022 bewährte Standardverfahren.
ebo
20. Mai 2023 @ 14:49
Nein, bisher hat man noch Rücksicht aufeinander genommen. Aber vor allem in Deutschland und in den Niederlanden scheint der Wunsch, wieder mit UK ins Geschäft zu kommen, größer.
Helmut Höft
20. Mai 2023 @ 10:56
@european
… dass die bisherigen Sanktionen gegen jede Vernunft waren und alle nicht gewirkt haben. Guter Mann. Man sollte hierzulande endlich begreifen, dass ein währungssouveräner Staat mit reichlich vorhandenen Ressourcen aller Art nicht aus der Welt zu sanktionieren ist. Das Bisschen Mikroelektronik was fehlt wird notfalls aus Küchen- oder TVgeräten ausgebaut. Darüberhinaus wirken hier die Sanktionen als Turbo für Eigenentwicklungen.
Naja, wenn’s doch gegen Putin geht, da darf man das Denken und Sprechen schon mal einschränken! *facepalm*
european
20. Mai 2023 @ 10:10
Sieh an, die Ungarn, diese Quertreiber ;). Da schreibt heute der Guardian.
“Hungary has stepped up threats to block further EU funds for weapons to aid Ukraine, marring a show of unity from western nations at the G7 summit.”
https://bit.ly/3Mk8eQF
Es geht u.a. um die 500 Mio aus der sogenannten Friedensfacilität. Ungarn will das verhindern und der ungarische Außenminister sagt nicht nur das, sondern auch, dass die bisherigen Sanktionen gegen jede Vernunft waren und alle nicht gewirkt haben.
“Speaking on Thursday, Szijjártó also said the EU’s latest Russia sanctions plan was “fully contrary to common sense” and that the previous 10 had failed, according to a report on a Hungarian government website.”
KK
19. Mai 2023 @ 14:29
Nach der Bankenkrise 2008 trug Georg Schramm in einer damaligen Folge der Anstalt ein Schild mit der Aufschrift “Jump You Fuckers” um den Hals – als Empfehlung an all die Bänker, die – nicht nur – sich in den Ruin gestürzt hatten, mit ihrem Versagen umzugehen.
Es wäre doch an der Zeit, den Entscheidern in der EU auch mal Empfehlungen zu geben, wie sie mit ihren Minderleistungen im Sinne des Souveräns und der ihnen anvertrauten Volkswirtschaften umgehen sollten.
Sie müssen ja nicht direkt springen, Rücktritte, und zwar reihenweise, und dann zeitnahe Neuwahlen (auch wenn die wirklich Besserung versprechenden Alternativen dünn gesät sind) wären ein guter Anfang!