Deutschland wird zum Problem
WATCHLIST EUROPA 21.11.2017 – Bisher galt die Regel: Was gut ist für Deutschland, ist auch gut für EUropa. Was Merkel will, das kriegt sie auch, hieß es in Berlin und Brüssel. Doch damit ist es nun vorbei.
Am Montag hat die „Führerin der freien Welt“ nicht nur die Führung über „Jamaika“ verloren. Am Montag gingen auch die Bewerbungen um zwei EU-Agenturen verloren. Deutschland wollte alles – und bekam nichts.
Das ist ein Schock für eine Kanzlerin, die es gewohnt war, die Parteien vor sich her zu treiben und ganz EUropa zu dominieren. Energiewende, Eurokrise, Flüchtlingskrise – überall gab sie den Ton an.
Lange sah es so aus, als käme Merkel damit durch, als würden nur die anderen den Schaden haben und sie den Nutzen. Doch nun fällt ihre Krisen-Bilanz auf sie selbst zurück. Die Arroganz rächt sich.
Denn es waren ja nicht die Probleme der FDP oder der Grünen, die „Jamaika“ lösen sollte, sondern die Krisen von CDU/CSU und ihrer Kanzlerin. Es sind Merkels Probleme, an denen die Koalition gescheitert ist.
Klar, wie FDP-Chef Lindner den Verhandlungstisch verlassen hat, war nicht die feine englische Art. Aber sollen denn alle Parteien über ihre Schmerzgrenze gehen (wie die Grünen), damit Merkel ewig regieren kann?
Und soll Europa in Sack und Asche gehen, weil die „Leaderin“ Probleme hat? Nein, das eigentliche Problem war ja gerade Merkels Führung, die den Nutzen für Berlin maximierte und die Kosten externalisierte.
Also keine Trauer. Sondern die leise Hoffnung, dass Merkel nun endlich wieder auf Normalmass schrumpfen möge – und Deutschland sich in Europa wieder wie ein normales Land aufführen werde.
Wahrscheinlich ist dies allerdings nicht. Wahrscheinlicher ist, dass Merkel weitermacht, als wenn nichts geschehen wäre. Und dass sie die EU so lange hinhält, bis sie ihren Willen bekommt, wie üblich.
Siehe auch „Merkel macht, was sie will – trotz Jamaika“
WAS FEHLT: Problem-Bewußtsein. Monatelang wurde uns eingehämmert, das größte Problem in EUropa seien die Populisten in Holland und Frankreich. Deutschland, „die Macht in der Mitte“, sei gegen alle Probleme gefeit, verkündeten die Experten. Und nun? Haben Sie irgend jemand gehört, der diese Fehl-Diagnose zurückgenommen oder wenigstens revidiert hätte?
Siehe auch „Wo Münkler irrt“ (der Autor von „Macht in der Mitte“)
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Oudejans
22. November 2017 @ 16:50
Der Spiegel wird titeln…
http://magazin.spiegel.de/SP/2017/48/home/images/co-sp-2017-048-0001-ipad.1d631b2.jpg
Goodwin’s law?
Peter Nemschak
21. November 2017 @ 14:14
Ob Merkel gute oder schlechte Arbeit gemacht hat, darüber gibt es kontroversielle Urteile. Auch das ist Demokratie. Der Grexit wäre kein Unglück für die EU gewesen. So ein Ereignis muss ein Bund von Staaten aushalten, ohne daran zugrunde zu gehen. Auch in der Flüchtingsfrage gibt es unterschiedliche Einschätzungen (siehe u.a. H.Münkler).
Peter Nemschak
21. November 2017 @ 09:51
Dass Deutschland zum Problem wird, hätten manche deshalb gern, damit sie es aus ihrer ideologischen Sicht lösen können. Ob dies die bessere Alternative wäre, ist Ansichtssache. Ich glaube: nein.
ebo
21. November 2017 @ 10:00
Lesen Sie noch Zeitungen? „Europa wartet auf die Deutschen“, meldet die Süddeutsche. „Europas Angst vor einem labilen Deutschland“, titelt die Welt. Nur Münkler sieht „Merkel gestärkt“ – im Donaukurier 🙂
Peter Nemschak
21. November 2017 @ 12:09
Die Zeitungen sind von hysterisch bis gelassen. Ich musste lachen, dass die NZZ gestern bestätigte, was ich mir schon vorher dachte: die europäische Welt und Deutschland werden nicht untergehen, nur weil Deutschland bis auf weiteres eine geschäftsführende Regierung hat. Da sieht man den Unterschied zwischen einer afrikanischen Diktatur, die ihren jahrelangen Häuptling loswerden will, und einer reifen europäischen Demokratie. Also machen Sie sich wegen zu wenig Stabilität nicht zu viele Sorgen.
ebo
21. November 2017 @ 12:32
Erstens ist Stabilität kein geeignetes Kriterium in einer Demokratie, und zweitens mache ich mir darum auch keine Sorgen. Wenn Sie den Newsletter zu Ende gelesen haben, werden Sie entdecken, dass Merkel weiter macht, als wenn nichts geschehen wäre. Wie nach dem von ihr mitverschuldeten Beinahe-Grexit, wie nach dem Flüchtlingsdrama, wie nach dem Brexit, der verlorenen Bundestagswahl etc. pp Sie handelt, als habe sie mit all dem nichts zu tun. Jamaika war für sie nur ein weiteres Zweckbündnis zur Sicherung der Macht.
Ein Europäer
21. November 2017 @ 09:01
Das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der CDU eingefahren, aber 58 % wollen das Merkel weitermacht.
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