“Deutschland ist zurück”, EUropa ist ganz klein – und Ungarn ist nicht allein
Die Watchlist EUropa vom 18. März 2025 – Heute mit News und Analysen zum deutschen Mega-Finanzpaket, den Folgen für die EU und den zunehmenden Problemen mit Rechtsstaat und Demokratie
CDU-Chef Merz war mit sich und der Welt zufrieden. “Deutschland ist zurück, Deutschland leistet seinen großen Beitrag zur Verteidigung der Freiheit und des Friedens in Europa”, erklärte Merz nach der Einigung mit SPD und Grünen auf ein Rundum-Sorglos-Paket für die nächste Bundesregierung, das mehr als eine Billion Euro neue Schulden – pardon: “Sondervermögen” – bringen dürfte.
Am Dienstag soll der Bundestag den Weg für das umstrittene Finanzpaket freimachen und – obwohl eigentlich abgewählt – das Grundgesetz ändern. Noch ist unklar, ob die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit zustande kommt – viele Kritiker appellieren an die Abgeordneten, mit Nein zu stimmen.
Klar ist aber schon jetzt, was das Merz’sche Ermächtigungsgesetz für EUropa bedeuten würde: Die EU und die meisten Mitgliedsstaaten werden an den Rand gedrängt. Dies zeigt ein Blick auf die Zahlen.
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- Ein Blankoscheck für “Verteidigung”, völkerrechtliche angegriffene Staaten, Zivilschutz und Nachrichtendienste: Wenn das kommt, könnte Deutschland nicht nur das absehbare neue Nato-Ziel von 3,5 Prozent des BIP erreichen. Die Bundeswehr dürfte auch größer werden als die polnische Armee, und Berlin könnte die von Brüssel geforderten 40 Mrd. Euro für die Ukraine aus der Portokasse zahlen. Deutschland würde zur größten Militärmacht EUropas – was seit dem 2. Weltkrieg niemand wollte!
- 500 Milliarden Euro für das Infrastrukturpaket, davon 100 Milliarden für Klimaschutz: Das ist fast so viel, wie die EU nach der Coronakrise für den Wiederaufbaufonds aufgebracht hat (672,5 Mrd. Euro) – und viel mehr, als jedes einzelne EU-Land aus Gemeinschaftsmitteln erhält. Auch im Klimaschutz “toppt” Berlin alle anderen – mit unabsehbaren Folgen.
Huch, wir haben die EU geschrumpft
Die einst auf deutschen Druck erlassenen EU-Schuldenregeln werden obsolet, auch wenn Kommissionschefin von der Leyen dies nicht zugeben will. Sie plant bisher nur, die Rüstungsausgaben von den Limits freizustellen.
Auch die EU-Beihilferegeln sind nur noch Makulatur. Wenn Deutschland wie geplant mit 400 Mrd. Euro seine Infrastruktur aufmöbelt und die Industrie päppelt, kann von einem fairen Wettbewerb keine Rede mehr sein.
“Wir wollen unser Land von fiskalischen Fesseln befreien”, so SPD-Chef Klingbeil. Doch er hat nicht nur die überkommene Schuldenbremse gelockert, sondern nebenbei noch die EU geschrumpft und ihre Regeln gesprengt.
Willkommen im deutschen EUropa – mit Merz und von der Leyen als neue Schul(den)Meister. Der Größenwahn kennt keine Grenzen mehr…
Siehe auch Aufgelesen: Stimmen Sie am 18. März (!) mit Nein
News & Updates
- EU-Sanktionen gegen Kongo fallen auf Belgien zurück. Als Reaktion auf die Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo weitet die EU ihre Sanktionen aus. Brüssel hat Strafmaßnahmen gegen neun Personen verhängt. Unterdessen hat das ebenfalls in den Konflikt verwickelte Ruanda die diplomatischen Beziehungen mit Belgien gekappt. Die Regierung in Kigali erklärte, belgische Diplomaten müssten binnen 48 Stunden das ostafrikanische Land verlassen.
- Trotz Massaker: Mehr Hilfe für Islamisten in Syrien. Ungeachtet der Massaker an Zivilisten im Westen Syriens hat Deutschlands Noch-Außenministerin Baerbock (Grüne) der islamistischen Übergangsregierung in Damaskus 300 Mill. Euro zusätzliche Hilfen für Syrien zu. In Brüssel forderte sie zugleich einen “inklusiven politischen Prozess”. Wie beruhigend…
- Ukraine: Trump-Putin-Deal rückt näher. Die Chancen für eine Verständigung stünden sehr gut, sagte Trump. Auf die Frage, um welche Zugeständnisse es gehe, antwortete der US-Präsident nach Angaben von US-Medien, die Diskussion drehe sich unter anderem um Gebietsansprüche und Kraftwerke. – Mehr im Blog
Das Letzte
Ungarn bei Rechtsstaats-Problemen nicht mehr allein. Wenn es um den Rechtsstaat geht, zeigt die EU immer wieder mit dem Finger auf Ungarn und Viktor Orban. Doch auch in Italien, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei ist der Rechtsstaat auf dem Rückzug, mahnt die “Civil Liberties Union for Europe (Liberties)”. Auch in Frankreich, Deutschland und Polen gibt es immer mehr Probleme. So wird das Budget in Paris fast nur noch am Parlament vorbei verabschiedet, mithilfe einer Notstandsregel. Und in Deutschland wird jeder Protest zugunsten der Palästinenser unterdrückt, der frühere griechische Finanzminister Varoufakis darf nicht mal mehr einreisen. Doch dazu sagt die EU-Kommission nichts….
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Machtkritik
18. März 2025 @ 21:36
““Deutschland ist zurück””
Wie viele der heutigen sPD MdBs wohl als Jusos mit “Nie wieder Deutschland” skandieren auf Demos sozialisiert wurden?
KK
18. März 2025 @ 14:44
„Merz’sche Ermächtigungsgesetz“
Genau dieser Begriff [Ermächtigungsgesetz!] kam mir als erstes in den Sinn, als ich von den Plänen mithilfe des abgewählten Parlaments erfahren hatte…
Machtkritik
18. März 2025 @ 22:09
Liegt aktuell im Trend, vgl. https://www.youtube.com/watch?v=7KzckXq_XRo&t
Michael
18. März 2025 @ 14:36
… vor allem werden in Deutschland die Verbrechen der Kolonie Israel in Palästina, vom Genozid in Gaza, über Massenmorde in der Westbank, bis hin zu diversen Kriegsberbrechen in Syrien, im Lebanon und im Yemen, von der Politik totgeschwiegen, und die Medien folgen größtenteils dem Vorbild der Macht!
Kleopatra
18. März 2025 @ 10:37
Da Deutschland ungefähr doppelt soviel Einwohner hat wie Polen, wäre es nicht abwegig, wenn Deutschland auch mehr Soldaten hätte als Polen. Vor allem aber fürchten viele Polen nicht, von einer großen deutschen Armee angegriffen zu werden, sondern von einer russischen Armee überrannt zu werden, weil die deutsche Armee, die ihnen zur Hilfe kommen müsste (NATO, EU und so weiter), zu schwach ist.
Der exzessive Umfang der Ermächtigungen erklärt sich freilich daraus, dass man auf Vorrat verfassungsrechtliche Möglichkeiten schaffen wollte, die nach der Konstituierung des neuen Bundestags nicht mehr beschlossen werden könnten, da der neue Bundestag eine prorussische Sperrminorität hat.
Monika
18. März 2025 @ 12:26
…der neue Bundestag eine „prorussische Sperrminorität“ hat…
Aber Kleopatra! So, genauso sollte und MUSS DEMOKRATIE funktionieren!
Die Wähler*innen bestimmen welchen „Kurs“ ihre gewählte Exekutive einschlagen soll. Gerade angesichts von Krieg und Frieden ist es keine Petitesse, ob Kriegsbefürworter oder besonnenere Stimmen für einen friedlichen Interessensausgleich in der EXEKUTIVE stehen. Dieses Wort bedeutet ja schon, dass sie nur ausführendes ORGAN sind und eben nicht ihre Privatinteressen zur Geltung bringen dürfen.
Die Mehrheit der Wähler*innen lehnt eine Lösung durch Krieg ab.
Es wird derzeit viel von Waffenkategorien geschwatzt. Totale Vernichtung (auch nicht die des Gegners) kann keine „Kategorie“ sein.
Das orgiastische Kriegsgeschrei und die unbeschränkte Aufrüstung bringt nicht dem Feind die erwünschte „maximale Unsicherheit“ sondern mit Sicherheit die Vernichtung für eine Unzahl Menschen, wenn nicht des Planeten.
Da spätestens sollte der „Spaß Ideologie“ enden.
Skyjumper
18. März 2025 @ 15:12
Mittelgroße Korrektur:
Die Wähler bestimmen leider nicht die Exekutive (= Regierung), sondern die Legislative (= Bundestag).
Ansonsten haben Sie völlig Recht. Der Souverän (= Bürger) hat am 23.02.25 eine neue Zusammensetzung des Bundestages bestimmt. Und diese neue Zusammensetzung reicht (voraussichtlich) nicht um den von der (noch mutmaßlichen) neuen Bundesregierung gewünschten Verfassungsänderung durchzusetzen.
Und man muss unterstellen, dass die für eine Grundgesetzänderung erforderliche 2/3 Mehrheit bewußt schwieriger zu erreichen ist als die relativ einfache Regierungsmehrheit. Und wenn der Wähler diese 2/3 Mehrheit nicht mehr fortgeschrieben hat, ist dieser Wählerwille zu respektieren. Der Demokratie wird gerade jetzt im deutschen Bundestag Hohn gesprochen. Unterstützt von dem deutschen Verfassungsgericht.
Monika
18. März 2025 @ 22:16
@ Skyjumper sie haben natürlich recht, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Klar, wir wählen mit dem Bundestag die Legislative. Die bestallte Regierung als Exekutive lässt sich eventuell neu benötigte Gesetze vom gewählten Mehrheitsverhältnis der Parteien im Bundestag passgenau “stricken” (diverse Koalitions- und Fraktionszwänge…) und bestimmt mittels dieser neuen Gesetze dann das politische Handeln.
Eine Bundeskanzler*in wird bekanntlich auch nicht von den Wählern gewählt, obwohl die Wahlkämpfe der Parteien mit dem Promoten der Kanzlerkandidaten suggerieren, der Wähler würde den Kanzler wählen, wenn er eine bestimmte Partei ankreuzt. “Gefühlt” sind es jedoch die Kanzlerkandidaten der Parteien, die als Aushängschilder den Exekutivkurs der künftigen Regierung vorzugeben scheinen. Als Wähler hat man somit immer die Wahl zwischen diversen Katzen im Sack…
KK
18. März 2025 @ 15:06
„…da der neue Bundestag eine prorussische Sperrminorität hat.“
Der alte Bundestag hat dafür eine wählerverachtende Einstellung, indem er heute voraussichtlich mit 2/3-Mehrheit den Wahlbetrug des mutmasslich künftigen Bundeskanzlers unterstützt und damit selbst einen Akt der „Delegitimierung“ der Werte unserer Verfassung vollzieht, indem es einen weiteren Nagel in das Vertrauen der Bürger in die real existierende Demokratie schlägt.
Das Handeln mag zwar nach dem Wortlaut der Verfassung gerade noch legal sein, der Geist unserer Verfassung besteht aber darin, dass ein abgewähltes Parlament nicht derart weitreichende Entscheidungen dem neuen, vom Wähler ausdrücklich so in anderer Zusammensetzung gewünschten, unterschieben kann. Ein derartiges Hauruck-Verfahren kann dem Grunde nach nicht verfassungskonform sein, was die Fristenregelungen im Artikel 77 Abs. 2 und 3 GG belegen! Selbst bei Eilbedürftigkeit sind 3 Wochen Bedenkzeit nach Vorlage des Gesetzesentwurfs hier zwingend vorgesehen!
Machtrkitik
18. März 2025 @ 23:28
Zwingend vorgesehen mit Kann-Regelung und Festsetzung von Maximalfristen für Einberufung des Vermittlungausschusses oder der Erhebung des Einspruches bei solchen Gesetzen?
Nö, da liegste falsch. Nur in 2a was zur Frist für die Befassung selbst und definiert eben nicht welche angemessen sei, normale 14 Tage? Interessant sind in der GO-BR die Fristen für den Zugang der Tagesordnung oder den Abschluss der Ausschussberatungen aber letzlich die wohl einzig anerkannte Variante wie es noch der Diskontinuität anheim fallen könnt wäre der Vermittlungsausschuss da es damit wieder in die Sphere des BT zuruckfiele.
Angesichts wohl vieler ungeklärter Detailfragen zum Gesetz wäre zwar vll. auch die Frage ob der 21. BT nicht dann damit vorbelastet ist was mit der Diskon. gerade verhindert werden sollte, interessant aber wieder Auslegungssache wa.
Helmut Höft
19. März 2025 @ 10:32
@Kleopatra
“… von einer russischen Armee überrannt …” hast Du das immer noch nicht kapiert? Die russische “die Welt Überennungsarmee” kommt noch nicht mal bis über den Bug https://de.wikipedia.org/wiki/Bug_(Fluss) geschweige denn bis Warschau. Punkt!
Helmut Höft
18. März 2025 @ 10:13
Noch ein Blick auf das Spukhaus €U: https://www.nakedcapitalism.com/2025/03/why-the-eu-is-failing.html
So, What Went Wrong? … Under Article 13 of the Treaty on European Union: instead of a simple tri-partite structure there are seven principal decision-making bodies of the European Union: … Dazu noch die versammelte nationale Politniki (die Duodezfürsten von heute), Ächzperten, asoziale Medien (Sackerbörg Murks & Co.) … und der Drops ist gelutscht.
european
18. März 2025 @ 06:58
Merz hat in seinem grenzenlosen Narzissmus nichts verstanden und darin steckt die große Gefahr. Merz geht es nur um Merz. Kanzler-sein um jeden Preis. Niemand will ein deutsches Europa und es steht zu befürchten, dass dieses Gebahren der Sargnagel für die EU ist. Es ist so erbärmlich abstoßend, dass man sich nur noch schämen kann.
Roberto de Lapuente vom Overton-Magazin führt aktuell ein sehr gutes Gespräch mit Ulrike Guerot über die Entkernung der Parteien, die Beliebigkeit der Entscheidungen, mangelnde Ursachenforschung über die Folgen des Neoliberalismus quer durch alle Parteien und vieles mehr. Meiner Ansicht nach sehr hörenswert.
https://www.youtube.com/watch?v=9ymNAm9pMIc
Und weil heute die Entscheidung fällt, verweise ich noch einmal auf das NEIN von Karl Liebknecht und seine Begründung für die Ablehung der Kriegskredite. Diese Begründung könnte, mit Ausnahme weniger Worte wie z.b. zaristisch oder bonapartistisch, von heute stammen. Sie enthält exakt die Analyse, die wir eigentlich bräuchten. Aber vermutlich werden wir keine NEIN-Sager finden, jedenfalls nicht genug. Aiwanger ist auch umgefallen wie ein Dominostein. Die Fetttöpfe der Macht sind doch zu attraktiv.
https://etosmedia.de/politik/karl-liebknechts-ablehnung-der-kriegskredite/
„…Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische Beherrschung wichtiger Siedelungsgebiete für das Industrie- und Bankkapital….“
Ich empfehle jedem, sich diese Rede durchzulesen und zu überlegen, welche neoliberalen Entscheidungen der letzten Jahre uns hierhin gebracht haben, wer die Profiteure des Krieges sind und wer die Opfer. Die Profiteure des Krieges jagen andere in die Vernichtung und verdienen hinterher wieder am Aufbau. Deren Kinder landen auch nicht im Schützengraben.
Helmut Höft
18. März 2025 @ 08:55
@european
Danke für die Verlinkung des Liebknecht-Textes: „Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt.“ Zu seiner, Liebknechts Zeiten, war Krieg noch viel sinnbildlicher als heute: „Krieg ist, wenn Menschen die sich kennen, Menschen die sich nicht kennen dazu bringen einander totzuschießen!“ Die Eliten hetzen für ihre privaten Interessen/Idologien ganze Völker auf.
Das Problem: 1) Geraune am Küchentisch, 2) mitmachen und 3) Gejammer am Küchentisch! Beliebiges Geschichtsbuch, beliebige Seite: gleiches Ergebnis.