Deutsches Europa (II)

SOMMERSERIE: Seit dem Griechenland-Debakel ist das „deutsche Europa“ in aller Munde. Dabei ist die deutsche Dominanz in Euroland nicht neu, wie eine vierteilige Serie mit Beiträgen aus diesem Blog zeigt. 

TEIL 2, Repost vom 27.05.2014

Zwei Tage nach der Europawahl beraten die EU-Chefs in Brüssel über die Folgen. Offiziell blicken sie nach vorn – es gilt, die Brüsseler Chefposten auszukungeln. In Wahrheit richten sich alle Augen auf Kanzlerin Merkel und ihr kaputtes deutsches EUropa. Wird sie wieder die Bürger verraten?

Europa hat gewählt – und seine hässliche Fratze gezeigt. Nationalisten haben in Frankreich, Großbritannien und Dänemark gesiegt. In Ungarn sind sie an der Macht, in Österreich und Holland drängen sie nach vorn.

Insgesamt erzielten die Rechten mit rund 20 Prozent des beste Ergebnis aller Zeiten. Populistische Parteien werden im neuen EU-Parlament mindestens ein Viertel der Sitze erobern, mehr als Grüne und Liberale.

Viele Probleme sind hausgemacht. Einige wurden durch die falsche Politik der „Euroretter“ erzeugt oder verschärft. Vor allem die Austerität hatte verheerende folgen (siehe „Europe is in a mess“).

Es droht eine Führungskrise

Allein Problemen gemeinsam ist aber, dass sie das Geschäft von Kanzlerin Merkel erschweren. Wenn nicht alles täuscht, droht ihr eine schwere europäische Führungskrise.

Lange konnte Merkel ungestört am deutschen Europa basteln. Missliebige Referenden in Frankreich, den Niederlanden und Irland wurden einfach ignoriert, scheinbar ohne Folgen.

In der Eurokrise wurde die von Merkel gewünschte Politik – nicht mehr ganz so einfach – erzwungen, mit Hilfe von „Konditionalität“ und Troika. Proteste verhallten ungehört, der Kurs war „alternativlos“.

Wie Merkel ihre Macht sichert

Ihre Macht sicherte Merkel – von der Öffentlichkeit kaum bemerkt – durch ein informelles Bündnis auf zwei Ebenen: mit den Niederlanden und Finnland in der Eurogruppe, mit Großbritannien im Rat.

Doch nun muss sich die eiserne Kanzlerin etwas Neues einfallen lassen. Denn es gibt kaum noch Partner, auf die sie sich zuverlässlich stützen kann. Nur Italien steht nach dieser Wahl etwas besser da.

Die einfachste Lösung wäre natürlich, eine starke, integrationswillige EU-Kommission zu ernennen. Doch das hat Merkel schon vor zehn Jahren – bei der Kür von Noch-Chef Barroso – verhindert.

Der gefesselte Juncker

Ein ähnliches Desaster droht nun auch weder. Entweder macht Merkel Juncker zum Kommissionschef – und legt ihm Fesseln an. Oder sie setzt sich über die Europawahl hinweg und sucht ihren Wunschkandidaten.

Sollte es am Ende wieder ein Barroso (oder ein geknebelter Juncker) werden, hätten wir eine neue Facette dieses kaputten EUropas: mit einer Europawahl, die gar keine war – und einer EU ohne Volk…

Mehr zum deutschen Europa hier.