Der Streit um „Better Regulation“

In Brüssel formiert sich Widerstand gegen ein zentrales Vorhaben der EU-Kommission: die bessere Rechtsetzung („Better Regulation“).

Offiziell will die Brüsseler Behörde mit ihrem Vorstoß zur Entbürokratisierung beitragen – was auch viele Bürger fordern. Der CSU-Politiker Edmund Stoiber hat bereits gezeigt, wie es geht, und einige unsinnige EU-Gesetze entrümpelt.

Die Kritiker vom „Better Regulation Watchdog“ fürchten jedoch, dass das EU-Projekt in Wahrheit auf Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau abzielt.

„Das ist wie das Freihandelsabkommen TTIP, nur ohne die USA“, sagte der Europaabgeordnete der Linken, Fabio De Masi, in Brüssel. In Vordergrund stünden die Interessen der großen Konzerne – und nicht die Bürger.

Diese Sorge teilen der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Naturschutzring, Finance Watch und 60 weitere Verbände und Initiativen. Bestätigt sehen sie sich durch die ersten Entscheidungen der EU-Kommission.

So hat der für „Better Regulation“ zuständige Kommissar Frans Timmermans Arbeitsschutzregeln für Friseure und ein Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft einkassiert, weil sie angeblich zu bürokratisch seien.

Zudem hat Timmermans angekündigt, dass künftig alle Änderungsvorschläge aus dem Europaparlament einer Folgeabschätzung unterworfen werden sollen.

Auch damit soll nach offizieller Lesart verhindert werden, dass neue EU-Gesetze unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen haben. Viele Europaabgeordnete fürchten jedoch, dass ihre Rechte beschnitten werden. „Die Folgeabschätzungen schaffen mehr Bürokratien, nicht weniger“, so De Masi.

Noch weiter geht der grüne EU-Parlamentarier Claude Turmes. „Das ist das Ende der Demokratie“, sagte er auf der ersten öffentlichen Veranstaltung der neuen Initiative. Wenn sich Timmermans durchsetzt, würde „alle fortschrittlichen Vorschläge aus dem Europaparlament sofort gekillt“.

Die „Better Regulation“-Idee sei überhaupt erst als Reaktion auf die Umwelt- und Klimagesetze der EU entstanden, so der Luxemburger.

Die neue Initiative fürchtet denn auch, dass sich der Bürokratieabbau vor allem gegen Umwelt- und Sozialgesetze richtet. Unter dem Deckmantel der „besseren Rechtsetzung“ wolle die Kommission „gute Gesetze“ verhindern, kritisiert Gabriele Bischoff vom DGB.

Allerdings hat die Brüsseler Behörde mächtige Verbündete. Der britische Premier David Cameron hat den Rückbau sogar zur Bedingung gemacht, damit Großbritannien in der EU bleibt.