Der neueste EU-Spin – Ist Trump ein Verräter?
Der letzte EU-Gipfel war ein Flop, fast alle europäischen Regierungen stecken in der Krise. Doch nun kommt Rettung aus Brüssel: Die Spindoktoren von Kommissionschef Juncker haben eine neue „große“ Erzählung erfunden.
Und die geht so: Während US-Präsident Trump mit der Abrissbirne durch Europa zieht, bauen wir etwas Neues auf: die größte Freihandelszone aller Zeiten! Beim EU-Japan-Gipfel am Dienstag soll sie besiegelt werden.
Tatsächlich entsteht mit JEFTA ein riesiger Handelsraum, der mehr als ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts ausmachen würde. Die deutsche Exportwirtschaft kann sich die Hände reiben.
Durch das neue FTA – Freihandelsabkommen – will sich die EU die Führungsrolle im Welthandel sichern. „Wo andere Mauern bauen, müssen wir Brücken schlagen“, sagt Handelskommissarin Malmström.
Allerdings hat die Sache einen Haken. Niemand kann sagen, ob JEFTA Europa wirtschaftliche Vorteile bringt – oder ob die Nachteile überwiegen. Werfen Sie mal einen Blick in die Folgenabschätzung (sie steht hier).
Darin findet sich nicht einmal eine aktuelle Wachstumsschätzung. Stattdessen beruft man sich auf eine alte Schätzung von 2012, derzufolge der langfristige ökonomische Nutzen auf +0,76% des BIP geschätzt wird.
Langfristig – also auf mindestens zehn Jahre. Aufs Jahr umgerechnet macht das nicht einmal 0,1% des BIP aus. Und einige Sektoren, vor allem die Automobilindustrie, könnten unter JEFTA sogar leiden!
Erschwerend kommt hinzu, dass die EU genau die falschen Konsequenzen aus TTIP, CETA etc. gezogen hat – und diesmal noch weniger Transparenz übt und noch weniger Parlaments-Beteiligung zulässt.
Um das zu erreichen, wurde der Investorenschutz einfach abgetrennt. Damit ist JEFTA nun kein „gemischtes“ Abkommen mehr, sondern „EU only“ – die nationalen Parlamente müssen draußen bleiben…
Fazit: Für eine Erfolgsstory made in EU eignet sich dieses Abkommen beim besten Willen nicht. Es dürfte eher die Globalisierungs- und Freihandels-Kritiker stärken, die es ja nicht nur in den USA gibt…
P.S. Gleichzeitig droht der EU eine Pleite bei CETA, dem Kanada-Abkommen. Die italienische Regierung will es weniger denn je ratifizieren. Er könne keine Vorteile für sein Land erkennen, sagt Agrarminister Centinaio.
Siehe auch „JEFTA schlägt CETA“
WATCHLIST:
- Wie wird die EU auf das Treffen Trump-Putin reagieren? Die Bundesregierung hat es in letzter Minute begrüßt, in Brüssel herrschte bis zuletzt eisiges Schweigen. Kommissionschef Juncker sagte zwar, er wäre gerne in Helsinki dabei gewesen, doch das nimmt keiner ernst (warum wohl?). Ich vermute, dass die Kalten Krieger Oberwasser bekommen…
Zur deutschen Reaktion siehe auch „Bitte, bitte, lasst uns Freunde bleiben!“
WAS FEHLT:
- Frieden mit Trump. Nachdem der Präsident Europa aufgemischt hat, gibt es nun auch in den USA eine Welle der Empörung. Trump wird vorgeworfen, dass er nicht die jüngsten Vorwürfe der US-Geheimdienste gegen Russland vorträgt, sondern gemeinsame Sache mit Putin zu machen scheint. Sogar von Hochverrat ist die Rede…
Herbert Hensler
17. Juli 2018 @ 15:37
wenn unsere Leitmedien besser recherchieren und informieren würden, wäre die Verunglimpfung beider Kontrahenten nicht möglich. Leider ist es so, dass interessengetrieben aber nicht auf Recherche basierend vor sich hin gelogen wird.
Unsere Medien, von wenigen Ausnahmen abgesehen, setzen auf Konfrontation mit
Russland, obwohl von dort die meisten Bemühungen um ein friedliches Miteinander
kommen. Den deutschen Zeitungsleser / Fernsehzuschauer kann man leicht hinters Licht führen, weil alle den gleichen Unsinn wiederholen.
Peter Nemschak
17. Juli 2018 @ 16:21
Die Krimbesetzung und das Schüren von Unruhen in der Ostukraine deutet nicht auf eine besonders friedvolle Außenpolitik Russlands hin. Russland und die USA stehen hinsichtlich ihrer globalen Machtansprüche in Konkurrenz zueinander und zu China. Wer Machtpolitik der Großmächte leugnet, hat ein ideologisch verzerrtes Bild von der Welt. Er ist entweder naiv oder zynisch.
Peter Nemschak
17. Juli 2018 @ 08:22
Freihandelsabkommen unter entwickelten Staaten bringen für alle Staaten, nicht notwendigerweise alle Bevölkerungsgruppen per Saldo wirtschaftliche Vorteile, allen Unkenrufen vom linken und rechten Rand inklusive Trump zum Trotz. Sinnvoll wäre es, die Vorteile zu lukrieren und die Nachteile innerstaatlich abzumildern. Ob Trump ein Verräter ist, muss jeder für sich selbst beurteilen. jedenfalls ist er ein Lügner und ein narzisstischer Selbstbetrüger.
Solveig Weise
17. Juli 2018 @ 12:08
Mag ja alles richtig sein. Spricht aber zum einen nicht gegen vernünftige Transparenz bei den Verhandlungen über diese FTA zum anderen fällt auf wie man sich in Europa (und hier vor allem in Deutschland) an Trump regelrecht abarbeitet. Kann man ja machen wenn es dem eigenen Seelenfrieden hilft aber dann rate ich auch dazu schon einmal in kluger Voraussicht stark zu sein wenn dieser Mann im Jahr 2020 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wird.