Der importierte Konflikt, der verspätete Impfpass – und der Trick der Türkei

Die Watchlist EUropa vom 17. Mai 2021 –

Es war ein unruhiges Wochenende. Und es wird eine unruhige Woche werden. Denn der Krieg, der in Israel tobt, strahlt bis nach Europa aus. Am Samstag gab es in vielen europäischen Städten Solidaritäts-Kundgebungen für die Palästinenser, aber auch Unterstützung für Israel und Aktionen gegen den Antisemitismus.

Die größte Demo fand in London statt, wo nach Angaben der Veranstalter bis zu 150.000 Menschen auf die Straße gingen, um Israels “Grausamkeiten” zu verurteilen – etwa die vielen toten Frauen und Kinder in Gaza.

In Frankreich waren nach Angaben von “Le Monde” 22.000 Menschen auf den Beinen – darunter einige Tausend in Paris, wo die Demonstration allerdings verboten worden war und es zu Ausschreitungen kam.

Proteste gab es auch in Brüssel, Madrid, Athen und Berlin. Die Kundgebung in der deutschen Hauptstadt wurde mit Hinweis auf die Hygiene-Regeln aufgelöst, auch hier gab es Krawalle.

Was soll man von dem Aufruhr halten? Waren da lauter Antisemiten und Israel-Feinde auf der Straße, wie in deutschen Medien berichtet wurde? Kann man die Proteste also getrost ignorieren?

Ganz so einfach ist es nicht. Die Größe und Breite der Kundgebungen – und die Vehemenz, mit der sich der Hass gegen Israel Bahn bricht – spricht dafür, dass der Nahost-Konflikt nach Europa herüberschwappt.

Wir haben es nicht mehr nur mit Algeriern in Frankreich, Marokkanern in Belgien und Türken in Deutschland zu tun, sondern mit neuen Gruppen von Zuwanderern, die sich mit der Sache der Palästinenser identifizieren.

Die EU muß sich einmischen – auch wegen 2015

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Seit der Flüchtlingskrise 2015 wächst die Zahl der Muslime, die sich nicht wirklich in ihre neue Heimat integriert haben. Es wächst aber auch die Zahl derjenigen, die von der Politik mehr Interesse für den Nahen Osten erwarten.

Für Deutschland und die EU könnte und sollte dies ein Ansporn sein, sich aktiver in die Nahost-Politik einzuschalten und nach einer gerechten Lösung zu suchen, die auch die Belange der Palästinenser aufgreift.

Doch leider ist das Gegenteil der Fall. Deutschland, wo seit 2015 die meisten Syrer ankamen und wo die größte türkischstämmige Gemeinde lebt, hat seine Nahost-Politik einseitig auf Israel ausgerichtet.

Berlin hat sich auf die Seite Israels geschlagen

Während Brüssel und Paris immerhin versuchen, zu vermitteln, hat sich Berlin vorbehaltlos auf die Seite der Regierung Netnajahu geschlagen. Statt legitimem Protest sieht man nur noch antisemitische Provokationen.

Dies dürfte nicht nur die Integration der Zuwanderer erschweren – sondern auch die Suche nach einer gemeinsamen EU-Position. Am Dienstag soll es ein Krisentreffen der europäischen Außenminister geben.

Der deutsche Chefdiplomat Maas fordert schon mal den “Stopp des Raketenterros” der Hamas. Derselbe Maas umgarnt die Türkei, die ihre Bürger in Deutschland besonders aggressiv gegen Israel aufhetzt…

Siehe auch “EU mahnt Israel zu Zurückhaltung”

Watchlist

Kommt der Impfpass später? Das meldete das ZDF am Sonntag in seiner “Berlin direkt”-Sendung. Deutschland sei im Verzug und werde wohl erst Ende Juni fertig. Damit würde aber auch die Planung für einen EU-weiten Impfausweis (“digitales grünes Zertifikat”) wackeln – und damit die erhofften Erleichterungen für Urlaubsreisende. Zudem wächst die Sorge, dass Lockerungen der Corona-Maßnahmen erschwert werden – denn Deutschland will viele Aktivitäten, etwa den Besuch von Restaurants, an den Impfpass binden

Hotlist

  • Die Türkei will sich an EU-Verteidigungspolitik beteiligen, meldet die “FAZ”. Das Nato-Mitglied hat einen Antrag auf Mitarbeit an einem milliardenschweren Projekt zur Verbesserung der militärischen Mobilität gestellt – trotz angespannter Beziehungen zu Griechenland und Zypern. – Die USA sind schon dabei. Wenn nun auch noch die Türkei mitmacht, verliert die EU gleich wieder die Autonomie, die sie in der Verteidigung angeblich anstrebt. Sultan Erdogan versucht sozusagen den Hattrick…
  • Firmen verweigern Klima-Abgabe, schreibt die “Welt”: Die extrem gestiegenen CO₂-Preise überfordern in Europa immer mehr Unternehmen. Zahlreiche Firmen unterlaufen inzwischen wegen hoher CO₂-Preise die Vorschriften des europäischen Emissionshandels. – In der Folge könnten Strafzahlungen über insgesamt 800 Millionen Euro fällig werden. Doch in Brüssel ist davon bisher keine Rede – man drückt die Augen zu.
  • Neue Corona-Impfung für 2022 rückt näher, so die “Tagesschau”: Die STIKO geht davon aus, dass die Impfung gegen das Coronavirus im kommenden Jahr wiederholt werden muss. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach hält das bereits früher für nötig. – Damit bestätigt sich, was wir schon mehrfach vorausgesagt haben: Deutschland und die EU haben ihre Impfstrategie geändert; mit der zweifachen Impfung ist es nicht mehr getan…Mehr hier