Der große Schwindel mit dem „grünen“ Impfpass

In unserer Sommerserie greifen wir die wichtigsten europapolitischen Themen dieses Jahres auf – und fragen, was daraus geworden ist. Teil 3: Der große Schwindel mit dem „grünen“ Impfpass.

Repost vom 01.03.21. Aktuelle Ergänzungen und Kommentare sind kursiv markiert.

Die EU-Kommission will am 17. März den Gesetzentwurf für einen “digitalen grünen Pass” vorlegen, der Corona-Impfungen, Covid-Erkrankungen und negative Tests vermerken soll. Dies kündigte Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas an.

Warum der Impfpass grün sein soll, blieb ebenso unklar wie sein Zweck. Das Ziel sei es, “einen sicheren Weg zur Aufhebung von Beschränkungen und zum Reisen in Europa zu finden”, schreibt dpa in Ermangelung klarer Vorgaben aus Brüssel. Das „grün“ wurde mittlerweile zurückgezogen, der Impfpass heißt nur noch „COVID 19-Zertifikat“.

Schwammiger geht’s kaum. Denn die Aufhebung der Reisesperren ist eine politische Entscheidung – mit einem Impfpass hat sie nichts zu tun. Ob Passinhaber Vorteile beim Reisen genießen sollen, bleibt weiter umstritten.

Denn damit würden ja die Nicht-Geimpften benachteiligt. Zudem würde die Reisefreiheit, die laut EU-Vertrag allen EU-Bürgern zusteht, an ein “grünes” und vor allem digitales, also speicherfähiges, Dokument gebunden. Mit welchem Recht? Die Diskussion über die Benachteiligung von Nicht-Geimpften ist – wie befürchtet – in vollem Gange.

Belgiens Außenminister Wilmès hat einer solchen Bindung schon eine Absage erteilt. Es komme nicht in Frage, die Reisefreiheit an eine Impfung zu knüpfen, erklärte sie. Das würde eine Diskriminierung bedeuten.

So sehe ich das auch. Die EU-Kommission präsentiert mal wieder einen unausgereiften Vorschlag, an dem nur der Titel (einigermaßen) gut klingt. Dahinter steht – bestenfalls – nichts: die EU-Staaten müssen den Paß mit Inhalt füllen.

Schlimmstenfalls könnte das Ganze zum Einfallstor für dauerhafte Reisebeschränkungen werden – und eine digitale Kontrolle des (eigentlich freien) Personenverkehrs in der EU…

Ganz so schlimm ist es nicht gekommen. Reisen ist wieder möglich, doch der Impfpass löst das mit seiner Einführung verbundene Versprechen auf „Freiheit“ und Abwesenheit von zusätzlichen Maßnahmennicht ein. So fordert Deutschland nun Tests bei der Rückkehr aus Risikogebieten. Und Länder wie Frankreich., Italien oder Portugal nutzen das EU-Zertifikat als eine Art Passierschein für das öffentliche Leben was zu massiven Proesten führt.

P.S. Zur weiterführenden Lektüre sei dieser Artikel wärmstens empfohlen. Der Titel (Kipppunkt „Grüner Pass“ – Bewegungsfreiheit am historischen Scheideweg) hält, was er verspricht!