Der glänzende “Brussels effect” – und seine Schattenseiten

Weitgehend unbemerkt ist Brüssel zum weltweit führenden “Rulemaker” im Internet geworden. Mit den neuen Plattform-Gesetzen könnte der “Brussels effect” sogar noch größer werden. Doch der Erfolg hat auch seine Schattenseiten.

Als Brussels effect wird die faktische Übernahme von Rechtsnormen, Regulierungsmaßnahmen und Standards der Europäischen Union außerhalb des europäischen Binnenmarktes bezeichnet, heißt es bei Wikipedia.

Spätestens seit der Datenschutzgrundverordnung von 2016 macht sich dieser Effekt auch im Internet bemerkbar. Sehr viele Länder außerhalb der EU haben sich den Regeln der DSGVO angeschlossen oder sie imitiert.

Für den Datenschutz selbst hatte dies leider wenig Auswirkungen, jedenfalls nicht in der EU. Denn zur effizienten Umsetzung fehlen der EU die Kapazitäten; Facebook & Co. haben die neue Regulierung locker weggesteckt.

Mit viel neuer Bürokratie zu kämpfen haben dagegen die europäischen Websiten-Betreiber. Selbst kleine Blogs wie dieser müssen Cookie-Notizen implementieren, keine Website kommt mehr ohne nervige Pop-ups aus.

Wird es nun besser, da die EU-Kommission ihre Plattform-Gesetze vorgelegt hat? Man kann und muß es hoffen. Allerdings zeichnen sich auch jetzt schon die Schattenseiten der angeblich revolutionären Vorlage ab.

So hinkt die EU der Entwicklung in den USA her – dort wird längst über die Zerschlagung der Online-Giganten diskutiert. Das US-Kartellrecht könnte sich als schlagkräftiger erweisen als der schillernde “Brussels effect”.

Zudem eifert die Kommission selbst den Kommerz-Plattformen nach. Sie will deren Geschäftsmodell – die Ausbeutung unserer Daten – keineswegs verbieten, sondern sie übernehmen: für die Verwertung sog. “Industriedaten”.

Zum dritten neigt die EU immer mehr zu Eingriffen in den Content; man kann auch von Zensur sprechen. Dafür werden ständig neue Vorwände erfunden – von Terror über Fake News bis hin zu Verschwörungstheorien bei Corona.

Die Eingriffe in die Meinungs- und Pressefreiheit sind so penetrant, dass sogar die deutschen Verleger langsam nervös werden. Zitat aus einer Stellungnahme zum “Digital Services Act”:

 „Wir fürchten nach erster Prüfung, dass die im DSA vorgesehene Inhalteregulierung zu einem europäischen Netzwerkdurchsetzungsgesetz und so zu einem Risiko für meinungsbildende Digitalangebote werden könnte.“  

Dem ist nichts hinzuzufügen…

Siehe auch “Eingriff ins Internet” und “Vestager gegen Breton”