Asyl-Deal wirft ernste Fragen auf

In zwölfstündigen Verhandlungen haben sich die EU-Innenminister auf die Grundzüge eines neuen, harten Asyl-Regimes geeinigt. Die “historische Einigung” (Bundesinnenministerin Faeser) wirft viele ernste Fragen auf.

Mehr Härte an den Außengrenzen, um den Schengenraum zu retten und Flüchtlinge fairer in EUropa umzuverteilen: Dies war der Ansatz, mit dem der schwedische EU-Vorsitz in die Verhandlungen gegangen ist.

Künftig sollen sich (vermeintlich) aussichtslose Asylbewerber schon an der Grenze einem Prüfverfahren stellen und bei Ablehnung direkt abgewiesen werden. Für die “Grenzverfahren” werden eigene Lager errichtet.

Auch Familien mit Kindern unter 18 müssen die Lager durchlaufen. Das wollte Faeser eigentlich verhindern. Sie konnte sich aber nicht durchsetzen. Immerhin soll die Verteilung der Migranten fairer geregelt werden, was Deutschland entlasten könnte.

Was sind sichere Drittländer?

Der Teufel steckt jedoch wie immer im Detail. Und schon die Grundzüge der Einigung werfen viele ernste Fragen auf. So ist unklar, wie die Umverteilung der Asylbewerber funktionieren soll. Polen und Ungarn wollen sich daran nicht beteiligen.

Auch Italien scheint nicht bereit, von der “bewährten” Praxis abzuweichen, die Migranten nach Deutschland “weiterzureichen”. Zudem macht die rechtsradikale Regierung in Rom ihre Kooperation von einem Abkommen mit Tunesien abhängig – doch das steht noch aus.

Unklar ist auch, wie und wohin nicht anerkannte Asylbewerber abgeschoben werden. Der Kompromiss sieht vor, dass dies auch in “sichere” Drittländer außerhalb der EU möglich sein soll. Doch was ist sicher – und was passiert, wenn sich ein Land weigert?

Kopfprämie für Verweigerer?

___STEADY_PAYWALL___

Und was soll man von der “Kopfprämie” halten, die jene EU-Länder zahlen sollen, die keine oder nicht genug Flüchtlinge aufnehmen? Die Rede ist von 20.000 Euro pro Person. Macht die EU einen Flüchtlings-“Basar” auf, wer soll das bezahlen?

Generell stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und der Rechtmäßigkeit der angedachten Regeln. Im Europaparlament regt sich deswegen schon Widerstand. Das ist ernst zu nehmen – denn am Ende muß auch das Parlament zustimmen.

Die Verhandlungen mit den EU-Abgeordneten könnten Monate dauern. Derweil geht die Flüchtlingskrise weiter – rund um das Mittelmeer, aber auch im politischen Berlin. Dort stehen die Grünen auf den Barrikaden, eine Regierungskrise droht…

Siehe auch Asylreform: Stunde der Wahrheit Mehr zur Flüchtlingskrise hier