Denn sie wissen nicht was sie sagen
Das Italien-Bashing geht munter weiter, auch in Merkels CDU. Heute hat sich ein Hinterbänkler namens Willsch zu Wort gemeldet und Italien die Rückkehr zur Lira empfohlen.
„Wenn es nicht gelingt, die Mehrheit der Bevölkerung eines Landes davon zu überzeugen, dass sie selbst eingegangene Verpflichtungen bezüglich der Funktionsweise der gemeinsamen Währung auch einhalten muss, kann man nicht von außen nach Neuwahlen rufen, sondern muss das Land zur eigenen Währung zurückkehren lassen“, sagte Willsch Handelsblatt Online.
Bemerkenswert ist nicht nur, dass Deutschlands führende Wirtschaftszeitung diesem Mann eine Bühne gibt. Bemerkenswert ist auch, was Willsch für Unsinn redet – ohne vom HB korrigiert zu werden.
Italien hat nämlich gar keine Euro- oder EU-Verpflichtungen gebrochen. Die Neuverschuldung liegt unter drei Prozent – und damit niedriger als in den Niederlanden. Rom zahlt weiter brav seine EU-Beiträge und trägt den ESM mit.
Das hindert unsere Medien natürlich nicht, das Zitat groß rauszublasen und den falschen Eindruck zu schüren, Italien müsse von Deutschland gestützt (oder gechasst) werden. – Mehr zum Thema hier.
rofl
5. März 2013 @ 17:36
“Das eine gemeinsame Fiskalpolitik die Konstruktionsfehler des Euros ausgleichen könnte, ist auch eine dieser behauptungen, die durch nichts begründet sind”
Dass eine Fiskalpolitik fiskal steuern kann ist also eine “Behauptung”. Aha. Dass eine Verkehrsampel den Verkehr steuern kann, ist vermutlich auch nur eine “Behauptung” in ihrem Denkmodell, nehme ich mal an.
“ebenso wie die durch nichts begründete Behauptung, Deutschland habe am meisten profitiert. Sie? Ich?”
Ich schreibe Deutschland, Sie lesen (offenbar) alle Deutschen. Kann man mal sehn.
“Dadfür ging es mir mit der D-Mark auch schon ganz gut und das Umrechnen der Wechselkurse hat mich itellektuell auch nicht überfordert wie offenbar die Mehrzahl der Politiker. Der Euro war, ist und bleibt eine falsche Entscheidung. Und das ist nun mal der Euro selbst.”
Behauptung. Beleg?
“Und den Satz
“Dann würden Länder wie Griechenland einfach ihre Währung abwerten und schon wären sie sehr schnell entschuldet, statt wie jetzt mit dem Rücken zur Wand zu stehen.” zu kommentieren, verbietet die Höflichkeit.”
Naja, statt Beleidigung, könnte man ja mal Argumente erwägen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Da (zB) Amerika aber diesen Weg gegangen ist, scheint er nicht (völlig argumentfrei) ins Reich der Märchen zu befördern zu sein. Zumindest, wenn man an Argumenten interessiert ist und sich nicht ausschlisslich auf gross rausposaunte Tatsachenbehauptungen stützt.
Jochen
2. März 2013 @ 21:02
Das eine gemeinsame Fiskalpolitik die Konstruktionsfehler des Euros ausgleichen könnte, ist auch eine dieser behauptungen, die durch nichts begründet sind – auch wenn sie überall von den Euroeuphorikern durchgeblasen wird, ebenso wie die durch nichts begründete Behauptung, Deutschland habe am meisten profitiert. Sie? Ich? Ich nicht und Sie wahrscheinlich auch nicht. Dadfür ging es mir mit der D-Mark auch schon ganz gut und das Umrechnen der Wechselkurse hat mich itellektuell auch nicht überfordert wie offenbar die Mehrzahl der Politiker. Der Euro war, ist und bleibt eine falsche Entscheidung. Und das ist nun mal der Euro selbst.
Und den Satz
“Dann würden Länder wie Griechenland einfach ihre Währung abwerten und schon wären sie sehr schnell entschuldet, statt wie jetzt mit dem Rücken zur Wand zu stehen.” zu kommentieren, verbietet die Höflichkeit.
rofl
2. März 2013 @ 15:17
“Und Willsch ist immerhin ein direkt gewählter Abgeordneter, einer, der ganz offenbar von seinen Wählern unterstützt wird und nicht einer dieser Parteisoldaten, die bei Strafe des sozialen Abstiegs die Parteimeinung blasen müssen.”
Gut. Und jetzt bringen sie die vom Nichtparteisoldaten ausgesprochenen Lügen mal in Einklang mit ihrer Aussage. Egal wie man in den Bundestag gewählt wurde, es berechtigt nicht, die Wähler zu belügen.
“Der Euro war, ist und bleibt ein Fehler, es hilft nichts Abweichler zu diffamieren und auch nicht, einfach immer weiter geradeaus zu fahren und auch noch Gas zu geben.”
Ja, das ist so eine der Tatsachenbehauptungen, die man heutzutage schon mal öfters liest. Das macht sie aber nicht richtiger. Gegen den Euro an sich ist gar nichts einzuwenden, schon erst Recht nicht von deutscher Seite, gehört die BRD doch ( über ihren Export) zu den grossen Profiteueren des Eurosystems.
Das geht natürlich nur so lange, wie es keine gemeinsame Fiskalpolitik in Europa gibt, denn das ist das zentrale Problem des Euro und nicht etwa der Euro selbst. Dann würden Länder wie Griechenland einfach ihre Währung abwerten und schon wären sie sehr schnell entschuldet, statt wie jetzt mit dem Rücken zur Wand zu stehen.
Jochen
2. März 2013 @ 10:02
Nur zur Erinnerung: italien hatte von Anfang an einen BIP-Schuldenstand von > 120 Prozent, hätte also nach den Maastricht-Kriterien überhaupt nicht aufgenommen werden dürfen (so, wie Belgien absolut nicht, Frankreich und Deutschland erst nach sehr einfallsreichen Bilanzkosmetika). Und Willsch ist immerhin ein direkt gewählter Abgeordneter, einer, der ganz offenbar von seinen Wählern unterstützt wird und nicht einer dieser Parteisoldaten, die bei Strafe des sozialen Abstiegs die Parteimeinung blasen müssen. Der Euro war, ist und bleibt ein Fehler, es hilft nichts Abweichler zu diffamieren und auch nicht, einfach immer weiter geradeaus zu fahren und auch noch Gas zu geben. Irgendwann ist es für eine Umkehr tatsächlich zu spät, nur dann ist auch die Wand schon direkt vor der Windschutzscheibe.
ebo
2. März 2013 @ 15:08
Stimmt, Italien hätte den Euro niemals bekommen dürfen – aber es war eine deutsche Entscheidung, das EU-Gründungsmitglied dennoch aufzunehmen. Heute liegen sowohl Italien als auch Deutschland über den laut Maastricht erlaubten 60 Prozent. – Was Herrn Willsch betrifft, so bezieht er sich in dem Zitat eindeutig auf die Jetztzeit und auf das Wahlergebnis. Es steht ihm frei, den Euro zu bekämpfen und Merkel zu stürzen. Was nicht geht, ist jedoch, ein Wahlergebnis in einen Verstoß gegen irgendwelche imaginären EU-Regeln umzuinterpretieren. Wir leben doch noch in einer Demokratie, oder? Im übrigen rutschte Italien nur deshalb in die Krise, weil die Spreads plötzlich in die Höhe gingen – und nicht, weil das Budgetdefizit aus dem Ruder ging, wie in den anderen Programmländern. Selbst gegen Berlusconi hatte die CDU jahrelang nichts einzuwenden, die Märkte übrigens auch nicht…
rofl
1. März 2013 @ 18:57
“In einer Demokratie gibt es keine Hinterbänkler.”
Wir haben aber mittlerweile die hinterzimmerdiktierte, in (grundgesetzlich verbotenem) Koalitionszwang abstimmende, alternativlose “Demokratie”. Hin und wieder mal ein Realitätscheck und man muss nich so viel rumtrollen und die Backen sinnfrei aufblasen.
ebo
1. März 2013 @ 18:49
Naja aus der ersten Reihe ist Herr Willsch auch nicht gerade. Es ist natürlich sein gutes Recht, gegen die Euro-Rettungsschirme zu streiten, das finde ich sogar sympoatisch. Aber was hat das, bitteschön, mit Italien zu tun? Rom ist ein Geberland und stellt Kredite für Griechenland, Portugal, Irland, Spanien bereit… Aber das weiß in Berlin scheinbar nichtmal ein MdB
Gregor Keuschnig
1. März 2013 @ 17:52
In einer Demokratie gibt es keine Hinterbänkler. (Das ist exakt so ein Geblase wie das, was dem Handelsblatt vorgeworfen wird.)
Willsch ist Kroatien-Lobbyist der CDU und streitet seit je gegen die diversen Rettungsschirme.