Das System Merkel zerfällt, Brüssel räumt Fehler ein – und die Cloud ist abgebrannt

Die Watchlist EUropa vom 15. März 2021 –

Na klar, es waren nur Landtagswahlen. Noch dazu vor einem speziellen Hintergrund – den Masken- bzw. Korruptionsffären der CDU. Dennoch ist es signifikant, was in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz passiert ist.

In ihren beiden Stammländern ist die Partei von Kanzlerin Merkel abgeschmiert. Noch nie hat die CDU ein so schlechtes Ergebnis erzielt wie in Baden-Württemberg. “Es brennt” , kommentiert der “Spiegel” die Pleite.

Es brennt aber nicht nur in zwei Ländern – sondern auch im Bund. Erst hat Merkels Wunsch-Nachfolgerin – Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer – die Brocken hingeworfen. Seither hat Merkel keine Kontrolle mehr über die CDU.

Die Hegemonie wankt

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Dann hat sich Markus Söder von der CSU als potentieller Kanzlerkandidat etabliert. Damit ist die etablierte Ordnung bei den Christdemokraten erschüttert. Der neue CDU-Chef Armin Laschet ist nicht mehr automatisch die Nummer eins.

Zuletzt wurde auch noch die Hegemonie der CDU in der konservativen Europäischen Volkspartei erschüttert. Jahrelang hatten Merkel und ihre Parteifreunde den ungarischen Regierungschef Viktor Orban und seine Fidesz protegiert.

Doch die europäischen Schwesterparteien wollten das nicht länger mitmachen. Am Ende war die CDU in die Defensive geraten, Orban kam einem drohenden Rauswurf zuvor. Auch das war eine Niederlage für Merkel.

Die Autorität schwindet

Ihr Machtsystem, das sie in den Ländern, im Bund und in der EU aufgebaut hatte, zerfällt. Auch ihre Autorität schwindet – wegen des miserablen Managements bei den Corona-Impfstoffen auf EU-Ebene und wegen des deutschen Lockdowns.

Noch ist unklar, was dies für die Europapolitik bedeutet. Wird nun auch Merkels Parteifreundin Ursula von der Leyen geschwächt – oder kann sie sich endlich von Berlin freischwimmen? Übernimmt Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron das Ruder?

Bringt der Wahlerfolg der Grünen in zwei deutschen Bundesländern die EU noch mehr auf Klimakurs – oder stoßen Rechtskonservative und Nationalisten in das Vakuum, das Merkel in Brüssel hinterlässt? Noch ist es zu früh, um das zu beurteilen.

Es waren eben nur Landtagswahlen. Doch auch im Europaparlament rumort es, Orban wittert seine Chance…

Siehe auch “Orban schüttelt das EU-Parlament durch”

Watchlist

Wann fließen endlich Finanzhilfen aus dem Corona-Aufbaufonds? Dies ist eine der vielen Fragen beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag. Bundesfinanzminister Olaf Scholz und seine Kollegen befassen sich unter anderem mit den unterschiedlichen Folgen der CoronaPandemie für unterschiedliche Branchen. Durch den fortgesetzen Lockdown liegen u.a. der Tourismus und das Hote- und Gastgewerbe am boden. Besserung ist nicht in Sicht – eher eine Verlängerung des ausnahmezustands bis Ostern. – Mehr hier

Hotlist

  • Im Streit um Pannen bei der Corona–Impfung hat die EU-Kommission erstmals Versäumnisse eingeräumt. “Es stimmt, dass bei der Bestellung der Impfstoffe sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedstaaten Fehler gemacht wurden”, sagte der EU-Kommissionsvize Frans Timmermans dem “Tagesspiegel am Sonntag”.Ich vermisse in Brüssel dennoch eine Fehlerkultur – und den unbedingten Willen, den Rückstand beim Impfen schnell wett zu machen. Es müssen immer erst EU-Staaten Alarm schlagen, damit sich etwas ändert (vielleicht)… – Mehr hier
  • Niemand kann Frontex stoppen. schreibt M. Monroy auf “Telepolis”. Die neue Eingreiftruppe könne nicht mehr wie üblich aus den nationalen Parlamenten operativ kontrolliert werden. So will die Bundesregierung Fragen zur “Dislozierung” von Kräften der “Kategorie 1” gar nicht erst beantworten. Auch die parlamentarische Kontrolle nach dem EU-Gemeinschaftsrecht sei eingeschränkt. – Wohin das führt, haben wir letzte Woche gesehen: Die Ermittliungen zu illelagen “Push Backs” von Flüchtlingen durch Frontex wurden sang- und klanglos eingestellt!
  • Zu einem verheerenden Brand kam es bei Europas größtem Cloud-Anbieter OVH. Aus noch immer nicht geklärten Gründen brannte am vergangenen Mittwoch in Straßburg am Rheinufer ein fünf Etagen hohes Rechenzentrum mit Platz für 12.000 Server vollkommen nieder, ein weiterer Bau wurde zur Hälfte zerstört. Der zerstörte Bau beherbergte auch die sensible „Hosted Private Cloud“, in der die Daten großer Unternehmen lagern, meldet die “FAZ”. – In Brüssel ist diese Mrldung unkommentiert geblieben. Dabei bedeutet sie einen herben Rückschlag für die digitalen Ambitionen.