Das melden die Medien nicht über Griechenland
Der scheidende US-Präsident Obama kommt noch einmal nach Berlin, das weiß jedes Kind. Dass er heute in Athen ist, ist schon weniger bekannt. Und dass hinter den Kulissen um die Schulden gerungen wird, gar nicht.
Dabei ist es kein Geheimnis. Es interessiert die deutschen Medien nur nicht. Dabei spielt Bundesfinanzminister Schäuble eine Hauptrolle, wieder einmal.
Fangen wir mit Obama an. Der hat bei seiner Ankunft in Athen eine Reduzierung des griechischen Schuldenbergs gefordert. Austerität allein könne keinen Wohlstand bringen, sagte er.
Vor der Abreise aus Washington sprach Obama sogar von einem “meaningful dept relief”. Das war im Guardian zu lesen, bei uns nicht – warum eigentlich?
Aber es kommt noch doller. Folgt man der griechischen Zeitung “To Vima”, so laufen derzeit Geheimverhandlungen zwischen Deutschland und dem IWF.
Auch dabei geht es um die griechischen Schulden – aber anders, als von Obama gefordert. Statt eines sofortigen Nachlasses ist von Erleichterungen ab 2018 die Rede – also nach der Bundestagswahl.
Sie sollen aber vor allem die Gestalt eines niedrigeren Schuldendienstes und eines entsprechend niedrigeren primären Budgetüberschusses annehmen. Also kein Schuldenschnitt, kein Verzicht.
Im Gegenzug soll sich Athen zu neuen “Strukturreformen” verpflichten, wahrscheinlich noch härteren Einschnitten in Renten, Löhne, Tarifverträge etc. pp. Diese Idee dürfte auf Schäuble zurückgehen.
Wenn der IWF da mitmacht, wäre Schäuble fein raus – er hat ja stets die Beteiligung des Fonds am dritten Bailout gefordert. Und wenn nicht? Dann könnte es doch noch zu einem (deutschen) Grexit kommen.
Das ist jedenfalls die Drohkulisse, die Schäuble aufbaut, während Obama in Athen einen Schuldenschnitt fordert. Wenn der IWF nicht mitmacht, so die Drohung, dann könnte Deutschland Deutschland aus der Hilfe aussteigen…
Lina
16. November 2016 @ 09:47
“President Obama’s Athens visit is utterly irrelevant”
Yanis Varoufakis
https://yanisvaroufakis.eu/2016/11/16/why-president-obamas-athens-visit-is-utterly-irrelevant-on-bbc-radio/
Reinard
16. November 2016 @ 10:14
Das ist wohl war, eher was für die Illustrierten. Wäre da nicht eventuell was hinter den Gardinen. Die Rolle des IWF, der seinen Sitz immerhin in den USA hat…
Peter Nemschak
16. November 2016 @ 11:35
Der IWF ist nicht mehr der bedingungslose Erfüllungsgehilfe der USA. Die Gewichte haben sich verschoben. China ist ein nicht mehr wegzudenkender großer Spieler im IWF. Die (teilweise) Entschuldung Griechenlands wird, weil unvermeidbar, kommen. Solange sich die politische Mentalität der griechischen Parteien nicht fundamental ändert, was unwahrscheinlich ist, wird Griechenland ein europäischer Nachzügler unterhalb der Schwelle der Industrienationen bleiben. Mit staatlicher Nachfragepolitik auf Pump allein ist noch nie ein Land reich geworden. Warum haben die europäischen Länder nach dem Zweiten Weltkrieg unterschiedlich gut die Marshallplan-Hilfe der USA zum Wiederaufbau ihrer Länder unsetzen können? Es ist eine tragische Ironie der Geschichte, dass der Nationalsozialismus ein mächtiger sozialer und technischer Modernisierungsfaktor für Deutschland war. Er hat Talente aus allen Bevölkerungsschichten mobilisiert, die in der im Ersten Weltkrieg untergegangenen wilhelminischen Klassengesellschaft nie eine Chance gehabt hätten und am Ende des Krieges, soweit sie ihn überlebt hatten und nicht in Gefangenschaften geraten waren, zur Verfügung standen.
Johannes
15. November 2016 @ 18:54
Dann sollen die USA und Obama endlich aufhören zu reden und SELBER die Rechnung der Griechen zahlen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass der IWF nicht auf seine Schulden verzichten will. Deutschland soll verzichten, aber der IWF will den Griechen keinen Cent erlassen. Is schon verdammt pervers.
Und warum erst 2018, ach sooooo, 2017 sind Wahlen, man will uns Deutschw wieder vera…… .
S.B.
15. November 2016 @ 17:31
” Austerität allein könne keinen Wohlstand bringen, sagte er.” (gemeint ist Obama)
Was soll man dazu mit Blick auf die USA sagen?… Exorbitantes Gelddrucken aber auch nicht.
Noch schlimmer: Das Gelddrucken mehrt die Vermögen der Reichen und entwertet das bisschen Geld, mit dem der Rest von Monat zu Monat auskommen muss. Oder warum gibt es in den USA, nach acht Jahren Obama-Amtszeit, 47 Millionen Empfänger von Foodstemps?
Peter Nemschak
15. November 2016 @ 17:46
Nicht wegen dem Gelddrucken, sondern weil unqualifizierte Arbeit heute extrem billig geworden ist. Sie ist weltweit verfüg- und einsetzbarbar. Außerdem wird billige Arbeit durch noch billigere Roboter ersetzt.
S.B.
15. November 2016 @ 18:09
Während Obamas Amtszeit stieg die Staatsverschuldung um ca. 9 Billionen Dollar! Wofür, aber vor allem für wen, hat er das gemacht? Wohlstand hat das neue Geld in der breiten Masse ganz offensichtlich nicht gebracht.
Die Globalisierung, die nichts anderes ist, als das weltweite Gegeneinanderausspielen unterqualifizierter Arbeitskräfte, spielt natürlich auch eine Rolle. Von wo ging die Globalisierung gleich noch einmal aus?
Reinard
16. November 2016 @ 10:12
Warum man einen nur Fakten nennenden Kommentar mit “Daumen nach unten” bewertet, erschließt sich mir nicht ganz. Bewertet ihr nun die schlimme Nachricht oder den Überbringer?