Das Ende des Green Deals, Ärger über KI-Gesetz – und Davos sucht Vertrauen
Die Watchlist EUropa vom 16. Januar 2024 – Heute mit bzw. ohne Klimageld, biometrischer Überwachung und den Sorgen der Elite
Nach der EU rückt auch Deutschland von einem zentralen Bestandteil des “European Green Deal” ab: In dieser Legislaturperiode wird es kein Klimageld und damit keine sozialverträgliche Entlastung für teure neue Klimaschutz-Maßnahmen geben.
Das Wahlversprechen soll nach Auskunft der Bundesregierung nun erst nach der nächsten Bundestagswahl 2025 eingelöst werden. Spätestens 2027 werde es so weit sein, so Regierungssprecher Hebestreit.
Hebestreit begründete das mit Änderungen im europäischen Emissionshandel, die ab 2027 greifen. Auch im deutschen Emissionshandel werde eine deutliche Steigerung des CO2-Preises ab 2026 oder 2027 erwartet.
Das ist ein vorgeschobenes Argument. In Wahrheit hat die Bundesregierung die bereits kräftig sprudelnden Einnahmen aus dem Emissionshandel, die für das Klimageld verwendet werden sollten, längst verplant.
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Im vergangenen Jahr nahm Deutschland 18 Milliarden Euro im Rahmen des europäischen und des nationalen Emissionshandels ein. Im Vergleich zum Jahr 2022 sind die Einnahmen damit um fünf Milliarden Euro gestiegen.
Das Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) – aber eben nicht an die Bürger. Damit kündigt die Ampel de facto den “Green Deal” auf – jedenfalls den wichtigen sozialpolitischen Teil.
Ganz ähnlich ist es zuvor schon auf EU-Ebene gelaufen. Der versprochene Klimasozialfonds wurde massiv eingedampft und reicht nun nicht mehr, um die sozialen Kosten des “Green Deal” zu kompensieren.
Auch bei der EU soll das Klimageld nun erst ab 2026 fließen – also nach der Europawahl. Und da wundern sich unsere Politiker, dass das Vertrauen schwindet und die Bürger auf die Barrikaden gehen…
Siehe auch „Wir laufen Gefahr, die Klimawende zu verspielen – wegen der sozialen Frage“
News & Updates
- EU erlaubt Überwachung mit KI-Systemen. Der hoch gelobte “AI Act” erlaubt nun doch die biometrische Überwachung. Dies sei nachträglich in den Text hineinverhandelt worden, kritisiert die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn. „Es ist unfassbar, dass die spanische Ratspräsidentschaft dafür gesorgt hat, dass der endgültige Gesetzestext in wesentlichen Punkten nicht mehr mit der mündlichen Einigung des Trilogs vom Dezember übereinstimmt.” Der neue Text sei “eine echte Bedrohung für Bürgerrechte”. – Wir hatten davor gewarnt, zu früh zu jubeln – mehr hier
- Streit in Polen schwappt auf Brüssel über. Das Europaparlament und viele EU-Korrespondenten werden mit Spam-Mails überschwemmt. Angeblich kommen die Absender aus dem rechtsextremen Spektrum in Polen. Genauso gut können sie aber auch von anderswo kommen. Die zuständigen Stellen in Brüssel haben es bisher versäumt, die Sache aufzuklären und die Empfänger zu warnen. Derweil streiten Präsident Duda und Premier Tusk weiter über den Rechtsstaat… – Mehr hier (Blog)
- Schweiz will Friedensgipfel ausrichten. Die Schweiz hat die Veranstaltung eines Friedensgipfels für ein Ende des russischen Kriegs in der Ukraine angeboten. Dies sagt die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Davos. Zuvor hatte der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis erklärt, dass man auch Russland an den Verhandlungstisch holen müsse. Dies lehnt Selenskyj jedoch ab – er will erst nach einem Sieg verhandeln...
Das Letzte
Davos wirbt um Vertrauen. Das kann man sich nicht ausdenken: Mitten in der schwersten Krise seit dem Ende des Kalten Kriegs wollen die dafür verantwortlichen Eliten das „Vertrauen wieder herstellen“. „Rebuild Trust“ ist das Motto des Treffens, zu dem in dieser Woche die westliche Elite in Davos zusammenkommt. Als Hauptredner fungieren ausgerechnet diejenigen, die die Krise ganz wesentlich mitverschulden: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Israels Präsident Isaac Herzog. Selenskyj verliert gerade das Vertrauen seiner eigenen Bürger. Und Herzog steht für ein Land, das das Vertrauen der halben Welt verloren hat – Israel muß sich wegen des Vorwurfs des Völkermords verantworten. Echte Antworten auf die Vertrauenskrise sind daher aus Davos nicht zu erwarten… Weiterlesen hier (Blog)
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KK
16. Januar 2024 @ 12:16
“Die Schweiz hat die Veranstaltung eines Friedensgipfels für ein Ende des russischen Kriegs in der Ukraine angeboten.”
Leider hat die Schweiz sich den westlichen Sanktionen angeschlossen, damit ihre seit langem bewährte Neutralität aufgegeben und kann somit nicht mehr als neutraler Veranstalter eines solchen Gipfels auftreten. Da müssen jetzt wohl andere ran…
Kleopatra
16. Januar 2024 @ 08:37
Was soll das ständige Herumhacken auf dem ukrainischen Präsidenten? Wären Sie als Journalist lieber unter einem putinistischen Regime tätig? Und der Verweis auf die südafrikanische Klage vor dem IGH gegen Israel ist ebenso deplaziert. Selbst wer von einer grundsätzlich zu objektiven Ermittlungen verpflichteten Staatsanwaltschaft angeklagt wird, gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil als unschuldig; bei der südafrikanischen Klage, die von einem Staat eingereicht wurde, der Israel grundsätzlich abgeneigt ist, gilt das erst recht.
KK
16. Januar 2024 @ 12:22
“Was soll das ständige Herumhacken auf dem ukrainischen Präsidenten?”
Gegenfrage: Was sollen die rosarot-verklärten Huldigungen dieses nationalistischen autokratischen Oligarchenknechts?
“Und der Verweis auf die südafrikanische Klage vor dem IGH gegen Israel ist ebenso deplaziert.”
Nein, ist er nicht – insbesondere vor dem Hintergrund deutscher Geschichte sollte das zehntausendfache Morden möglichst bald gestoppt werden; es geht bei der Klage Südafrikas ja eben nicht nur um eine mögliche Verurteilung in einigen Jahren, sondern eben auch und vorrangig um eine zumindest moralisch die Unterstützer Israels – und eben auch Deutschland – bindende Eilanordnung des Gerichts, das Wüten Israels baldmöglichst zu stoppen.
Thomas Damrau
16. Januar 2024 @ 07:44
Ich habe in diesem Forum schon mehrfach die These in den Raum gestellt, dass die Kombination aus
— exzessiven Rüstungsausgaben
— unterschätzten Aufwänden für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes
— dem Unwillen, die Vermögenden zur Finanzierung heranzuziehen
— mangelndem Durchsetzungwillen gegenüber einflußreichen Gruppen, die sich die erworbenen (finanziellen) Privilegien nicht nehmen sollen wollen
— Null-Schulden-Ideologie
finanzielle Randbedingungen schaffen, unter denen eine zukunftgerichtete und sozial ausgeglichene Politik unmöglich ist.
Ich sehe das inzwischen nicht mehr nur als These ……….