„Dann schicken wir die Flüchtlinge los“
Einen Moment sah es so aus, als würde Sultan Erdogan sich im Streit um die Visa-Liberalsierung besinnen: Statt Ende Juni könne sie auch (wie zunächst geplant) im Oktober kommen. Doch nun der Rückschlag.
Nachdem das Europaparlament sich am Dienstag stur stellte, drohte Erdogans Berater B. Kuzu auf Twitter, das Parlament stehe an der Schwelle einer wichtigen Entscheidung:
„Wenn es die falsche Entscheidung trifft, schicken wir die Flüchtlinge los.“
Das ist doppelte perfide. Denn zum einen schiebt Erdogan die Schuld auf das Europaparlament. Zum anderen gibt er zu erkennen, dass die Türkei Flüchtlinge „schicken“ kann.
Da stellt sich doch die Frage, ob sie auch im letzten Jahr „geschickt“ wurden, um die EU zu erpressen? Und was wird eigentlich aus dem Rücknahmeabkommen, das im Juni in Kraft treten soll?
Reinard Schmitz
12. Mai 2016 @ 23:44
Was ist das denn für dummes Zeug?
ClaudiaBerlin
12. Mai 2016 @ 09:15
Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach allem, was bisher geschah, erneut massenhaft Flüchtlinge nach Griechenland kommen würden, um – sofern sie soweit kommen – am Zaun von Idomeni zu scheitern.
Was spricht im übrigen dagegen, die erforderlichen Asylzentren in Griechenland zu etablieren und zu betreiben? (Ist gewiss einfacher als in Lybien…)
Peter Nemschak
13. Mai 2016 @ 10:37
Warum nicht in Italien, Frankreich oder Spanien? Den Schwarzen Peter weiter zu schieben, löst das Problem nicht für die EU gesamthaft. Die Unwilligkeit verschiedener Mitgliedsstaaten sich an der Aufteilung der Lasten zu beteiligen, zeigt, dass eine innereuropäische Lösung für die Aufteilung der Flüchtlinge unrealistisch ist. Griechenland ist bereits heute an der Belastungsgrenze. Früher oder später wird neben Libyen auch Ägypten zum Problemfall für Europa werden, da das dortige Regime unfähig ist das Land zu entwickeln und eine nachhaltige soziale Ordnung zu gewährleisten. Ein Mix aus intelligenter Entwicklungszusammenarbeit – dazu gehört auch die Öffnung europäischer Märkte für lokale Produkte -, politischem und diplomatischem Druck, glaubhaft durch militärische Macht unterstützt, wird notwendig sein, um den Migrantenstrom in geordnete Bahnen zu lenken. Die Grenze zwischen „Kriegsflüchtlingen“ und Menschen, die auf der Suche nach einem lebenswerteren Leben mit Zukunftsperspektive sind, ist heute bereits verschwommen.
ebo
13. Mai 2016 @ 12:01
Italien ist seit Jahren Aufnahmeland, genau wie Spanien. Frankreich schon seit Jahrzehnten (Einwanderung aus dem Maghreb). Ähnliches gilt für Benelux und UK. Außerdem gibt es eine gute Tradition in Skandinavien. In Wahrheit sind Deutschland und Österreich Nachzügler, was die Migration betrifft. Nun lassen sie Griechenland allein. Und Deutschland erklärt auch noch die Maghreb-Staaten zu „sicheren Herkunftsländern“ – was für ein Hohn!
Peter Nemschak
12. Mai 2016 @ 08:56
@Der Dicke Ich warte auf einen Vorschlag von Ihnen, der effektiver als der meine ist. Die Moral von Staaten ist eine andere als die von Privaten. Im Streben der Staaten nach Sicherheit entstehen auch Konflikte, die ein Staat (Staatenbund) aushalten muss, will er nicht zum willenlosen Spielball der anderen Mächte werden.
DerDicke
12. Mai 2016 @ 09:49
Kooperation statt Konfrontation?
Peter Nemschak
12. Mai 2016 @ 10:50
Mit Erdogan? Mit einer schwachen libyschen Regierung, die nicht imstande ist, Sicherheit auf Ihrem Territorium zu garantieren? Wo es keine „weichen“ Optionen gibt, müssen Sie auf „harte“ zurückgreifen. In Ihrer Vorstellungswelt gibt es, so scheint mir, grundsätzlich keine militärische Option, um Macht auszuüben. Das erscheint mir in unserer Welt realitätsfremd, Pazifismus vom Feigsten. Die von manchen lancierte Idee, die Türkei bei der Errichtung einer Sicherheitszone in Syrien zu unterstützen, halte ich nicht für zielführend. Man kann politische und militärische Verantwortung nicht abschieben, schon gar nicht auf jemanden wie Erdogan. Die jetzige Lösung mit ihm ist halbherzig. Die EU hätte zum Zeitpunkt als Assad die rote Linie überschritten hatte, eine Enklave unter ihrer Kontrolle in Syrien einrichten müssen. Jetzt ist es dafür zu spät. Mit den Folgen dieses Versäumnisses müssen wir uns jetzt herumplagen.
Peter Nemschak
11. Mai 2016 @ 13:31
Das eigentliche Problem besteht darin, dass die EU keine Alternative zu Erdogan entwickelt hat. Für eine europäische Enklave in Syrien ist es zu spät, aber in Libyen bestünde die Möglichkeit dazu, statt sich auf einen Deal mit der dortigen schwachen Regierung zu verlassen. Eine militärische Aktion (Landung in Nordafrika, Besetzung eines Küstenstreifens unter europäischem Protektorat inklusive Einrichtung einer Flugverbotszone) müsste schnell und entschlossen vor sich gehen und die anderen Akteure vor vollendete Tatsachen stellen. Es wäre ein nützliches Signal an andere lokale Mächte, sich in Zukunft nicht mit der EU anzulegen. Etwaige Maßnahmen durch den Sicherheitsrat der UNO könnte man durch Vetos blockieren.
DerDicke
11. Mai 2016 @ 18:32
Oha, sind wir schon wieder beim zurückschießen? Eroberungskriege im Namen Europas? Eine europäische Enklave in Libyen… was rauchen Sie denn so Herr Nemschak, und was halten Sie vom Völkerrecht? Besser gesagt – wenn wir uns nicht mehr daran halten (was mit diesen Aktionen eindeutig der Fall wäre) – warum sollen es dann andere tun?
Peter Nemschak
11. Mai 2016 @ 22:08
Erstens: halten sich andere daran? Siehe Russland, die USA und China. Zweitens: was haben Sie dagegen, wenn Europa wie eine Großmacht Macht ausübt? Ein ganz natürlicher Vorgang unter Staaten. Ihre Haltung entspricht der einer Zivilisation, die sich aufgegeben hat.
DerDicke
12. Mai 2016 @ 06:15
Welchem Typ Mensch ihre Haltung entspricht darf ich hier leider nicht schreiben. Langsam wundert mich bei gewissen Leuten aus Österreich aber nichts mehr.
GS
11. Mai 2016 @ 10:49
Es ist doch genauso wie vorausgesagt. Die Türkei hat so die volle Kontrolle darüber, wer nach Europa kommen darf und wer nicht. Alles nur, weil es jemanden im Kanzleramt gibt, der sich soweit aus dem Fenster gelehnt hat, dass eine Kehrtwende ohne Gesichtsverlust nicht mehr möglich ist.
Kein Wunder, dass 2/3 der Deutschen keine weitere Legislaturperiode mit Merkel an der Spitze wollen. So hieß es zumindest gestern in einer Umfrage.
Ute Plass
11. Mai 2016 @ 10:36
Mit Terror und Erpressung kennt sich Erdogan aus.
https://kenfm.de/erdogan-terrorisiert-tuerken/
S.B.
11. Mai 2016 @ 09:50
Es bleibt dabei: Kein echter oder unechter Flüchtling würde sich auf den beschwerlichen Weg nach D machen, wenn er keinen (finanziellen) Anreiz hätte, sich hier ins gemacht Nest zu setzen. Das ist die Ursache allen Übels. Schuld ist die fehlgeleitete deutsche Politik.