Brüssel schlägt Alarm – und stiftet Verwirrung

Die EU-Kommission warnt vor einer neuen Coronakrise wie im Frühjahr und fordert die Mitgliedsstaaten zum Handeln auf. Doch mit ihren Empfehlungen stiftet sie neue Verwirrung.

Die Warnzeichen waren nicht zu übersehen. Schon seit Ende August steigen die Corona-Zahlen wieder bedenklich an. Doch selbst, als der deutsche EU-Vorsitz eine Reisewarnung für Brüssel verhängte, hat die EU-Behörde nicht reagiert. Nun ist die Kommission endlich aufgewacht.

 “Dies könnte unsere letzte Chance sein, um eine Wiederholung des letzten Frühjahrs zu verhindern”, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. “In einigen Mitgliedstaaten ist die Situation bereits schlimmer als im März.” Auch die Präventionsbehörde ECDC schlägt Alarm.

“Wir sehen derzeit einen besorgniserregenden Anstieg der Zahl der in Europa verzeichneten Covid-19-Fälle”, erklärte ECDC-Direktorin Andrea Ammon.  Es sei nun von “entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten bei den ersten Anzeichen neuer Ausbrüche alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen”.

Nur welche? Das konnten die Experten auch nicht sagen. Testen, testen, testen – diese Strategie ist in Länder wie Spanien oder Frankreich bereits gescheitert. Die Testlabore sind überlastet, die Ärzte können die Infektionsketten nicht mehr nachverfolgen.

Auch die Quarantäne-Maßnahmen greifen nicht. Der deutsche EU-Vorsitz hat gerade empfohlen, die Quarantäne auf mindestens 7 Tage zu verkürzen. Dem widerspricht nun ECDC: Wer positiv getestet wurde, solle weiter 14 Tage in Quarantäne bleiben.

Das plant aber nicht einmal Ratspräsident Michel, der sich in Selbst-Quarantäne begeben hat. Nach nur einer Woche will er einen EU-Gipfel in Brüssel leiten. Es ist genau wie im Frühjahr: Die linke Hand weiß nicht, was die rechte macht.

Kommission, Rat und der deutsche Ratsvorsitz geben widersprüchliche Empfehlungen ab – und sorgen für noch mehr Verwirrung…

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P.S. Nach nur drei Tagen hat Michel seine Quarantäne verlassen, nachdem er negativ getestet worden war. Das entspricht ganz und gar nicht den Vorgaben der ECDC – und nährt den Verdacht, dass er sich aus ganz anderen Gründen isoliert hat als wegen Corona (Stichwort: Türkei-Sanktionen)