Chronik des Versagens (VIII): Forschung
Mitten in der Coronakrise ist der Chef des EU-Forschungrates zurückgetreten. Der Italiener erhebt schwere Vorwürfe.
Er hatte sein Amt erst am 1. Januar angetreten – und versucht, ein Forschungsprogramm gegen das Coronavirus aufzulegen. Nun erhebt M. Ferrari schwere Vorwürfe.
Nicht nur der Forschungsrat sei zu bürokratisch, schreibt er in seinem Rücktrittsbrief. Auch die EU–Kommission und die Mitgliedsstaaten hätten zu spät und falsch reagiert.
Ferrari führte unter anderem “das völlige Fehlen von Koordinierung der Gesundheitspolitik der Mitgliedstaaten” als Grund für seinen Rücktritt an.
“Ich hatte die Führung des ERC als überzeugter EU-Befürworter übernommen. Doch wegen der Covid-19-Krise habe ich meine Meinung komplett geändert, auch wenn ich nach wie vor mit Enthusiasmus die Idee der internationalen Zusammenarbeit unterstütze”, sagte Ferrari im Interview mit der “Financial Times”.
Die EU-Kommission widersprach, wie nicht anders zu erwarten.
Noch nie habe es ein so großes Forschungsprogramm wie in der Coronakrise gegeben, sagte ein Sprecher. Behördenchefin von der Leyen habe mit den Problemen nichts zu tun.
Auch das Europaparlament wehrt ab. Ferrari habe sich nicht an den “unabhängigen Charakter” des ERC gewöhnen können, erklärte der EU-Abgeordnete Ch. Ehler (CDU).
“Dies sollte jedoch nicht als Argument dienen, um dem ERC oder der EU vorzuwerfen, dass sie nicht genug tun.”
Das kann man so sehen. Man kann aber auch fragen, ob es nicht die Aufgabe des Europaparlaments wäre, den Vorwürfen nachzugehen und mehr Druck zu machen.
Denn selbst wenn die EU ihre Forschungs-Anstrengungen zuletzt hochgefahren hat: Ergebnisse lassen immer noch auf sich warten. Europa hat noch kein Mittel gegen das Coronavirus gefunden – und ist immer noch das Epizentrum der Krise…
Siehe auch “Chronik des Versagens (VII): Medikamente”