Was Bulgariens Bewerbung über den Euro aussagt
Eine Überraschung ist es nicht, dennoch klingt es erstmal unglaublich: Bulgarien will raus aus der Schmuddelecke und den Euro einführen. Auch Mitglied im Schengen-Raum möchte das Land werden.
“Wir haben unsere Hausaufgaben für die Eurozone gemacht”, sagte Regierungschef Borrissow zum Auftakt der bulgarischen Ratspräsidentschaft. “Wir sind bereit für das sogenannte Wartezimmer des Euro.”
Ein entsprechender Antrag werde noch im ersten Halbjahr gestellt, ergänzte Finanzminister Goranow. Danach dürfte noch bis zu zwei Jahre vergehen, bis das Land in die Währungsunion aufgenommen wird.
Für Kommissionschef Juncker ist das eine gute Nachricht. Seit seiner State of the Union-Rede im September in Straßburg wirbt er für Bulgarien und den Euro-Beitritt. “Alle in den Euro”, so sein Motto.
Doch in Deutschland stößt das auf Skepsis. Viele fürchten ein zweites Griechenland. Die “FAZ” spricht sogar schon einem “Eurorisiko Bulgarien” – obwohl das Land tatsächlich alle Kriterien erfüllt.
Der Staatshaushalt war 2016 ausgeglichen, der Schuldenstand lag mit 30 Prozent bei der Hälfte des Zulässigen (60 Prozent). auch die Inflationsrate liegt im grünen Bereich.
Allerdings ist Bulgarien auch das ärmste EU-Land, es hat die Korruption nicht im Griff, und das Organisierte Verbrechen ist ein Dauerproblem – obwohl die EU-Kommission Sofia seit Jahren unter die Arme greift.
Das zeigt wieder einmal, wie sinnlos die (von Deutschland eingeführten) Maastricht-Kriterien sind. Sie sagen nichts über die realwirtschaftliche Entwicklung und gaukeln nur finanzielle Konvergenz vor.
In der Praxis wird die Eurozone aber – trotz Maastricht – nicht von Konvergenz, sondern von wachsender Divergenz geprägt. Nicht Inflation ist das Problem sondern Deflation, vor allem bei den Löhnen.
Nirgendwo zeigt sich dies stärker als in Bulgarien. Insofern ist der bulgarische Aufnahmeantrag dann doch nützlich – er entlarvt, dass und warum der Euro auf Sand gebaut ist…
Siehe auch “Und jetzt die gute Nachricht vom Euro” und “Wie unabhängig ist Bulgarien?”
Peter Nemschak
11. Januar 2018 @ 15:28
Bulgarien muss sich klar darüber sein, dass mit dem Beitritt zum Euro sein finanzpolitischer Spielraum enger wird und dass das Land makroprudentielle Maßnahmen ergreifen muss, um die Ausweitung privater Schulden in Grenzen zu halten. Ob sich Bulgarien das antun will, ist eine andere Sache. Auch die baltischen Staaten sind nicht besonders reich und können mit dem Euro leben. So sinnlos wie ebo meint, sind die Maastrichtkriterien nicht. Sie sollen verhindern, dass letztlich ein nachhaltiger Finanztransfer innerhalb der EU statt findet. De facto ist er in Griechenland bereits passiert, weil man über kurz oder lang Forderungen weiter abschreiben wird müssen.