Brüssel will Kriegswirtschaft, Moskau wird Kriegsziel – und Streit um Asylpolitik
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? – Die EU-Kommission will die Kriegswirtschaft – so schnell wie möglich. Moskau wird zum Kriegsziel – doch keiner will’s gewesen sein. Und es gibt neuen Steit über die Asylpolitik – diesmal auch in Deutschland.
Europa krempelt die Wirtschaft um – schon wieder. Doch diesmal geht es nicht um die klimafreundliche Transformation, sondern um den Einstieg in die Kriegswirtschaft. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron spricht seit Monaten davon, der französische EU-Kommissar Thierry Breton macht jetzt ernst.
Mit 500 Millionen Euro aus dem EU-Budget will Breton die europäische Munitionsproduktion ankurbeln, um der Ukraine im Krieg gegen Russland zu helfen. Eine Million Artilleriegranaten im Jahr soll die Industrie künftig liefern. Bisher waren es 300.000 – viel zu wenig für die hohe Nachfrage aus dem umkämpften Osten.
„ASAP“ hat die EU-Kommission ihren Gesetzentwurf genannt. Das steht für „Act in Support of Ammunition Production“ – aber auch für „As soon as possible“ – so schnell wie möglich. Der Name ist Programm. In Rekordzeit will die EU ihre vorwiegend zivile Industrie auf Kriegsproduktion umstellen.
Doch schnell geht hier gar nichts. Aus gutem Grund. Die EU wurde als Friedensunion gegründet, sie kann nicht einfach über Nacht auf Kriegswirtschaft umschalten. Das geben die EU-Verträge nicht her. Und das Geld ist auch nicht da. Für seinen Plan mußte Breton sogar Finanzmittel aus dem Corona-Aufbaufonds zusammenkratzen!
___STEADY_PAYWALL___
Zudem streiten die EU-Staaten immer noch darüber, wem der warme Segen aus Brüssel zugute kommen soll. Dürfen nur europäische Unternehmen gefördert werden, wie Frankreich sagt – oder kann das Geld auch für Käufe in Übersee genutzt werden, wie dies Deutschland wünscht? Seit Wochen liegen Paris und Berlin über Kreuz.
Selbst wenn der Streit inzwischen beigelegt wurde – die Munition ist immer noch nicht da. Denn das für die Granaten benötigte Pulver muss ein halbes Jahr ruhig liegen, bevor es verwendet werden kann. Und die europäische Industrie muß die Produktion nicht nur umstellen, sondern auch hochfahren.
Das dauert. ASAP heißt eben nicht „schnell“ – sondern nur „so schnell wie möglich“. Das hätte die EU der Ukraine sagen sollen, bevor sie vollmundige Versprechen macht. Nun kann sie sich eigentlich nur noch blamieren…
Faeser eifert Seehofer nach
Was war noch? Moskau ist zum Kriegsziel geworden. Zwei Drohnen sind sogar über dem Kreml explodiert. Doch niemand will die Verantwortung übernehmen. Die EU warnt zwar vor einer neuerlichen Eskalation – fordert aber gleichzeitig, noch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern…
Außerdem gibt es wieder Streit über die Asylpolitik – diesmal sogar in Deutschland. Bundesinnenministerin Faeser fordert, dass Asylanträge künftig schon an den EU-Außengrenzen bearbeitet werden. Damit eifert sie ihrem Amtvorgänger Seehofer nach – mit ähnlich geringen Erfolgsaussichten…
Mehr Chroniken hier. Abonnement per Mail (kostenlos) hier. Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:
Warum die Krise in Frankreich auch eine EU-Krise ist
Frankreichs Präsident Macron will auch nach dem Sturz seiner Regierung bis 2027 im Amt bleiben. Bis dahin dürfte er auch die französische Europapolitik bestimmen; anders als in Berlin droht kein Machtvakuum. Dennoch ist es auch eine EU-Krise.
Nato: Selenskyj hat sich verrannt, Rutte auch
Die Ukraine kann nicht mit einem schnellen Nato-Beitritt oder einer Einladung in den nächsten Wochen rechnen. Dies sagte Nato-Generalsekretär Rutte in Brüssel.
Drei fragwürdige Behauptungen zur Krise in Georgien
Die Krise in Georgien eskaliert, Brüssel gibt die Schuld allein der Regierung in Tiflis. Doch ganz so einfach ist es nicht. Hier einige dringend nötige Korrekturen.
KK
7. Mai 2023 @ 02:21
„Die EU warnt zwar vor einer neuerlichen Eskalation – fordert aber gleichzeitig, noch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern…“
Wie der Monteur, der an einer Tankstelle die vorgeschriebenen Warntafeln anbringt – und dabei Kette raucht…
european
6. Mai 2023 @ 17:32
Dazu Scott Ritter aktuell aus Irkutsk:
“Sanctions are working. That’s just a straight-up fact. Russia has transformed its economy into one that no longer needs the West and, in many cases, no longer wants the West”
4 erhellende Minuten:
https://youtu.be/sfiYOs3AQq8