Brüssel vs. Berlin: Dialog der Rechthaber

Von der Leyen sucht doch keinen Streit mit Deutschland, die Gesundheitsminister treffen sich zum Videochat – und die Grenzkontrollen sollen in homöopathischen Dosen gelockert werden: die Watchlist EUropa vom 12.05.20.

Die EUKommission hat noch nicht entschieden, ob sie im Streit um das Europarecht ein Vertragsverletzungs-Verfahren gegen Deutschland einleiten wird. “Wir befinden uns noch in der Phase der Analyse”, sagte ein Sprecher. Die Kommission habe “hinreichend Spielraum” bei der Entscheidung, “ob und wie sie vorgehen will”.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stehe in Kontakt mit der Bundesregierung und der Kanzlerin, fügte der Sprecher hinzu. Das Kollegium der 26 Kommissare habe sich mit dem Streit noch nicht beschäftigt; es gebe auch noch keinen Termin für eine mögliche Entscheidung.

Dies bestätigt die Einschätzung, dass wir es nicht mit einer ernst gemeinten Drohung zu tun haben – sondern mit einem Versuch von Frau von der Leyen, das Gesicht zu wahren. Als Deutsche kann sie es sich nicht leisten, Polen oder Ungarn anzugehen, Deutschland aber zu schonen.

Doch selbst wenn es zu einem EU-Verfahren kommen sollte, würde dies das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht aufheben. Es gehe auch nicht um ein „Strafverfahren“ gegen Deutschland, sagte ein Experte der Kommission. Das Ziel sei es vielmehr, den „Dialog wiederherzustellen“.

“Es geht nicht um Bestrafung”

Versöhnliche Töne schlug auch der grüne Finanzexperte Giegold an. „Es geht nicht um eine Drohung oder gar um eine Bestrafung – das wäre absurd“, sagte er. „Es geht mir darum, eine kooperative Lösung zu finden.“ Der Primat des Europarechts müsse gewahrt bleiben.

Wenn sich Berlin nicht bewege, könne dies verheerende Folgen haben, warnte Giegold. Im schlimmsten Fall müsse die Bundesbank in drei Monaten aus dem Anleiheprogramm aussteigen.

„Das gäbe dann einen gewaltigen Rums an den Finanzmärkten – und würde das Vertrauen erschüttern, dass Deutschland noch voll zu der Währungsunion steht.“

Es geht eben nicht nur um einen “Dialog” der Rechthaber über die Frage, welches Recht wo zur Anwendung kommt. Auf dem Spiel steht auch der Euro – wieder einmal…

Siehe auch “EU-Verfahren gegen Berlin: Drohung oder Bluff?

Watchlist

Wie lassen sich Engpässe bei der Versorgung mit Arzneimitteln beheben? Darüber reden am Dienstag die Gesundheitsminister. Es sind übrigens dieselben, die das Coronavirus vor dem Beginn der Pandemie verharmlost haben. Unser Gesundheitsminister Spahn warnte Anfang März noch vor Panikmache und “Fake News”, wozu er auch Kontaktsperren zählte… – Mehr hier

Was fehlt

Das halbherzige Konzept der EU-Kommission zur Grenzöffnung. Folgt man einem Vorab-Bericht des “Handelsblatts”, so sollen die Reisebarrieren nur “schrittweise” aufgehoben werden – und das auch nicht landesweit, sondern nur in Regionen mit ähnlichen Infektionszahlen. Für das Elsaß würde das wohl heißen: Die Grenze zu Deutschland bleibt dicht… Mehr zum Grenzstreit hier

Das Letzte

Von einem EU-Aufsichtsposten direkt in den Lobbyismus: Das sollte es eigentlich nicht mehr geben. Doch nun ist es wieder passiert: Ein Spitzenmanager der Europäischen Bankenaufsicht ist zur “Association for Financial Markets in Europe” übergelaufen. Die Bürgerbeauftragte O’Reilly hat den Seitenwechsel gerügt, doch ein Nachspiel dürfte es nicht haben… Mehr zum Lobbyismus hier


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