Brüssel statt Budapest, Waffen statt Diplomatie


Die Ukraine fordert grünes Licht für militärische Schläge gegen Russland. Die EU sagt nicht Nein.

Brüssel oder Budapest, Waffen oder Diplomatie? Wochenlang haben die EU-Außenminister über diese Frage gestritten. Die eigenmächtige „Friedensmission“, mit der Ungarns Regierungschef Viktor Orban seine Ratspräsidentschaft im Juli eröffnet hatte, drohte die EU zu spalten.

Doch als sich Außenministerin Annalena Baerbock und ihre Amtskollegen nun im Brüsseler Ratsgebäude trafen, war der Ärger verflogen. „Ich wäre auch an einen anderen Ort gereist“, sagte Baerbock auf die Frage, was sie von einem Boykott gegen Budapest und Orban halte.

Auch die Frage nach Waffen und Diplomatie war schnell entschieden: Die EU-Außenminister setzen in ihrer ganz großen Mehrheit weiter auf Waffen für die Ukraine. Orbans umstrittene Vermittlungsversuche, für die er auch nach Moskau und Peking gereist war, sind kein Thema mehr.

Noch mehr Krieg

Statt um Diplomatie geht es um noch mehr Krieg. Während die russischen Truppen in der Ostukraine weiter auf die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk vorrückten, machte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba beim Außenminister-Treffen in Brüssel ein ganz großes Fass auf.

Die Alliierten sollten der Ukraine endlich erlauben, mit westlichen Waffen “legitime militärische Ziele tief in Russland zu treffen”, forderte Kuleba. Auch die 27 EU-Staaten sollten Kiew „unverzüglich“ grünes Licht geben. Es sei Zeit für „wagemutige Entscheidungen“, so Kuleba.

Gemeint sind vor allem Deutschland und die USA. Berlin und Washington wollen eine weitere Eskalation vermeiden und verweigern deshalb die Nutzung ihrer Waffen für weit reichende ukrainische Militärschläge, die im Prinzip auch Moskau oder Sankt Petersburg treffen könnten.

Kallas wartet schon

Doch wie lange noch? Brüssel setzt auf “Feuer frei” – der EU-Außenbeauftragte Borrell hat der Ukraine grünes Licht gegeben. Seine designierte Nachfolgerin Kaja Kallas dürfte noch mehr Druck machen – sie gilt als Hardlinerin und läuft sich schon für ihren neuen Job warm…

Siehe auch Ukraine: Selenskyj will die USA und die Nato noch tiefer in den Krieg ziehen

P.S. Borrells Kriegs-Kurs sorgt in Berlin für Verärgerung. “Zum Ende seiner Amtszeit werden die Äußerungen Herrn Borrells immer merkwürdiger”, hieß es in Berlin. Borrell hatte Bedenken aus Deutschland zuvor als “lächerlich” abgetan, der Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele innerhalb Russlands könne zu einer Eskalation führen. Außenministerin Baerbock hat dem Spanier bei ihrem Besuch in Brüssel allerdings nicht widersprochen…