Brüssel atmet auf – warum eigentlich?
Das Votum des SPD-Parteitags für Koalitionsverhandlungen mit der Union ist in Brüssel mit Erleichterung aufgenommen worden. Denn ein „Nein“ der SPD hätte die EU-Reform noch mehr verzögert.
Das knappe „Ja“ eröffnet hingegen die Möglichkeit, dass Deutschland sich endlich wieder aktiv in die EU-Debatte einbringt. Jedenfalls theoretisch. In der Praxis sieht es leider anders aus.
Denn zum einen sind die Gegner einer GroKo in der SPD so stark, dass ein „Nein“ bei der Mitgliederbefragung nicht auszuschließen ist. Im Gegenteil: es ist sogar ziemlich wahrscheinlich.
Zum anderen sind SPD-Chef Schulz und Kanzlerin Merkel durch die Kraftprobe in Bonn geschwächt worden. Merkel hängt nun von den Launen gleich zweier Parteien ab: von CSU und SPD.
Doch selbst wenn die CDU-Chefin „durchregieren“ könnte, würde sie dies wohl kaum für EUropa nutzen. Schon bei den Sondierungen zeigte sie wenig Begeisterung für die Europapolitik.
Und bei den Vorarbeiten zur Euro-Reform steht sie wie gewohnt auf der Bremse. Fast alles, was für eine „Vollendung“ der Währungsunion diskutiert wurde oder wird, scheitert am Kanzleramt.
Dies dürfte sich auch heute wieder zeigen, wenn die Eurogruppe über die Euro-Reform diskutiert. Merkels Allzweckwaffe Altmaier wird dann wieder zum obersten Bedenkenträger.
Griechenland, Bankenunion, Euro-Budget – überall stehen Merkel und Altmaier auf der Bremse. Dabei stützen sie sich auf EU-Haushaltskommissar Oettinger (CDU), der den Vorstopper spielt.
Es ist ein Spiel über die Brüsseler Bande. Dass es der SPD gelungen ist, ein paar fromme Wünsche in das Sondierungspapier zu schreiben, ändert daran nichts. Beim Parteitag spielte es ohnehin keine Rolle…
WAS FEHLT? Der Nahost-Frieden. Wenn heute Palästinenserpräsident Abbas nach Brüssel kommt, dann wird ihn die EU mit leeren Händen empfangen. Der Friedensprozess, für den sie sich lange einsetzte, ist mausetot. Doch eine Gegenstrategie zu den USA und Israel haben die Europäer nicht zu bieten. Abbas dürfte mit vagen Versprechen abgespeist werden, wie so oft…
Claus
22. Januar 2018 @ 10:59
Egal, wie es jetzt auch läuft – es wird die CDU weiter schwächen. Und Glückwunsch an die SPD zu ihrem hervorragend orchestrierten Auflösungsparteitag. Aufatmen in Brüssel? Allenfalls für 4 Wochen, mehr nicht.
Manfred Waltermann
22. Januar 2018 @ 10:01
Griechenland, Bankenunion und Euro-Budget
Was für ein Glück, dass Deutschland in diesen Themen den Dingen keinen freie Lauf gewährt:
In Griechenland ist das staatliche Überleben ja nur dank der verlorenen Milliarden an Euros „garantiert“. Die Bankenunion wird laut aktueller Berichterstattung durch verstärkte Anleihenkäufe von den Südstaaten von EZB-Chef Draghi „vorbereitet“. Und alles wird letztendlich vom deutschen Haushalt zu garantieren, zu finanzieren und schließlich auch final zu bezahlen sein.
Baer
22. Januar 2018 @ 08:08
Solange wir von den Amerikanern abhängig sind wird es keine souveräne EU Politik geben,was man nicht zuletzt bei Goldman Sachs Mitarbeiter Mario Draghi feststellen kann.
Unter Trump wird es keine Zweistaatenlösung geben,mit Netanjahu ebenfalls nicht.
Was Die EU angeht ist ein personeller und inhaltlicher Reset unumgänglich bevor uns der ganze Schlamassel um die Ohren fliegt.