Brexit: Vorsicht, Falle!

Nun ist er da, der „finale“ Vorschlag von Boris Johnson zum Brexit. Doch es wirkt nicht so, als würde er auf fruchtbaren Boden fallen. Vielmehr sieht es nach einer Falle aus – in London, aber auch in Brüssel.

Johnsons Falle für die EU ist offensichtlich: Indem er seinen Vorschlag als endgültig bezeichnet und so spät präsentiert – nur vier Wochen vor dem 31. Oktober – will er Druck aufbauen. Wenn Brüssel nicht einwilligt oder einen Kompromiss in letzter Minute sucht, soll die EU schuld sein am „No Deal“.

Weniger deutlich ist die Falle der EU für Johnson. Dabei man muß man nur genau hinhören, um sie zu erkennen. Man wolle eine Vereinbarung, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Mittwoch. Dafür müssten aber alle Voraussetzungen der EU für die Lösung des Nordirland-Problems erfüllt werden.

Im Klartext: Es darf keine Grenzkontrollen geben, der europäische Binnenmarkt muß geschützt werden, und der Backstop muss durch etwas ersetzt werden, das wie der Backstop wirkt. Solange die EU und UK keinen neuen Freihandelsvertrag haben, soll alles so bleiben wie bisher.

Das ist unmöglich. Denn es gibt kein funktionales Äquivalent für den Backstop. Denkbar ist allenfalls – und darauf will Johnson wohl auch hinaus – eine Regelung, die eine „harte“ Grenze in Irland verhindert und zugleich den Binnenmarkt schützt. Das geht aber nur mit Kontrollen.

Und genau hier flunkert Brüssel. Man versucht den Eindruck zu erwecken, als stünden Kontrollen im Widerspruch zu den Voraussetzungen der EU. Dabei sind sie die logische Folge der Forderung, den Binnenmarkt und den künftigen UK-Markt voneinander abzugrenzen und zu schützen.

Die ungeliebten Checkpoints sind keine Erfindung Johnsons. Sie müssten auch dann eingeführt werden, wenn es zum „No Deal“ kommt – mit dem feinen Unterschied, dass sie dann von der EU gebaut und bewacht würden, und nicht von UK. Doch genau das verschweigt man in Brüssel gerne.

Dabei laufen hinter den Kulissen längst Gespräche mit der irischen Regierung in Dublin – über die Frage, wie man die Kontrollen möglichst schonend gestalten könnte. SPON hat kürzlich darüber berichtet – und auch darüber, dass UK mit dem Backstop alle Trümpfe aus der Hand geben würde.

Doch wie gesagt, darüber spricht man in Brüssel nicht gern. Umso lieber wird aus dem Hinterhalt auf Johnson geschossen. So liefen schon vor der Bekanntgabe des Plans erste Meldungen aus Brüssel, in denen ein „führender EU-Vertreter“ sagte, der Vorschlag sei „grundsätzlich mangelhaft“…

Siehe auch „Tusk gibt Johnson den Schwarzen Peter“ und „Was Johnson wirklich will“