Eine Versicherung gegen das Brexit-Chaos
Was soll man von dem neuen Brexit-Plan halten, den der EU-Gipfel in achtstündigen (!) chaotischen Beratungen erarbeitet hat? Übernimmt jetzt die EU die Kontrolle – oder wird alles noch verrückter?
Bei deutschen Beobachtern überwiegt die Erleichterung. “EU übernimmt Regie im Brexit-Drama”, schreibt SPON. Auch der Brexit-Experte Von Ondarza scheint zufrieden. Hier sein Tweet:
Morning interviews on #Brexit extension deal. My view – very clever, and achieves three things:
— Nicolai von Ondarza (@NvOndarza) March 22, 2019
1 EU-27 show patience, will not force UK directly into no-deal
2 Puts the pressure on MPs – decide by April 12 for a way forward and commit to #EP2019 elections
3 keeps EU unity https://t.co/DO42kyobQe
Die EU zeige sich geduldig, erhöhe den Druck auf Premierministerin Theresa May und wahre die Einheit, so der Experte. Alles richtig. Doch der Schlingerkurs wird damit nicht beendet.
Im Gegenteil: Jetzt hat die EU plötzlich drei Deadlines: 12. April, 22. Mai und “Irgendwann”. Das schafft nicht die Planungssicherheit, die Unternehmen und Bürger so dringend brauchen.
Die EU-27 handelt wie ein Versicherungsvertreter, der alle möglichen Risiken bedenken und den Schaden begrenzen will. Sie treibt damit ihren bisherigen Ansatz auf die Spitze.
Denn auch im Austrittsvertrag stand ja schon die “Versicherung” namens Backstop für Irland im Mittelpunkt. Für den Notfall, so hieß es, müsse man Regeln erlassen. Doch genau diese Regeln haben sich als Stolperstein erwiesen, der den Notfall auslösen könnte!
Denn die britischen Abgeordneten wollen die Backstop-Versicherung partout nicht schlucken. Ich habe große Zweifel daran, dass sie dies nun tun werden, unter noch größerem Druck der EU.
Ohnehin hätte ich mir einen anderen Ansatz gewünscht. Der Brexit ist ein politisches Problem und kann nur politisch gelöst werden. Auch die Wirtschaftskrise, in die Europa – auch wg. Brexit – schlittert, schreit nach politischem Handeln, wirtschaftspolitischem.
Ein klarer Schnitt, das wäre Politik gewesen, oder auch Bewegung beim Brexit-Deal – wie sie der Speaker in London fordert. Auch DIW-Chef Marcel Fratzscher hat einen guten Vorschlag vorgelegt.
Das Ganze hätte man mit einem Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik absichern können, um die (vor allem in Deutschland drohende) Rezession abzuwenden. Doch dazu ist EUropa nicht fähig,
Die EU-27 haben den Brexit von Anfang an unpolitisch behandelt. Das Referendum von 2016 wurde als bedauerlicher Betriebsunfall betrachtet, nicht als politische Herausforderung.
Das rächt sich nun. Die “englische Krankheit”, die man auch als institutionelle Lähmung bezeichnen kann, greift immer mehr auf die EU über. Der Europawahlkampf wird jetzt schon überschattet.
Und die großen politischen Fragen – US-Handelskrieg, China, Klima – laufen nur noch unter ferner liefen. Auf dem Gipfel wurden alle wichtigen Entscheidungen vertagt, wieder einmal…
Siehe auch “Nun sind alle auf Schlingerkurs” und “Gefangen in Hotel California”
Holly01
24. März 2019 @ 10:28
Noch eine Woche. Die Brexiter müssen nur noch eine Woche schaffen.
Die werden nun 4 Tage damit verbringen zu palavern, über etliche Vorschläge und “er hat gesagt, sie hätte behauptet, aber das war nicht so gemeint …”
Am Freitag zur letzten Abstimmung geht dann das Kästchen auf und die May bringt “ihren” deal das dritte Mal zur Abstimmung … und scheitert.
game over hard brexit und alle werden missverstandene opfer sein, weil die jeweilige Gegenseite so verantwortungslos gehandelt hat.
Ein Klassiker, ich schätze 5 Packungen Taschentücher. Wegen weinen oder Lachtränen, je nach Einstellung.
Ich habe mich mit reichlich Popcorn eingedeckt. Lasset die Spiele beginnen.
Ich denke ja die MP´s sollten ihre Reden beginnen mit :
“Ave, May, morituri te salutant” …. und sie antwortet klassisch “Aut non”
vlg
Hans L. Schmid
24. März 2019 @ 07:45
Brexit-Chaos ohne Ende – EU krisengelähmt! Aber die Bürgerinnen und Bürger können alle 5 Jahre mal das EU-Parlament wählen. Genügt das, oder möchten sie zu all dem mehr zu sagen haben? Was für eine Demokratie, was für ein Europa wollen Sie? Nicht resignien – wählen Sie, auf http://www.our-new-europe.eu !
Holly01
24. März 2019 @ 10:15
Ich fürchte diese knapp 100 Familien von denen etwa ein Dutzend Schland kontrolliert, wären da nicht einverstanden.
Diesen Zustand haben wir, weil wir exakt diesen Zustand haben SOLLEN.
Kooperation ist ja schön, aber eben nicht erwünscht.
Das wäre ja so, als wenn Sie in Schland eine Partei hätten, die einem Willen der breiten Masse folgt …. unvorstellbar.
Also mir wachsen eher Flügel bevor ich noch einmal zu einer Wahl gehe.
Nach Kohl, Schröder und Merkel bin ich so desillusioniert, da bekommt mich keiner mehr zu so einer Pseudoveranstaltung. Mir ist völlig egal wer da am Trog in der ersten oder zweiten Reihe sitzt.
Ansonsten sollten Sie die Gewaltbereitschaft dieser “Elite” nicht unterschätzen. Eher geht die Welt vor die Hunde ehe die ihren Status in Frage stellen lassen.
vlg
Holly01
22. März 2019 @ 14:54
Das ist die gute alte Salamitaktik.
12.04. Bis hier muss der deal abgesegnet sein. OK, weiter, nicht ok, raus ohne deal.
Weiter bedeutet, die Briten müssen liefern, also ratifizieren und die Zusagen die zum deal gehören abgeben.
22.05. Bis hier muss der deal komplett abgesegnet sein. Falls nicht entweder wählen die Briten das Parlament mit oder sie verlassen die EU ohne deal.
Sollten die Briten an der Wahl teilnehmen, ist der deal hinfällig. Theretisch wäre es dann immer noch vor der Konstituierung möglich, aber da müssten alle auf das Klagerecht verzichten. Was nicht passieren wird.
Jetzt ist es bereits interessant, ob wirklich alle Firmen still halten. Die Firmen haben für den 29.03 alles vorbereitet und die Kosten aufgebracht.
Nun dreht bei denen natürlich der Wind. Geld weg, aber keine Rechtssicherheit.
1,2 Bio. $ (ich schätze die mit 12 Nullen) sollen von der Insel weg sein.
1,2 x 10^12 x 0,01 sind 1,2 x 10^10 also 12 Mrd /365d = 33 Mio/d
Also bei Kosten von 1% pa für die 1,2 Bio sind das grob 33 Mio pro Tag und das ist nur ein lächerlicher Klecks auf dem Teller.
Die haben von der CoL zur WS eine Glasfaserleitung für den Hochfrequenzhandel gelegt. Kosten grob 500 Mio und die waren nach ein paar Tagen wieder drin.
Der Brexit ist ein teures Hobby.
Wenn das UK dann endlich raus ist aus der EU und zum Steuerparadies wird, dann brechen die Einnahmen erst richtig weg.
Bei den Fahrzeugherstellern muss das UK erst einmal beweisen, das die mit Ländern wie Rumänien oder Bulgarien konkurrieren können.
Ich sehe das nicht, da fließen ja für Neuansiedlungen dicke Subventionen.
Das wird noch richtig richtig spannend.
Ich schätze der breiten Masse wird an diesem Beispiel überhaupt erst bewusst was so läuft auf der Welt …
vlg