Ein Brexit-Deal rückt näher – Neue Russland-Sanktionen auch

Wenn die britische Premierministerin May beim Brexit über ihren Schatten springen muss, passieren meist ungewöhnliche Dinge, oft geht es dabei um Russland. So könnte es auch diesmal sein – die EU plant einen Brexit-Deal und neue Sanktionen.

Dafür müsste May allerdings noch einige dicke Kröten schlucken. Zunächst müßte sie auf ihren Checkers-Plan für eine Freihandelszone à la Carte verzichten – die künftigen Beziehungen zu UK sollen im Vagen bleiben.

Danach soll sie einen „Backstop“ für die inner-irische Grenze akzeptieren – etwa in Gestalt von neuartigen Zollerklärungen, die auch online erledigt werden könnten. Auch eine befristete Zollunion ist im Gespräch.

Zwar fordert die EU von May noch „erhebliche Fortschritte“ vor dem Brexit-Gipfel nächste Woche. Doch Chefunterhändler Barnier verbreitet plötzlich Optimismus. Ein Durchbruch bis Montag scheine denkbar.

Am Dienstag will May dann im britischen Kabinett Stellung beziehen. Wenn sie auf die EU-Forderungen eingeht, dürfte sie eine „Gegenleistung“ verlangen – auch, um von ihrem Einknicken abzulenken. Vermutlich will sie neue Russland-Sanktionen.

Das Feld für Strafmaßnahmen ist schon bereitet: Am vergangenen Donnerstag beschuldigte das UK, die EU und die Nato Russland mal wieder, für diverse Cyberattacken verantwortlich zu sein. Belege gab es dafür zwar nicht.

Doch Berlin schloß sich kurz darauf den Vorwürfen gegen Moskau an. In Brüssel rechnet man nun damit, dass der EU-Gipfel neue Sanktionen auf den Weg bringen könnte – zur Not auch ohne formellen Beschluss.

May hat bereits Strafmaßnahmen gegen Russland ins Spiel gebracht. Dass die mutmasslichen russischen Cyberattacken ein Gipfelthema werden sollen, hat Kanzlerin Merkel überraschend am Mittwochabend bestätigt.

Wie man einen Brexit-Gipfel für hektisch improvisierte Russland-Sanktionen umfunktioniert, haben wir zuletzt im März gesehen. Damals ging es um Skripal – es folgte die größte Massen-Ausweisung seit dem 2. Weltkrieg…

Siehe auch „Alle Sicherungen durchgebrannt“

WATCHLIST:

  • Vier Wochen nach der „State of the Union“-Rede von Kommissionspräsident Juncker veranstaltet das Brüsseler Netzwerk „Friends of Europe“ eine Veranstaltung zum „State of Europe“. U.a. geht es um die „Rückkehr der Geopolitik“, zu den Rednern zählt auch Möchtegern-Spitzenkandidat A. Stubb aus Finnland. Das Programm steht hier

WAS FEHLT:

  • Ein Dokument, das der EU-Kommission empfiehlt, ihre Budgetregeln zu lockern. Es stammt vom „European Fiscal Board“, das die Kommission berät, wurde aber nicht auf der Website der EU-Behörde veröffentlicht. Vermutlich ist es zu brisant – denn es liefert Italien neue Munition im aktuellen Budgetstreit… Wir kommen darauf zurück!