Brexit-Deal: Hauptsache Handel

They did it! Gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten haben sich Brüssel und London auf einen Post-Brexit-Deal geeinigt. Im Mittelpunkt steht der Handel – eine Perspektive für eine solidarische Partnerschaft bietet das Abkommen nicht.

Alle sind happy. Denn mit dem “historischen” Abkommen wurde ein katastrophaler “No Deal” abgewendet. All jene, die geglaubt hatten, dass der britische Premier Johnson nicht mehr die Kurve kriegen würde oder es gar auf einen harten Bruch anlegte, haben sich getäuscht.

Getäuscht hat sich aber Johnson, wenn er tatsächlich geglaubt haben sollte, er könne die Einheit der EU brechen. Beim Brexit hat diese Einheit bis zuletzt gehalten – allerdings auch nur beim Brexit, wie der Streit ums EU-Budget und den Rechtsstaat gezeigt hat.

Wie geht es jetzt weiter? Am Freitag wird EU-Verhandlungsführer Barnier die EU-Botschafter in Brüssel “briefen”. Danach werden die ihren Regierungen berichten. Damit der Deal hält, müssen alle 27 EU-Staaten einer provisorischen Umsetzung zustimmen.

Erst danach, vermutlich irgendwann im Januar, kommt das Europaparlament an die Reihe. Das zeigt einmal mehr, dass die EU-Abgeordneten nur eine Nebenrolle spielen. Immerhin werden sie noch gebraucht, damit der Deal rechtskräftig ratifiziert wird.

Bisher wissen die Parlamentarier nicht einmal, was Barnier & Co. ausgehandelt haben. Auch die Medien wissen es nicht – denn der mehr als 1500 Seiten lange Vertragstext wurde erst am Heiligabend freigegeben. “Volle Transparenz” nennt man das in Brüssel.

Immerhin ist schon klar, dass es keinen Studentenaustausch via “Erasmus” mehr geben wird – und kein Abkommen zur Außen- und Sicherheitspolitik. Das hat Barnier am Donnerstag bekanntgegeben, und sogleich bedauert. Offenbar hatte er sich mehr erhofft.

Die Basis für eine solidarische Partnerschaft wurde mit diesem Deal nicht gelegt. Die Hauptsache war und bleibt vielmehr der Handel. Bei den Verhandlungen ging es um Lieferketten und Kommerz – nicht um die Leute und die Kultur. Typisch EU eben.

Diese Union ist und bleibt vor allem ein Markt, der für den Freihandel geschaffen wurde. Vier Jahre lang hat die EU darum gekämpft, den Freihandel mit UK zu retten – und darüber vergessen, über den Markt hinaus zu blicken…

Siehe auch “Muß es immer Freihandel sein?”

P.S. Hat die kontinentale Inselsperre dazu beigetragen, dass Johnson eingelenkt ist? Wir wissen es nicht. Klar ist nur, dass Frankreich seine Maßnahmen noch vor dem Deal gelockert hat. Zudem gab es in Brüssel schon seit einigen Tagen die Ansage, ein Deal müsse bis zum 23.12. stehen. An eben diesem Tag kamen dann auch die ersten Meldungen vom “Durchbruch”… – Siehe auch Brexit-Angst und Corona-Panik – ein giftiger Cocktail”