Borrell rückt von Biden ab, von der Leyen schweigt
Im Juni wurde US-Präsident Biden in Brüssel noch gefeiert. Doch nach dem Debakel in Afghanistan setzt sich die EU von den USA ab. Den Anfang macht der Außenbeauftragte Borrell – seine Chefin von der Leyen schweigt.
Sie wollte die Chefin einer “geopolitischen Kommission” sein – und die “transatatlantische Freundschaft” hegen und pflegen. Doch nun, da die USA in Afghanisten unsägliches Chaos angerichtet haben, ist Kommissionspräsidentin von der Leyen abgetaucht.
Kein Wort zum amerikanischen Abzug, kein Tweet zum europäischen Debakel. Und natürlich auch keine Entschuldigung für ihre eigenen Fehler, die sie als Bundesverteidigungsministerin bis 2019 in Afghanistan begangen hat.
Umso offener hat sich nun ihr Chefdiplomat Borrell geäußert. Der Spanier hat die Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan als “Katastrophe für die Werte und die Glaubwürdigkeit des Westens” bezeichnet.
Vor dem Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments sprach der Chefdiplomat der Europäischen Union von einem “Alptraum”. Man habe dabei versagt, das Land auf seinem Weg zu einen modernen Staat zu begleiten.
Zugleich rückte Borrell erstmals von Biden ab. Dessen Rechtfertigungsversuche seien “strittig”, erklärte er. So sei nicht richtig, dass es nur um die Ausschaltung von Al Kaida gegangen sei, wie Biden behauptet hatte.
Zudem habe das US-Engagement nur sehr bescheidene Resultate in Afghanistan gezeigt, so Borrell weiter. Die USA hätten seit 20 Jahren täglich 300 Millionen Dollar in das Land investiert, das Ergebnis sei beschämend.
Dasselbe lässt sich allerdings auch von den EU-Hilfen sagen. Die EU hat seit 2002 mehr als vier Milliarden Euro Entwicklungshilfe an Afghanistan gezahlt. Das Geld ist nun futsch – dank der unilateralen US-Entscheidung, abzuziehen.
Doch den Mut, Bidens Abzug zu kritisieren, fand Borrell nicht. Schließlich ist die EU bei der Evakuierung auf die USA angewiesen. Sie kann nicht einmal ohne amerikanische Militärhilfe ihre Bürger aus Afghanistan ausfliegen…
Siehe auch “Borrell, von der Leyen, Maas: So falsch lagen die EU-Politiker in Afghanistan“. Mehr News und Hintergründe hier
Burkhart Braunbehrens
20. August 2021 @ 11:18
Die gegenwärtige Lage ist einfach deprimierend, fast nirgends Land in Sicht. Es gibt nichtmal intakte konservative Kräfte, die nicht im Sumpf von Korruption und Auflösung stecken. Die gegenwärtige Zuschieben von Verantwortung auf allen Ebenen ist lächerlich.
Hätte mir nie träumen lassen, dass in diesem Abwärtsgeschiebe eine Figur wie Biden noch fast als Lichtgestalt erscheint, zumindest als zarter Hoffnungsschimmer, dass nicht alles den Bach runtergeht, bevor Kräfte der Erneuerung und des ökologischen Neuanfangs stark genug sind.
Alexander
20. August 2021 @ 00:46
“Die USA hätten seit 20 Jahren täglich 300 Millionen Dollar in das Land investiert, das Ergebnis sei beschämend.”
Das macht dann mehr als 2.000.000.000.000 (2 Billionen) $? Ich habe mir sagen lassen, dass Geld nie “weg” ist, sondern dass es immer nur den Besitzer/Eigentümer wechselt. Daher die naheliegende Frage: Wo ist das Geld gelandet?
(Am 10.September 2001 hat D. Rumsfeld übrigens öffentlich eine Geldsumme in ähnlicher Höhe erwähnt, die leider nicht mehr auffindbar sei. Seltsam, dass das offenbar nie näher untersucht wurde. Muss wohl etwas dazwischengekommen sein?)