Borrell für Kanonenbootpolitik in Taiwan
EU-Chefdiplomat Borrell ist bekannt (und berüchtigt) für unabgestimmte und schlecht durchdachte Vorstöße. Nun hat er wieder zugeschlagen – mit einem Plädoyer für Kanonenbootpolitik rund um Taiwan.
Der Spanier fordert Patrouillenfahrten europäischer Kriegsschiffe in der Taiwanstraße – und das ausgerechnet in einer französischen Zeitung.
In einem Gastbeitrag in der viel gelesenen Sonntagszeitung “Journal du Dimanche” schrieb Borrell, Europa müsse beim Thema Taiwan, “das uns wirtschaftlich, kommerziell und technologisch betrifft, sehr präsent sein”.
“Deshalb fordere ich die europäischen Marinen auf, in der Taiwanstraße zu patrouillieren, um Europas Engagement für die Freiheit der Schifffahrt in diesem absolut entscheidenden Bereich unter Beweis zu stellen”, schrieb Borrell.
Taiwan sei “Teil unseres geostrategischen Perimeters”, hatte er zuvor erklärt. Demgegenüber plädiert Frankreichs Staatschef Macron davor, sich nicht in den Konflikt hineinziehen zu lassen, den die USA mit massiver Militärpräsenz immer mehr aufheizen…
Siehe auch “Wo Macron recht hat”. Mehr zu Borrell hier
Helmut Höft
24. April 2023 @ 12:49
Hier noch ein Hinweis, Zitat:
Der Krieg gegen die Ukraine zeigt, Europas Politiker und Meinungsmacher haben keine Ahnung von den Sichtweisen und Erwartungen des Globalen Südens.
Helmut Höft
24. April 2023 @ 12:30
Thx für die treffenden Kommentare.
Es ist nicht zu fassen, wie die USA den “Wertewesten(R)” im Griff hat, es ist auch nicht zu fassen, wie bereit die Menschheit ist, kollektiv den Verstand zu verlieren!
(Sarkasmus on) Man könnte auch sagen: Souveräne Staaten entscheiden “souverän”; also auf in die Taiwanstraße! Anderer Leute Interessen (muss man nicht teilen, existieren aber!!!)? Wtf! (Sarkasmus off)
Helmut Qualtinger hat das schön auf den Punkt gebracht: “I trau dena nöd, i kenn mi!”
Arthur Dent
24. April 2023 @ 10:43
@ Günter Predl
Es gibt ein Internationales Seerechts-Übereinkommen, dass sowohl China als auch Deutschland ratifiziert haben. Bei Streitigkeiten müsste Klagen beim Internalen Seegrichtshof in Hamburg anhängig sein, jedenfalls bevor man gleich Krieg führt.
ebo
24. April 2023 @ 10:49
Richtig, und Kanonenboote muß man auch nicht gleich schicken. Oder wollen wir demnächst die chinesische Marine im Ärmelkanal haben?
Arthur Dent
23. April 2023 @ 23:58
… für die Freiheit der Schifffahrt in diesem absolut entscheidenden Bereich unter Beweis zu stellen”, schrieb Borrell.
Wie viele Schiffe fahren da unter deutscher Flagge? Ich vermute, kein einziges. Warum sollte das dann ein Problem für uns sein, wenn Schiffe dort bspw. unter liberischer Flagge fahren?
Im Übrigen will der größte Teil der Bevölkerung in Taiwan nicht am Status Quo rütteln. Aber das interessiert ja diesen spanischen Ignoranten nicht, der militärische Dauereinsätze für eine erstrebenswerte Lebensform hält.
Günter Predl
24. April 2023 @ 08:52
Was der kurze Artikel oben nicht erzählt, vermutlich um die maximale Empörung zu erzeugen: die Volksrepublik China verlangt von allen Schiffen, die die ca 200 km breite Taiwan-Strasse durchfahren wollen, dass sie sich per Funk anzumelden haben und formal um die Erlaubnis der Durchfahrt ansuchen müssen. Die Haltung der VR China ist da klar: da Taiwan zur VR China gehört, ist die Taiwan-Strasse sozusagen chinesisches Binnengewässer. Fehlt noch, dass die Rotchinesen Maut verlangen.
Alle Handelsschiffe – auch solche mit deutscher Flagge – melden sich natürlich brav an, schließlich sind Handelsschiffe wehrlose und bequeme Ziele für chin. “Maßnahmen”. Das Durchfahren der Taiwan-Strasse OHNE Anmeldung & Erlaubnis durch ausländische Kriegsschiffe demonstriert aber die Haltung des bösen Westens, dass Taiwan eben nicht Teil der VR China ist und die VR China zwar unbestrittene Rechte in ihren eigenen Hoheitsgewässern, nicht aber im Großteil der Taiwan-Strasse hat. Da auch die Europäer Interessen im Pazifik und daher an der freien Durchfahrt haben, hat Borell das geschrieben.
Sowohl die taiwanesische Regierung wie auch deren Bevölkerung haben ein Problem. Jegliche politische Bewegungsfreiheit ist seit Jahren gestoppt. Wenn sich Taiwan rührt, dann gibt es Krieg, zumindest sagt Beijing das. Das wissen alle und daher ist der status quo immer noch das Beste, was im Moment zu haben ist.
ebo
24. April 2023 @ 09:26
China interpretiert die Ein-China-Politik in der Tat so, dass die Taiwan-Straße ein Binnengewässer ist. Das ist auch nachvollziehbar. Denn wenn Taiwan zu China gehört, dann doch wohl auch das Gewässer dazwischen.
Problematisch würde es nur dann, wenn die Durchfahrt für westliche Handelschiffe verweigert würde. Ist dies denn schon einmal passiert, hat China damit gedroht?
Michael Erhard
24. April 2023 @ 10:23
Staaten, die Machtpolitik treiben, zwingen diese Politik anderen auf. Nur wer stark ist, kann in der heutigen Welt unabhängig sein. Die Konkurrenz um Macht führt aber dazu, dass weder China noch Russland nachgeben können, solange „der Westen“ sein globales Schachspiel betreibt. Russland kann eine hochgerüstete Ukraine als Teil der Nato ebenso wenig akzeptieren, wie China ein von den USA gesteuertes Taiwan mit modernen Raketen. So wie die USA das in Kuba auch nicht zugelassen haben. Nachdem die EU sich als Sicherheitsgarant im Pazifik anbietet, besteht keine Hoffnung, dass der Westen sein idiotisches Spiel aufgibt. Bleibt zu hoffen, dass die taiwanesische Regierung etwas schlauer ist als die ukrainische und die Taiwanesen nicht zum Kanonenfutter für die Verteidigung westlicher Werte werden.
umbhaki
23. April 2023 @ 21:24
Dieser EU-Chefdiplomat hat ähnliche diplomatische Schwerpunkte wie die deutsche Chefdiplomatin. Die wollen beide unbedingt Krieg, und zwar immer mehr davon.
Inzwischen hat das Wort „Borreliose“ für mich eine völlig neue Bedeutung erhalten.
Das Problem aber ist ja nicht, dass einzelne Politiker in der EU oder auch in D inzwischen völlig verstrahlt daherkommen. Das Problem ist, dass man sie einfach machen lässt und niemand unter den Entscheidungsträgern ihnen auch nur widerspricht. Das mach ganz konkret Angst.
Übrigens: Der ukrainische Vizechefdiplomat Andriy Melnyk, der hierzulande ja seit geraumer Zeit offenkundig die Richtlinien der Politik bestimmt, hat jetzt kundgetan, dass der doofe Westen ein Prozent seines BIP für Waffenlieferungen an die Ukraine bereitzustellen habe. Man darf wohl davon ausgehen, dass diese bescheidene Forderung in Deutschland umgehend umgesetzt wird, notfalls muss Markus Lanz noch mal nachhaken. Das wären etwa 38 Milliarden Euro Schmiergeld für Ukro-Oligarchen, äh: Militärhilfe pro Jahr.
Weiters hat Schattenbundeskanzler Melnyk noch folgendes gezwitschert: „Oskar Lafontaine & seine Frau @SWagenknecht sind beide die schlimmsten Komplizen vom Kriegsverbrecher Putin, die als solche noch zur Rechenschaft gezogen werden. Und zwar sehr bald.“
Bedenkt man, dass unser grüner Vizekanzler mal ein lobendes Theaterstück über Gustav Noske geschrieben hat (und in der »Welt« erklärt und verteidigt hat), dann kann man sich gut vorstellen, dass dieses Melnyk-Gezwitscher im Andenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in unserer Bundesregierung auf Wohlwollen stößt.
KK
23. April 2023 @ 15:16
Klar muss die EU Taiwan verteidigen – denn wo sollen sonst noch genügend Computerchips herkommen, wenn China erst boykottiert wird (bzw. auf Anweisung der USA boykottiert werden muss)?