Blamage beim Gipfel – Offene Führungskrise

Dass sich die EU mit Personalfragen schwer tut, ist nichts Neues. Nach der Europawahl 2014 dauerte es Monate, bis man sich auf Jean-Claude Juncker geeinigt hatte. Doch was diesmal passiert, ist eine Blamage.

Auch beim dritten EU-Gipfel seit der Europawahl Ende Mai zeigte sich der Europäische Rat ratlos. Das Spitzentreffen wurde am Montag vorzeitig beendet – ohne Ergebnis.

Nun soll es am Dienstag weitergehen – offenbar brauchen die EU-Granden dringend Schlaf. Schließlich hatte sie EU-Ratspräsident Donald Tusk die ganze Nacht zu Montag ins Gebet genommen.

Am Montag präsentierte er dann eine Namensliste – doch die fand auch keine Zustimmung. Frans Timmermans, Manfred Weber, Charles Michel und Kristalina Georgiewa fanden keine Gnade.

Woran liegt das? Mir fallen viele Gründe ein: der deutsch-französische Machtkampf, das unausgegorene Spitzenkandidaten-Verfahren, das Ende des Machtmonopols der alten Volksparteien.

Dazu kommt noch, dass der Rat entlang der Parteilinien tief gespalten ist – und dass die Osteuropäer mitreden wollen. Sie haben massiv gegen Timmermans Front gemacht.

Den Ausschlag dürfte am Ende aber gegeben haben, dass Merkel sich verzockt hat. Sie ist mit einem schwachen, nicht mehrheitsfähigen Kandidaten (Weber) ins Rennen gegangen.

Und dann hat sie ihn, ohne es öffentlich zu erklären, über Nacht zugunsten von Timmermans fallen lassen. Das führte zur Revolte der Konservativen – und zur Blamage beim Gipfel.

Nun haben wir eine offene Führungskrise…

Siehe auch „Timmermans statt Weber? Vorsicht, das gibt Ärger!“

P.S. Nach Angaben von Merkel haben zwei „große Länder“ (sprich Polen bzw. Ungarn und Italien) eine Einigung auf Timmermans verhindert. Zwei scharf rechts regierte Länder blockieren einen liberalen Sozialdemokraten – da sieht man mal, dass die Erleichterung nach der Europawahl über das Abschneiden der Rechten verfrüht war…