Bestellt Brüssel zu wenig Impfstoff für Deutschland? Ganz im Gegenteil!
Deutschland werde von der EU beim Corona-Impfstoff benachteiligt, heißt es immer noch in Berlin. Doch neue Zahlen aus Brüssel beweisen das Gegenteil.
Die EU-Kommission kündigte am Mittwoch an, ihre Option auf weitere 100 Millionen Dosen des Impfstoffes von Biontech/Pfizer einzulösen. Davon sollen 30 Millionen nach Deutschland gehen.
Der „normale“ Anteil wären jedoch nur 18 Millionen – entsprechend dem Anteil an der Bevölkerung. Deutschland bekommt also 12 Millionen Einheiten obendrauf.
EU-Korrespondenten aus Italien und Frankreich fragten bei der Kommission nach, warum Deutschland mehr bekommt – doch sie bekamen keine Antwort.
Noch größer wird das Mißverhältnis mit dem Vakzin von Moderna, das heute für die EU zugelassen wurde. Nach Angaben von Gesundheitsminister Spahn sollen 50 Millionen Impfdosen nach Deutschland gehen – von zunächst 80 Millionen für die EU.
Das macht auch nochmal einen satten „Zuschlag“ für Deutschland. Zuvor hatte sich Spahn bereits 30 Millionen Extra-Dosen bei Biontech gesichert – über eine nationale Bestellung.
Auch darüber klagen Journalisten aus anderen EU-Ländern.
Zu Recht. Denn eigentlich sollte es keine nationalen Extra-Kontingente geben. Das war ja genau der Sinn der europäischen Sammelbestellung, die Kanzlerin Merkel und Kommissionschefin von der Leyen vereinbart hatten.
Oder gab es da geheime Nebenabsprachen?
Fest steht, dass Deutschland keinen Grund zu Klage hat. Im Gegenteil: Bei der Versorgung mit Impfstoffen steht es besser da als andere EU-Länder. Bei der Bestellung übrigens auch.
Bei den „deutschen“ Herstellern Biontech und CureVac wurden bisher insgesamt 705 Millionen Dosen bestellt. Beim angeblich bevorzugten „französischen“ Hersteller Sanofi sind es nur 300 Millionen…
Siehe auch „Undurchsichtige Merkeleyen“ und „Deutschland sucht den Sündenbock“
Zu diesem Post gibt es einen Update
Kleopatra
8. Januar 2021 @ 06:34
Weshalb sollte ein Mitgliedstaat nicht sein Geld für unabhängig von der EU getätigte Impfstoffbestellungen ausgeben dürfen? Meines Wissens hat die EU keine Alleinzuständigkeit für gesundheitspolitische Fragen. Die ganze Welt kann mit den Herstellerfirmen über den Kauf ihrer Produkte verhandeln, und nur die EU-Mitgliedstaaten sollten verpflichtet sein, lieber ihre Wirtschaft und ihr Sozialleben weitere Monate stillzulegen und irreparabel zu schädigen, als selbst zu kaufen, was ihnen angeboten wird? Viel Spaß auch bei dem Versuch, das den Angehörigen derjenigen begreiflich zu machen, die in den nächsten paar Monaten daran (zusätzlich) sterben. Wieviel zusätzliche Tote will man in Kauf nehmen, um einer Instanz, die im Grunde eh nicht zuständig ist, eine Gelegenheit zu bieten, sich in den Vordergrund zu spielen? Abgesehen davon, dass das gewaltig danebengehen kann und der EU möglicherweise nicht die Sympathie des Publikums, sondern wegen der absehbaren Probleme seine Verachtung einbringt.
Da außerdem die Entscheidungen der EU-Verhandler natürlich nicht nach objektiven Kriterien getroffen werden, sondern davon abhängen, was die Mitgliedstaaten jeweils bereit sind abzunehmen und zu bezahlen, gibt es auch an der Verteilung nichts zu kritisieren. Wenn eine Menge X ohnehin nur gekauft wird, weil Mitgliedstaat Y darauf insistiert hat und zugesagt hat, sie zu bezahlen, gibt es keinen Grund, sie stattdessen gleichmäßig über die Mitgliedstaaten zu verteilen.