Best of 2019: Die Krise erfasst Westeuropa

In der Europapolitik ist 2019 ungewöhnlich viel passiert. Brexit, Europawahl, neue EU-Kommission, Green Deal – die Zeichen stehen auf Wandel, vielleicht sogar Disruption. Selbst Westeuropa wurde davon nicht verschont (Folge 3 von 10).

“Kurz vor Weihnachten hat Frankreichs Präsident Macron den wirtschaftlichen und sozialen Ausnahmezustand ausgerufen. Auch in Großbritannien und Belgien brennt die Hütte.” So berichteten wir am 2. Januar – der Blogpost (“Im Ausnahmezustand: Brennt Brüssel?) wurde viel gelesen und erreichte Platz 8 von 10.

Ein Jahr später hat sich an der Lage nicht viel geändert. In Frankreich herrscht schon wieder Alarmstufe rot: Diesmal gehen nicht die “Gelbwesten”, sondern die Gewerkschaften auf die Barrikaden, um eine als ungerecht empfundene Rentenreform zu verhindern (mehr hier).

In Belgien haben wir immer noch keine handlungsfähige, gewählte Regierung. Die Wahl im Mai hat die Spaltung des Landes weiter vertieft, Flamen und Wallonen können sich auf keine Koalition einigen. Die Flamen sind nach rechts gerückt, die Wallonen nach links – rien ne va plus.

Und in Großbritannien? Dort gibt es zwar einen klaren Wahlsieger und eine wichtige Weichenstellung: der Brexit kommt. Doch die Wahl hat die Spaltung des Landes weiter vertieft. In Schottland droht nun ein neues Unabhängigkeits-Referendum, auch in Irland brodelt es.

Dass die Krise ganz Westeuropa erfasst hat, zeigt sich selbst in Deutschland. Die GroKo steht zwar noch, Kanzlerin Merkel musste nicht abdanken. Doch CDU und SPD haben ein Führungsproblem und kaum Rückhalt in der Bevölkerung. Nur die Angst vor Neuwahlen hält sie noch zusammen.

Kann die neue EU-Kommission in dieser Lage stabilisierend wirken? Dies hoffen einige deutsche Experten. Ich habe hingegen meine Zweifel. Kommissionspräsidentin von der Leyen ist von Präsident Macron und von Kanzlerin Merkel abhängig – und beide stecken selbst in der Krise…