Deutschland unter Druck

Nach dem Nato-Gipfel lässt es sich nicht mehr übersehen: Deutschland ist unter Druck geraten, vor allem aus den USA. Doch bisher sieht es nicht so aus, als nähme Berlin die Pressionen ernst.

In seinen zwei Tagen in Brüssel griff US-Präsident Trump Deutschland gleich an zwei Fronten an: Neben dem Verteidigungsbudget ist ihm auch die deutsche Energiepolitik ein Dorn im Auge.

Zuvor hatte er mit neuen Strafzöllen im Handel (Autos) und Hilfen für die US-Farmer (Agrarpolitik) gedroht. Und dann ist da noch die Sanktions-Ankündigung im Streit um das Atomabkommen mit Iran.

Und was machen Berlin und Brüssel? Sie halten eisern an der „transatlantischen Freundschaft“ fest. Selbst das Fiasko beim G-7-Gipfel in Kanada hat daran nichts geändert. Man tut einfach so, als sei nichts geschehen.

So machte Kanzlerin Merkel beim Nato-Gipfel gute Miene zum bösen Spiel. Sie wies Trump nicht zurecht, sondern machte die Raute. Was beinahe im Crash geendet hätte, nannte sie „Gipfel der Selbstvergewisserung“.

Auch Kommissionspräsident Juncker macht Business as usual. Ende Juli reist er nach Washington, um US-Präsident Trump von neuen Strafzöllen abzubringen. Als wenn der Mann noch Argumenten zugänglich wäre!

Nichts gegen Vermittlungsversuche und taktische Manöver. Doch hier geht es um Strategie. Trump versucht, Deutschland zu erpressen und die EU zu spalten. Und welche Strategie haben Merkel und Juncker?

Haben sie sich wenigstens für den Ernstfall vorbereitet? Der könnte nämlich sehr schnell kommen. Am 25. Juli sollen die Gespräche mit der EU über Handelsfragen beginnen, teilte Trump beim Nato-Gipfel mit.

Falls Europa nicht redlich verhandeln sollte, werde es zu Maßnahmen im Autosektor kommen…

WATCHLIST:

  • Trump in London. Der Präsident besucht die Premierministerin und die Queen. Doch der eigentliche Event dürfte die Großdemo gegen Trump sein. Nach Angaben der Organisatoren wollen etwa 100 000 Menschen auf die Straße gehen. Auch in Glasgow und Manchester sind Proteste geplant. Trump dürfte all das allerdings kaum zu sehen bekommen – er nimmt kein Bad in der Menge und bevorzugt für den Transport den Luftweg…

WAS FEHLT:

  • Mut zum Widerspruch. Nachdem US-Präsident Trump die Alliierten beim Nato-Gipfel beleidigt, erpresst und vorgeführt hatte, wagte es kein einziger, ihm öffentlich zu widersprechen. Nicht einmal nach Ende des Treffens gab es abweichende oder wenigstens kritische Erklärungen. Merkel & Co. verhielten sich wie kleine Kinder, die nach einer Standpauke nicht mal zu weinen wagen. Verteidigungsministerin Von der Leyen lobte sogar noch die „guten Beschlüsse“!
  • Ein Gesundheitscheck für Juncker. „Es wäre nicht angemessen, irgendwelche gesundheitlichen Probleme öffentlich zu diskutieren“, sagte die Kommission, nachdem Bilder des schwankenden und wankenden Politikers öffentlich wurden. Zweifel an seiner Gesundheit hat Juncker schon öfter zurückgewiesen. Er habe kein Alkoholproblem, behauptete er, nachdem der niederländische Politiker Dijsselbloem erklärt hatte, Juncker sei „ein verstockter Raucher und Trinker“.