Berlin, Rom, Paris: Der Flüchtlingsstreit eskaliert

Jeder gegen jeden. Diesen Eindruck erweckt die Eskalation im Flüchtlingsstreit in Berlin, Rom und Paris. Dabei zeichnet sich im Hintergrund eine neue, bizarre Allianz ab. Sie könnte auch Kanzlerin Merkel gefährlich werden.

Der deutsche Innenminister gegen die Kanzlerin, Frankreich gegen Italien, und Italien gegen den Rest der EU: So sah die Lage noch am Morgen aus. Doch danach hat sich die Lage weiter zugespitzt.

Denn die italienische Regierung berief den französischen Botschafter ein. Sie protestiert dagegen, von Präsident Macron als zynisch bezeichnet zu werden, weil sie das Flüchtlingsboot „Aquarius“ abgewiesen hat.

„Die Franzosen und nicht Italien sind unmenschlich“, betonte die Fraktionschefin der Lega im EU-Parlament, M. Bizzotto. Innenminister Salvini will den Schwarzen Peter offenbar nach Paris abgeben.

Auch in Berlin geht die Sache aus dem Ruder. Denn Innenminister Seehofer will die deutsche Außengrenze dichtmachen – und erhält dabei Rückendeckung auch aus der Partei von Kanzlerin Merkel, der CDU.

„Wer hier falsch abbiegt, versündigt sich an unserem Land und setzt die Zukunft der Union als Volkspartei aufs Spiel“, warnt CSU-Generalsekretär Blume. Das klingt schon fast nach einer Drohung.

Wackelt nun der Stuhl von Kanzlerin Merkel? Gerät Macron in die Defensive? Noch ist es wohl zu früh, das zu beurteilen. Klar ist jedoch, dass sich hier eine neue, bizarre Allianz abzeichnet. Denn Seehofer und Salvini haben sich abgestimmt.

Beide wollen offenbar einen harten Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik durchdrücken, bei dem die Verteidigung nationaler Grenzen wichtiger wird als europäische Solidarität.

Demgegenüber wirbt Merkel für eine „europäische Lösung“ – wie schon 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Damals verhallte ihr Ruf ungehört, trotz Unterstützung aus der EU-Kommission.

Drei Jahre später wagt sich nicht einmal mehr die Kommission aus der Deckung.

Auf Nachfragen italienischer Journalisten verweigerte die italienische EU-Kommissarin Mogherini am Mittwoch in Straßburg jede Antwort, die Journalisten zogen unter Protest aus.

Kurz darauf weigerte sich ein EU-Kommissionssprecher in Brüssel, auf eine Frage nach Seehofers Vorstoß an den deutschen Grenzen zu antworten…

Siehe auch „Festung EUropa: Wer ist härter, wer bietet mehr?“