Berlin bremst Athen aus

Wer ist der größere Quertreiber – der Grieche oder der Deutsche?

In Athen zeichnet sich nach tagelangem Gezerre doch noch eine Einigung auf ein neues Sparprogramm ab. Premier Papademos hat den Parteichefs einen fertigen Entwurf vorgelegt, heute Nachmittag soll eine Entscheidung fallen. Doch ein Ende der Krise ist nicht in Sicht – denn nun schießt schon wieder Finanzminister Schäuble quer. Es ist nicht das erste Mal, dass Berlin auf der Bremse steht. 

Berlin will zunächst nur 30 Mrd. Euro statt der vereinbarten 100 Mrd. Euro für die Umschuldung Griechenlands freigeben, meldet die FTD. Damit rückt das bisher geforderte “Gesamtpaket” in weite Ferne, die Eurogruppe ist stinksauer auf die Bundesregierung. Offenbar haben Schäuble und Kanzlerin Merkel Angst, keine Mehrheit im Bundestag zu finden. Aus (falsch verstandener) Rücksicht auf FDP und CSU haben sie schon mehrere Rettungsversuche gestoppt.

So kassierte Berlin im Januar eine erste Einigung der griechischen Regierung mit den Banken. Offizielle Begründung für das Veto aus Berlin: die Entlastung Griechenlands falle nicht hoch genug aus, die „Schuldentragfähigkeit“ sei nicht gesichert.

In Wahrheit war aber gemeint, dass die Belastung für Deutschland zu hoch ausfällt. Denn nicht nur die Banken sollen mehr abschreiben. Auch Berlin hätte seinen Anteil am neuen, 130 Mrd. Euro schweren Rettungsplan aufstocken müssen. Der Grund: Merkels Rechnung vom Herbst, als sie den Schuldenschnitt höchstpersönlich mit Bankenchef Ackermann ausgehandelt hatte, geht nicht mehr auf. Die Rezession hat neue Löcher in den griechischen Etat gerissen, der Rettungsplan wird mindestens 15 Mrd. Euro teurer. Doch Merkel will keinen Cent zusätzlich zahlen (siehe dazu auch “Was Merkel wirklich will”).

Deshalb wurde Papademos aufgefordert, den Bankendeal neu zu verhandeln – und gleichzeitig die „Troika“ beauftragt, Athen noch härtere Schnitte abzuverlangen. Nur wenn die Banken auf noch mehr Geld verzichten und die Troika weitere Reformen durchsetzt, so Merkels Berater beim letzten EU-Gipfel Ende Januar in Brüssel, könne man über den nächsten Rettungsplan sprechen. Und auch das nur dann, wenn sich alle großen Parteien schriftlich verpflichten, die neuen Vorgaben auch nach der Wahl im April umzusetzen.

Die Last des gescheiterten Merkel-Plans wurde also einzig und allein Griechenland auferlegt, das politische Risiko noch dazu. Während die “eiserne Kanzlerin” ihre euroskeptischen Koalitionspartner in Berlin nach Kräften schont, soll Papademos die politische Klasse in Athen auf selbstmörderische Reformen einschwören.

Doch damit nicht genug: Berlin legte sich auch mit dem IWF an, der das Scheitern der bisherigen Strategie wenigstens teilweise erkannt hat und vor weiteren Lohnkürzungen und Sozialschnitten warnt. Tagelang stritten die Troika-Vertreter hinter den Kulissen um den richtigen Kurs – am Ende setzte sich Berlin durch.

Doch auch das war Merkel und Schäuble noch nicht genug. Sie sattelten noch einmal drauf – mit der Forderung nach einem Sparkommissar bzw. einem Sperrkonto, mit dem die Griechen haushaltspolitisch endgültig entmündigt würden. Und nun kommt Schäuble schon wieder mit neuen Forderungen – siehe oben.

Wenn es am Ende schief gehen sollte in Athen, dann sind also nicht nur die griechischen Parteien schuld. Auch die Bremser in der schwarzgelben Bundesregierung spielen ein gefährliches Spiel…

 

Dies ist die gekürzte und aktualisierte Fassung eines Artikels, den ich auf “telepolis” veröffentlicht habe. Das Orginal findet sich hier.

 

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