Ampel oder Jamaika – was das für EUropa bedeutet

Nach der Bundestagswahl zeichnen sich zwei mögliche Regierungskoalitionen ab: Die Ampel unter SPD-Wahlsieger Scholz – oder Jamaica unter CDU-Chef Laschet. Was bedeutet das für EUropa?

Zunächst einmal Erleichterung. Dass sowohl Linke als auch AfD verloren haben, sei ein gutes Zeichen für die Stabilität Deutschlands, heißt es in Brüssel.

Und dass sich beide Kandidaten eine schnelle Regierungsbildung wollen, relativiert die Angst vor einem „Merkel-Vakuum“. Wenn die neue Bundesregierung vor Weihnachten steht, ist aus EU-Sicht alles gut.

Man könne sowohl mit Scholz auch mit Laschet leben, heißt es in der EU-Kommission. Behördenchefin von der Leyen kenne beide Kandidaten und freue sich auf die Zusammenarbeit.

In Wahrheit wäre ein Kanzler Laschet für die CDU-Politikerin sicher angenehmer. Bei einer CDU-geführten Regierung würde sie direkten Zugang zur stärksten Regierungspartei behalten.

Mit Scholz hingegen wäre sie außen vor. Der Sozialdemokrat versteht sich besser mit Frankreichs Macron und Spaniens Sanchez. Dies würde auch die Sozialdemokraten im Europaparlament stärken.

Und was bedeuten die beiden möglichen Koalitionen nun für die Europapolitik?

Die „ökosoziale Transformation“

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Beginnen wir mit der Ampel. Sie wird in Frankreich, Spanien und auch in vielen anderen südeuropäischen Ländern favorisiert, da Scholz den schuldenfinanzierten Corona-Aufbaufonds ausgehandelt hat.

In der Fiskalpolitik wäre keine Rückkehr zur Austerität zu erwarten, sondern eher eine Ausweitung der EU-Schulden. Für Unsicherheit könnte hier allerdings ein Finanzminister Lindner sorgen, der zurück zur Budgetdisziplin will.

In der Klimapolitik steht Scholz für eine „ökosoziale Transformation“. Ein Emissionshandel bei Gebäuden und Verkehr, wie ihn von der Leyen vorschlägt, wäre mit der SPD nicht zu machen – oder nur mit sozialem Ausgleich.

In der Digitalpolitik könnte eine Ampel für mehr Ehrgeiz sorgen. Nicht wegen Scholz, sondern wegen der FDP und den Grünen, die bei diesem Thema deutlich weiter sind als SPD und CDU.

Das Wunschbündnis der „Frugals“

Und wie sieht es mit Jamaica aus? Das ist das Wunschbündnis der Niederlande, Österreichs und anderer „sparsamer Länder“ aus den „Frugal four“. Auch Ungarn und Polen dürften sich mit Laschet wohler fühlen.

In der Fiskalpolitik wäre eine Rückkehr zum Sparkurs zu erwarten. Unter Laschet dürfte Lindner deutlich mehr „Beinfreiheit“ haben als unter Schulz. Damit wächst aber auch das Risiko einer neuen Eurokrise wie unter „Merkel II“, wo die FDP mitregierte.

In der Klimapolitik dürften marktwirtschaftliche Mechanismen – vor allem der Emissionshandel – bevorzugt werden. Dies könnte zu weiteren Turbulenzen auf den Energiemärkten führen – die Krise hat ja schon begonnen.

In der Digitalpolitik könnte es auch unter Laschet mehr Tempo geben. Dies setzt allerdings voraus, dass er „lahme Enten“ wie Noch-Wirtschaftsminister Altmeier aussortiert. Ob er dazu die Kraft hätte, ist zweifelhaft…

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