Corona-Alarm in Belgien – EU ignoriert zweite Welle
Die Zahl der Corona-Infektionen nimmt wieder zu. Nach Deutschland, Luxemburg und Spanien meldet nun auch Belgien einen rasanten Anstieg. Doch die EU schaut weg.
Um eine „zweite Welle“ zu verhindern, werden die Schutzmaßnahmen in Belgien massiv ausgeweitet. Schon seit Samstag gilt Maskenpflicht in Fußgängerzonen und auf Strandpromenaden – und das mitten in der Urlaubszeit.
Nach einer hektisch einberufenen Krisensitzung werden nun auch noch die Sozialkontakte eingeschränkt, Hochzeiten und andere Feiern auf zehn Personen begrenzt, Jahrmärkte abgesagt. Es ist eine Art Notbremse, um einen neuen Lockdown zu verhindern.
Auf die Idee, die Corona-Tests auszuweiten, ist die Regierung Wilmès indes nicht gekommenen. Auch Reisebeschränkungen soll es vorerst nicht geben. Dabei gilt Antwerpen längst als riskanter Hotspot, fast die Hälfte der neuen Corona-Meldungen entfallen auf die belgische Hafenstadt.
Das Beispiel Belgien zeigt, wie hilflos viele EU-Staaten mit den wieder steigenden COVID-19 Zahlen umgehen. Der Aktivismus verrät eine große Ratlosigkeit – dabei behauptet die EU doch immer, man sei nun viel besser vorbereitet als noch im März.
Doch auch die EU-Kommission ist ratlos. Schon beim Anstieg der Zahlen in Deutschland, Luxemburg und Spanien hat sie geschwiegen. Nun, da die Krise sozusagen vor der Haustür in Brüssel zurückkehrt, hat die EU-Behörde keinen Plan. Nicht einmal eine EU-weite Testreihe wurde aufgelegt.
Und was macht der deutsche EU-Vorsitz? Er tut so, als ginge ihn all das nichts an. Für Luxemburg wurde eine nationale Reisewarnung ausgesprochen, für Belgien bisher nicht, und EU-weit koordiniert ist das deutsche Vorgehen auch nicht.
Gesundheitsminister Spahn denkt vor allem an deutsche Touristen aus „Risikogebieten“. An Belgien und Luxemburg denkt er offenbar nicht. Auch eine Krisensitzung der EU-Gesundheitsminister hat er bisher noch nicht einberufen.
All das lässt nichts Gutes für den Herbst ahnen. Belgien versucht immerhin, gegenzusteuern, um den Schulstart im September zu retten. Doch in Berlin und Brüssel (EU) hat man andere Sorgen und spielt auf Zeit – fast wie im März, als alles anfing…
Siehe auch: „Coronakrise: Auch Brüssel hat geschlafen“
Ute Plass
30. Juli 2020 @ 11:43
@Nemschak – „Im Ausnahmezustand ist alles erlaubt, was dem nationalen und dem Überleben der eigenen Gemeinschaft dient.“
‚In Deutschland gibt es schlicht keinen rechtlich definierten Ausnahmezustand‘
https://netzpolitik.org/2020/warum-ausgangssperre-und-notstandsgesetze-nichts-miteinander-zu-tun-haben-corona-grundrechtseingriffe/
Ute Plass
29. Juli 2020 @ 18:44
„Was bedeutet „zweite Welle“ überhaupt?
Dlf-Autor Volkart Wildermuth hat in der Sendung „Sprechstunde“ versucht, die Frage „Kommt eine zweite Welle?“ zu beantworten und das Für und Wider gegeneinander abgewogen. Er wies unter anderem darauf hin, dass es sich bei dem Begriff „zweite Welle“ keineswegs um einen wissenschaftlich exakt definierten Begriff handele. Für den einen sei jeder Neuanstieg der Fallzahlen eine zweite Welle. Andere würden erst davon sprechen, sobald es zu einer Überforderung des Gesundheitssystems kommt.“
https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-wie-es-um-eine-zweite-corona-welle-bestellt-ist.1939.de.html?drn:news_id=1155039
Peter Nemschak
29. Juli 2020 @ 21:39
Im Ausnahmezustand ist alles erlaubt, was dem nationalen und dem Überleben der eigenen Gemeinschaft dient. Die Zusammenarbeit mit dem UK wird den BREXIT überleben – in beiderseitigem Interesse. Der Realismus ist zurück und wird das Verhältnis zwischen den Staaten bestimmen.
Peter Nemschak
29. Juli 2020 @ 21:41
Von Zweiter Welle würde ich sprechen, wenn contact tracing durch die schiere Zahl der Infektionen nicht mehr möglich ist.
ebo
29. Juli 2020 @ 22:10
Das klingt vernünftig, doch wie liesse sich das überprüfen? In Deutschland funktioniert die Tracing App nicht richtig, kann man deshalb schon von einer zweiten Welle sprechen?
ebo
29. Juli 2020 @ 22:04
Es gibt keine verbindliche Definition der „zweiten Welle“. Ich nehme mir hier einige Freiheit; es geht schlicht um die wieder ansteigenden Fallzahlen. In Belgien geht auch die Zahl der Einlieferungen ins Krankenhaus wieder in die Höhe ; mit März ist es aber noch nicht vergleichbar.
Peter Nemschak
29. Juli 2020 @ 16:06
@ebo Darf der Bund in ausschließlichen Länderangelegenheiten mitreden, wenn er über den Finanzausgleich zahlt ? Beim Hilfsfonds wird letztlich darüber gestritten, inwieweit die nationalen Geldgeber (nicht die EU), bei der Verwendung des Geldes mitreden dürfen.
ebo
29. Juli 2020 @ 17:44
Es ist komplizierter. Heute hat die Kommission bekannt gegeben, dass sie 30.000 Rationen Remdesivir beschaffen will. Sie tritt also im Namen der EU-Staaten auf. Sogar UK soll bedacht werden, obwohl es kein Mitglied mehr ist und sich wg Corona gerade mit Spanien anlegt…
Fritz - Ulrich Hein
29. Juli 2020 @ 10:13
Covid 19 täte mir einen großen Gefallen, würde es mit aller Macht blitzartig das gesamte EU-Plenum befallen.
Holly01
28. Juli 2020 @ 22:00
Was für eine völlig losgelöste und beknackte show (also nicht so hier bei lostineu, nicht falsch auslegen) …….
Haben wir nach 6 (in Worten sechs) Monaten nicht einmal ein Grundgerüst, auf dessen Basis man sich inhaltlich auseinander setzen kann?
Nein haben wir nicht.
Da tauchen die selben unfähigen Nasen wieder vor den Kameras auf, die wir vor Monaten schon ausgelacht haben, weil das alles Quark war …….
Kein Problem gelöst, nur neue Probleme verursacht, keine Perspektiven und ich wette:
Bei einem neuen ausflammen der Dynamik werden wir wieder keine Masken und Schutzkleidung für unsere Helden in den Krankenhäusern haben und wir werden kein Personal für die Beatmungsgeräte haben und die Helden arten immer noch auf diese Einmalzahlung ….
vlg
Peter Nemschak
28. Juli 2020 @ 16:49
Die Mitgliedsstaaten haben mehr operative Möglichkeiten als die EU. Außerdem hat sich der föderal differenzierte Weg bisher dem zentralstaatlich verordneten als überlegen erwiesen. Die EU sollte sich des Problems strategisch annehmen, zum Beispiel durch gemeinsame Bevorratung von Schutzmaterial, Impfstoffforschung etc..
ebo
28. Juli 2020 @ 18:07
Wer 750 Mrd Euro neue Schulden aufnimmt, um die Folgen der Coronakrise zu mildern, sollte sich auch für die „operative“ Seite interessieren. Eine vernünftige Statistik, die auch die reale Lage in den Krankenhäusern berücksichtigt, wäre ein echtes europäisches „Asset“. Auch eine EU weite Test-Strategie tut not. Zumindest sollte die EU Kommission, die bekanntlich in Brüssel sitzt, zur Kenntnis nehmen, wie sich die Lage in Belgien entwickelt.
Peter Nemschak
29. Juli 2020 @ 09:11
Für die operative Seite sollten sich jene interessieren, die strukturell am besten dazu in der Lage sind. Das korreliert nicht notwendigerweise mit der Schuldenaufnahme. Subsidiarität gilt auch in Coronazeiten.
ebo
29. Juli 2020 @ 13:17
Sie haben ja ein witziges Verständnis von Subsidiarität. Die EU darf zahlen, aber nicht mitreden?
hyperlokal
28. Juli 2020 @ 08:00
Solange nicht die richtigen Zahlen veröffentlicht werden:
* Zunahme von symptomatischen Fällen in Praxen (z.Z. nämlich gleich Null)
* Einlieferung von Patienten wg. Covid-19 in Kliniken (i.d.R. Lungenentzündungen, z.Z. nämlich faktisch null)
* Erhöhung der Mortalität und zwar ohne, dass asymptomatisch positiv Verstorbene mitgezählt werden,
…. solange solche Zahlen nicht veröffentlicht werden, sind zunehmende Fallzahlen, die nur Infektionen melden, statistischer Blödsinn.
Wer reine Infektionszahlen veröffentlich, will Panik verbreiten. Jede Grippe zeigt genau das gleiche Verhalten. Im Moment sterben nach RKI-Statistik (SurvNet) mehr Menschen an Influenca als an Corona und das war bisher jeden normalen Sommer immer schon so.
ebo
28. Juli 2020 @ 10:07
In Belgien steigt auch die Zahl der COVID-19 Patienten im Krankenhaus wieder an. Aber es stimmt schon: Auf die Zahlen ist kein Verlass. Ich hätte mir gewünscht, dass die EU Kommission wenigstens die Datenlage klärt, doch auch da tut sich wenig.
Ute Plass
29. Juli 2020 @ 18:55
“Wer reine Infektionszahlen veröffentlicht, will Panik verbreiten”.
Die braucht es auch für das ‘Gehorsams-Experiment’, von dem
der Psychoanalytiker H.J. Bruder hier spricht: