Belarus, Türkei: Was Maas verschweigt

Das Krisentreffen der EU-Außenminister zu Belarus und der Türkei verlief nicht so harmonisch, wie es Außenminister Maas suggeriert. Sogar das wichtigste Ergebnis – neue Sanktionen gegen Belarus – ist umstritten.

„EU bringt Sanktionen gegen Belarus auf den Weg“, meldete dpa nach der Videokonferenz am Freitag. „Wir verteidigen unsere Werte auch jenseits unserer Außengrenze“, die EU habe Geschlossenheit demonstriert, erklärte Maas am Sonntag per Twitter.

Doch das stimmt so nicht. Folgt man griechischen, französischen und britischen Berichten, so gab es vor der Einigung auf Sanktionen massiven Streit über die Frage, ob die EU auch Strafmaßnahmen gegen die Türkei einleiten oder androhen sollte – wegen der Gasbohrungen im Mittelmeer.

Dies hat Griechenland gefordert, konnte sich aber nicht durchsetzen. Als Reaktion habe Athen letztlich auch nicht die Sanktionen gegen Belarus mitgetragen, berichtet T. Nuttall vom „Economist“. Die EU habe sich auch nicht auf ein gemeinsames Statement zu Belarus einigen können.

Tatsächlich gibt es keinen formellen Beschluß, sondern nur eine Zusammenfassung des Außenbeauftragten Borrell. Das passiert immer, wenn sich die EU nicht einig ist, dies nach außen aber nicht kenntlich machen will. In der Frage der Sanktionen ist genau dies passiert.

Streng genommen hat die EU denn auch keine Strafmaßnahmen gegen Belarus beschlossen, sondern nur einen Prüfauftrag an Borrell und seinen Stab erteilt. Sie tritt auch nicht geschlossen für einen „Dialog“ mit Erdogan ein, wie dies Maas und Borrell darstellen.

Vielmehr sind die Mittel der Türkei-Politik extrem umstritten. Sie reichen von Appeasement à la Maas bis hin zu militärischem Druck, wie ihn Frankreichs Präsident Macron praktiziert. Dass die Bundesregierung Macrons Kurs nur „zur Kenntnis“ nahm, sorgte übrigens in Paris für Irritationen.

Um den Streit beizulegen, reist Merkel in der kommenden Woche auf Macrons Sommersitz nach Südfrankreich. Auch das zeigt, wie groß die Spannungen sind – und wie wenig die Außenminister geschafft haben…

Siehe auch „Macron steht Athen bei – mit Kanonenbooten“ und „Schlingerkurs mit Lukaschenko

P.S. Die geplanten EU-Sanktionen gegen Belarus werden von der Demokratiebewegung nicht mitgetragen. Sie könnten ihr sogar schaden, fürchten Oppositionelle in Minsk. Mehr hier