Zwischen Präventivschlag und Cyberattacke
Das westliche Bündnis ist in miserabler Verfassung, wie der letzte Nato-Gipfel in Brüssel gezeigt hat. Nun tagt die Allianz wieder in der EU-Kapitale – und sorgt mit wilden Drohungen für Verunsicherung.
Den Auftakt machte die amerikanische Nato-Botschafterin Hutchinson. Sie drohte Russland mit einem nicht näher bezeichneten Präventivschlag, falls das Land sich über das Verbot von nuklearen Mittelstreckenwaffen hinwegsetzen sollte.
Hutchinson ruderte zwar später zurück und betonte, es gehe nicht direkt um einen militärischen Angriff. Bemerkenswert ist die Sache aber allein schon deshalb, weil die Alliierten schweigen – und nicht lauthals widersprechen.
Dabei erinnert die Affäre an den Streit um die Nato-Nachrüstung in den 80-er Jahren – nur dass die Lage heute wesentlich instabiler ist. Zumindest von der deutschen Verteidigungsministerin hätte man mäßigende Töne erwartet.
Doch die Europäer machen fleissig mit in der verbalen – und militärischen – Aufrüstung. So machen Großbritannien und die Niederlande nun Front gegen angebliche russische Cyberattacken, die man scheinbar über Nacht aufgedeckt hat.
Der russische Geheimdienst GRU sei verantwortlich für – nicht näher bezeichnete – Hackerangriffe auf politische Institutionen, Unternehmen, Medien und Sportinstitutionen weltweit, sagte der britische Außenminister Hunt in London.
Es ist derselbe Hunt, der die EU als “Gefängnis” bezeichnet hat. Doch die EU-Alliierten gehen nicht auf Distanz – im Gegenteil. Sie wollen die Zusammenarbeit mit der Nato im Cyberspace ausbauen und zu Gegenangriffen übergehen.
Dass das durchaus ernst gemeint ist, machte Nato-Generalsekretär Stoltenberg klar. Man werde “Russland wegen seiner unverhohlenen Versuche, internationales Recht und Institutionen zu untergraben” bloßstellen, warnte er.
Russland müsse “sein rücksichtsloses Verhalten stoppen”. Dazu gehöre auch “die Anwendung von Gewalt gegenüber Nachbarn, versuchte Einmischung in Wahlprozesse und weit verbreitete Desinformationskampagnen”.
Letzteres ist natürlich eine Anspielung auf Mazedonien, wo ein von Nato und EU unterstütztes Referendum an mangelnder Beteiligung gescheitert war. Zwei von drei Wählern boykottierten die Wahl – natürlich soll wieder Russland schuld sein.
Dass die massive westliche Einmischung die Mazedonier verschreckt haben könnte, kommt natürlich keinem in den Sinn…
Siehe auch “Wahleinmischung, aber richtig”
P.S. Noch während ich diesen Post schrieb, hat die EU ein ungewöhnliches Statement veröffentlicht, das die britischen Vorwürfe fast wortwörtlich übernimmt. Es ist sogar von einer “aggressiven Handlung” Russlands die Rede… Die Erklärung steht hier
Erich Ganspöck
5. Oktober 2018 @ 11:54
Nur zur Erinnerung: Gorbatschow hat seinerzeit der Wiedervereinigung Deutschlands zugestimmt weil ihm versprochen wurde, dass es keine Osterweiterung der NATO gibt. Jetzt stehen die NATO-Truppen samt ihrer Raketenausrüstung trotzdem vor Russlands Toren. Die Ukraine war der letzte Staat, der Dank kleinerer “Nachhilfen” westlicher Regierungen auch nachzog. Ich habe einfach Angst, dass die Westmächte unter den üblichen Vorwürfen (siehe zB den Irakkrieg) Krieg beginnen. Dabei zeigt die Geschichte, dass Russland nicht erobert werden kann (höchstens heutzutage durch die atomar bestückten Raketen zerstört, aber dann gehen wir alle auch drauf).
Sorge bereitet mir allerdings auch der bemitleidenswerte Zustand der deutschen Armee. Ob die Amis sich wirklich zurückzügen? Jetzt machen sie und andere zunächst die deutsche Automobilindustrie kaputt – das macht aber nur Sinn, wenn geostrategische Überlegungen mit im Spiel sind. Trump ist auch nur ein Zwischenspiel für die im Hintergrund agierenden wirklich Mächtigen. Er hat seine Meinung schon öfters plötzlich völlig geändert.
Zudem sollten wir in Europa die Expansionsbestrebungen des Islam nicht übersehen.
Peter Nemschak
4. Oktober 2018 @ 17:22
Dass Russland in den letzten Jahren eine zunehmend aggressive Außenpolitik betreibt, darf man nicht wegreden und verharmlosen. Jene, die dies tun, sind gegen eine militärische Aufrüstung der EU. Diese wird umso wichtiger als die USA und die Türkei zunehmend zum unverlässlichen Partner in der NATO werden, weil sich deren Interessen nicht mehr mit denen der EU decken. Es hat schon wesentlich gefährlichere Konfrontationen mit der Sowjetunion während des Kalten Kriegs gegeben. Übertriebene Aufregung ist nicht angebracht.
Holly01
5. Oktober 2018 @ 09:56
Ja ich bin GEGEN eine militärische Aufrüstung der EU. Das hat auch handfeste Gründe.
Die EU hat keine angrenzenden Feinde. Es gibt nichts wogegen sich die EU militärisch verteidigen muss.
Das Geld kann man für gesellschaftliche Entwicklung ausgeben, für Zukunftsgestaltung.
Die Rechung ist ganz ganz einfach:
In Europa ist das Land mit der relativ schwierigsten und umfassensten Sicherheitslage Russland. Es ist geostrategisch ausgerichtet und das geht auch nicht anders.
Also wenn Russland 80 Mrd. für Militär ausgibt und geschätzte 20 Mrd. für den restlichen Sicherheitsbereich, dann sind das 100 Mrd. auf der Gegenseit, also EUROPA, nicht der EU.
Aber seien wir mal etwas größenwahnsinnig und sagen 100 Mrd für die EU.
Tja, die haben wir längst.
Ein Deutschland mit 2% BIP für Militäausgaben, gäbe (ALLEINE) so viel aus wie das gesamte Russland.
Wenn die USA gerade feststellen, das sie Pleite sind und die ganzen Militaria nur abgeschrieben werden können, weil die keine Rendite bringen, dann ist das ein US Problem.
Wenn die USA gerade feststellen, dass man 30% der arbeitenden Bevölkerung mehr oder minder im militärisch-politisch-IT-sicherheits-totalüberwachungsbereich und überhaupt keine relevanten Feinde hat, dann ist das ein US Problem.
Dann sollen die endlich die notwendigen Reformen einleiten.
Steuern erheben zum Beispiel.
Europa braucht völlig andere Antworten auf die Probleme, die der Feuergürtel, den die USA um Europa gelegt haben, mit sich bringen.
Wir müssen ganz sicher nicht H4 in Schland betreiben mit riesigem Repressionsapparat, was unsere Gesellschaft zerreisst und dann Mrd. in den USA ausgeben für Rüstungsschrott.
Wir brauchen auch keine US Soldaten in Europa.
Keine wie gar keine.
Deutschland sollte die Bundeswehr komplett abschaffen. Damit käme man aus der NATO raus.
Ausserdem wäre der NATO Verteidigungsfall der ja seit 9/11 wie giftiger Mehltau auf der Welt liegt endlich beendet.
Dann könnte man ein paar Divisionen aufstellen, die in ZUSAMMENARBEIT mit den Nachbarn ausgerüstet und betrieben werden.
Das restliche Personal kann man ja bei der Bundespolizei, den Kriminalämtern und der Finanzverwaltung zuordnen, da soll ja gar keiner arbeitslos werden.
Aber Bundeswehr? Brauchen wir so gar nicht mehr, zumindest in dieser NATO Ausrichtung nicht.
So Hr. Nemschak, dann argumentieren Sie mal was so aggressiv an Russland ist.
Da warte ich dann man, den Streit würde ich gerne führen, freu ich mich rauf ….
Ach ja und warum die EU aufrüsten muss, da freu ich mich auch auf stichhaltige Argumente ….
Und ich weiss über die Teilhabe der Bundesregierung bescheid, also der Zugriff auf französische Atombomben.
Das Thema ist relativ gut recherchiert. Ich habe es nicht vor, es Ihnen hier leicht zu machen, mit dem aggressiven Russland und den lieben USA …
Wenn Sie also davon träumen das der nächste Gröfatz keinen lustigen Bart sondern eine lustige Frisur hat, dann immer raus damit.
vlg
Peter Nemschak
6. Oktober 2018 @ 13:19
Warum aufrüsten? Damit die EU ihre geopolitischen Interessen gegenüber den anderen Großmächten glaubhaft durchsetzen kann. In den 1980-iger Jahren haben die USA die damalige Sowjetunion mit ihrem maroden Gesellschaftssystem zu “Tode” gerüstet. Der Westen hat sich damals wirtschaftlich und ideologisch durchgesetzt. Das Phänomen Macht ist seit damals nicht verschwunden, auch wenn sich die Welt geändert hat.
Holly01
6. Oktober 2018 @ 18:53
Es mag Ihnen nicht aufgefallen sein, aber Waffen arbeiten nicht und sie erzeugen keine Werte.
Wer Waffen baut, muss entweder den investierten Wert abschreiben oder diese Waffen einsetzen, damit sie mehr einbringen, als sie gekostet haben.
Also, wie hätten Sie es denn gerne?
Schreiben wir pro Jahr 2% BIP ab?
Das wird aber lustig …
Bereiten wir uns auf einen großen Krieg vor?
Große Rüstung erfordert große Kriegsbeute.
Also Hr.Nemschak, Abschreibung oder Krieg?
Die USA waren in einer Sonderposition, sie waren der Hegemon, das Imperium, der größte Quälgeist auf der Spielplatz.
Der “Neoliberalismus” hat seine Ursache in diesem “gewonnen” Krieg.
9/11 hat seine Ursachen in diesem “gewonnen” Krieg.
Um ein altes Zitat zu benutzen: Noch ein oder zwei Siege dieser Art und wir sind im Eimer.
Die USA haben sich ruiniert.
Soll Deutschland den USA nun helfen, indem wir denen einen Rendite für ihren Waffendreck zuschieben?
Soll Deutschland sich selbst in die selbe verhängnisvolle Situation bringen?
Soll Europa das tun?
Seit 2008 bluten die USA die EU und Europa aus. Ein permanenter Aderlass von diversen Milliarden pro Jahr.
Geht diese Rüstung, die wir inhaltlich nicht brauchen on top?
Dürfen wir das dann verrechnen?
Lassen die Amis im Gegenzug VW, die Deutsche Bank, die Commerzbank, Siemens und ein paar hundert andere Firmen in Ruhe?
Garantieren die uns das?
Sind die USA in ihrer derzeitigen Verfassung überhaupt noch dazu in der Lage Abkommen zu treffen?
Sind die USA dazu überhaupt noch bereit?
Welche geostratischen Interessen sollen das denn sein?
Rohstoffsicherung?
Das sollen unsere Firmen gefälligst kaufen, nicht stehlen.
Die damals marode sowjetische Gesellschaft war durch einen Drogenkrieg existenziell bedroht, den die USA via Afghanistan geführt haben.
Die Russen haben NICHT auf den Knopf gedrückt.
Die haben Millionen Russen verhungern lassen, während die Amis alles aus Russland rausgeschleppt haben, was man verladen kann.
Denken Sie “america first” ist auch dazu in der Lage?
Können die noch sagen “genug ist genug”?
Denken Sie wirklich die USA werden die EU militärisch erstarken lassen?
Wie naiv ist das denn?
Die Amis brauchen nichts dringender als Gegner, damit die Krieg spielen können.
Wenn wir so dämlich sind und diese Bewaffnung machen, bekommen wir nach dem Währungskrieg und dem Wirtschaftskrieg den bewaffneten heißen Krieg.
Die USA sind nur in einem gut: Ehemalige Freunde und Verbündete zu verraten und anzugreifen.
Waffen sind das letzte was die USA vor dem vollständigen Bankrott retten.
Sie wollen in Waffen investieren …
Viel Spass ………