Sorge um Frankreich: Es ist Macrons Krise – und eine der EU
Der Sturz des französischen Premiers Bayrou hat in Deutschland die üblichen Sorgen vor politischer Instabilität und einer neuen Schuldenkrise geweckt. Doch es geht um etwas anderes.
Wenn drei Premierminister kurz nacheinander stürzen, dann kann man das durchaus “politische Instabilität” nennen.
Aber Präsident Macron ist immer noch da – und er ist der wichtigste Ansprechpartner für Deutschland und die EU. Er steht für Stabilität – auch in der Europa- und Außenpolitik.
Wenn die Staatsverschuldung über 100 Prozent des BIP liegt und die Anleihezinsen höher klettern als in Italien, darf man sich auch schon mal Sorgen um die finanzielle Stabilität machen.
Doch Großbritannien hat auch eine Schuldenkrise. Und dazu hört man keine Warnungen aus Berlin.
Schuldenregeln und Aufrüstung
Das eigentliche Problem liegt denn auch woanders: Bei den EU-Schuldenregeln und der neuerdings auch von Brüssel forcierten Aufrüstung.
Die Schuldenregeln sind unnötig strikt. Zudem taugen sie offenbar nicht dazu, ein Land wie Frankreich zu disziplinieren.
Und die Aufrüstung zwingt ALLE EU-Staaten, auch Deutschland, sich massiv neu zu verschulden. Dafür – und nur dafür – hat EU-Chefin von der Leyen eine Ausnahme von den strikten Schuldenregeln eingeführt.
Besser wird die Finanzlage dadurch aber nicht, ganz im Gegenteil.
Doch in Deutschland werden diese grundlegenden Fakten ignoriert – genau wie die Tatsache, dass Macron die aktuelle Krise selbst verschuldet hat.
Franzosen wollen eine andere Politik
Er hat ohne Not die Nationalversammlung aufgelöst, um seine von Berlin und Brüssel so hoch geschätzte neoliberale Politik durchzuziehen.
Dafür bekommt er nun die Quittung – in Gestalt einer neuen Regierungskrise.
Bayrou’s Sturz ist nur das Symptom für eine tiefere Malaise – die Franzosen haben kein Vertrauen mehr in Macron, sie wollen eine andere Politik.
Auch eine andere Europapolitik…
Siehe auch Bayrou: “Überleben Frankreichs steht auf dem Spiel”
P.S. Nur einen Tag nach dem Sturz von Bayrou hat Macron den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum Premierminister ernannt. Der 39-Jährige Konservative gilt als Vertrauter Macrons – er soll die gescheiterte Politik fortsetzen…

Helmut Höft
10. September 2025 @ 08:15
“Franzosen wollen eine andere Politik” Welche? “Eine andere” Achso! m(
KK
10. September 2025 @ 04:17
Der neue ist wieder ein Kumpel von Macron… Lecornu… (le cornu… da hat wohl jemand eine zeitige Namensänderung verpennt) 🙂
Arthur Dent
9. September 2025 @ 22:56
Die französischen Staatsanleihen erfreuen sich noch großer Beliebtheit, die EZB steht bestimmt Gewehr bei Fuß, um notfalls alles aufzukaufen. Ehrlich gesagt, hab ich da keine Ahnung von.
Im Allgemeinen hört und sieht man in Deutschland nichts von der französischen Tagespolitik, plötzlich sollen die Ereignisse auch Auswirkungen auf Deutschland haben. Krisen dienen den Politikern zur Karriereplanung, die Menschen sind denen nicht wichtig. Ich würd sagen, viel Lärm um nichts. Der Globus dreht sich einfach weiter.
european
9. September 2025 @ 19:12
Tja. Böse gesagt, braucht Frankreich jetzt einen eigenen Trump, der die Überschussnachbarn mit hohen Zöllen belegt. 😉
H.Flassbeck’s Kommentar dazu auf seinem Blog
https://www.relevante-oekonomik.com/2025/09/09/frankreich-ist-verloren-wenn-es-sich-nicht-intellektuell-befreit/
Helmut Höft
10. September 2025 @ 08:13
@european
Die imho entscheidende Passage „Doch alle, die sich in Deutschland die Mäuler verreißen über den unsoliden Nachbarn, sollten lieber die Klappe halten. Deutschland ist mittelbar die entscheidende Ursache dafür, dass Frankreich unregierbar geworden ist. Wer solche Nachbarn hat, braucht keine anderen Feinde mehr (wie hier schon nach den Wahlen vom vergangenen Jahr gezeigt). Doch das können alle die klugen deutschen Kommentatoren, die sich in Paris Mikrophone vor die Nase halten, nicht kapieren. Man muss sich nur das Interview von Armin Laschet im Deutschlandfunk anhören, um zu begreifen, welch grandioser Unsinn hier üblicherweise erzählt wird.“
Die „deutsche Krankheit“ (Exportismus aka „Wir sind wieder wer! Alle wollen unsere Waren haben!“ * stolz *) zerreißt diese €U hoffentlich bald! Auf der für Deutschland zu billigen Fremdwährung (€uro) reiten und die €U nieder konkurrieren. UND KEINER KAPIERT DAS!
Arthur Dent
11. September 2025 @ 23:06
@Helmut Höft
Deutschland hat Waren für 120 Mrd. Euro nach Frankreich exportiert, im Gegenzug hat Frankreich Waren für 70 Mrd. Euro nach Deutschland ausgeführt – und jetzt kommt´s:
Deutschland ist im Zweifel dagegen, dass Frankreich Kredite in Höhe von 50 Mrd. aufnimmt, um uns zu bezahlen. Schulden sind ganz schlimm 🙂
Erneuerung
9. September 2025 @ 18:48
Es braucht einen kompletten Neuanfang, überall in Europa. Das System EU ist von innen her verfault, durch eine unfähige und korrupte Elite, die ihre ganze Kraft dafür verschwendet, Erklärmechanismen für ihre korrupten Handlungen zu generieren und zu verbreiten, statt die Kraft für ein zukunftsfähiges Europa zu verwenden. Es ist nur noch ein Selbstbedienungsladen für die oberen 10% und der Rest wird zur Kasse, in den Krieg und auf die Straße getrieben. Auch eine US-Erpressung muss man sich nicht gefallen lassen und könnte die ursächlichen, minderbemittelten US-Vasallen in Europa zum Teufel jagen statt sie mit Abermilliarden am Leben zu halten. Europa hätte die Chance gehabt, Nr. 2 in der Welt zu werden, nun zerfällt es in Einzelkämpfer, die in Zukunft rein gar nichts mehr in der Welt bewegen werden. Je eher das notwendige Ende und der notwendige Neuanfang kommt, umso besser.
Michael
9. September 2025 @ 18:35
Macron „ … steht für Stabilität – auch in der Europa- und Außenpolitik.“ Ist das (schwarzer) Humor? Ironie? Sarkasmus?
Ich dachte Macron (und die Vorausschau auf die Präsidentschaftswahlen 2027) ist der „casus instabilitis“!?
ebo
9. September 2025 @ 22:29
Stabilität im Sinne der EU-Führung und der deutschen Bundesregierung – nicht der Franzosen!
Arthur Dent
11. September 2025 @ 23:11
@ebo
„Stabilität“ ist immer im Sinne der Investoren zu verstehen. Die brauchen Stabilität. „Mensch“ ist immer nur der Besitzende, der Unternehmer, der Eigentümer – nicht die Habenichtse.
KK
9. September 2025 @ 17:32
“Doch Großbritannien hat auch eine Schuldenkrise. Und dazu hört man keine Warnungen aus Berlin.”
Mit dem UK sitzt man ja auch nicht im gleichen Währungsboot.
Im übrigen wird Berlin auch bald seine eigene Schuldenkrise haben, denn die inzwischen über eine Billion betragenden sogenannten “Sondervermögen” wollen ja auch – über Schulden, wie sonst? – finanziert werden…
Bloß gut für die Mächtigen, dass wir bald im Krieg mit den pösen Russen sein werden, denn dann haben wir alle ganz andere Probleme… oder bald gar keine mehr!